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Radikalkur

Peter Haimerl baut Bauernhaus in München um
Radikalkur

Als ein verfallener Bauerhof in Alt-Riem zum Verkauf stand, ließ sich die Firma Euroboden auf das Wagnis ein, ihn zum Zweifamilienhaus umzunutzen. Peter Haimerl fand eine Lösung, das Denkmal zu retten und ihm dennoch im Innern einen neuen Charakter zu geben.

In Alt-Riem ist die Welt noch in Ordnung. Nicht weit vom Münchner Messegelände hat hier ein Dorfkern mit Kirche und einigen alten Gebäuden den Wandel im großstädtischen Speckgürtel überstanden. Das letzte Haus, das noch von der bäuerlichen Vergangenheit des Orts erzählte, ist nun mit einer Radikalkur gerettet worden. Zwar stand es unter Denkmalschutz, doch war es so baufällig, dass starke Eingriffe unausweichlich waren. Der Münchner Architekt Peter Haimerl ist hier mit einer Doppelstrategie ans Werk gegangen: im ehemaligen Wohnteil des Hauses, der weniger versehrt war, so viel Substanzerhalt wie möglich; im bereits stark zerstörten Stallteil ein beherzter Neuanfang. Dass Beton dabei eine wichtige Rolle spielen würde, war nach Haimerls preisgekröntem Projekt »Birg mich, Cilli!« aus dem Jahr 2008 zu erwarten.

Unter dem alles zusammenfassenden Dach mit seiner 45°-Neigung versteckt sich jetzt also ein Betonwürfel, der aber um 45° gekippt auf der Kante steht. Was zunächst nach sinnloser formaler Spielerei klingt, entpuppt sich für das Innere des Gebäudes als großer Gewinn: Die Seitenflächen des Würfels erzeugen Lufträume, die als Lichtschacht für die eher dunklen Zimmer im unteren Stockwerk oder in der Gebäudemitte dienen und damit das typische Tageslichtproblem alter Bauernhäuser lösen.

Um die sehr niedrigen Geschosshöhen des Bestands auszugleichen, wurde der EG-Boden abgesenkt, im Wohnteil um zwei, im Stallteil sogar um sechs Treppenstufen. Alte Holzwände bleiben mit den Farbresten vergangener Jahrhunderte ebenso erhalten wie der Boden des OGs, bei dem man durch eine Ritze zwischen den Bohlen in den Raum darunter schauen kann. Solche Unzulänglichkeiten, die allen gültigen Baunormen zuwiderlaufen, gehören für Peter Haimerl beim authentischen Erhalt eines Bauernhauses dazu.

Auch im äußeren Erscheinungsbild ist diese Haltung überall zu spüren. Es fängt mit dem Verzicht auf neue Gauben an, die zwar mehr Licht und Raum für das DG bedeutet hätten, aber auf einem landwirtschaftlichen Gebäude nichts verloren haben. Stattdessen wurden hier Dachflächenfenster eingebaut, die deutlich unauffälliger sind und bündig mit der Biberschwanzdeckeckung abschließen. An den Fassaden erzeugt ein von Hand aufgetragener Kalkputz jene unregelmäßige Oberfläche, die für das unprätentiöse ländliche Bauen typisch ist. Vor dem Haus steht eine große flache Funktionskiste aus Holz. Als Reminiszenz an den Misthaufen, der sich früher genau dort befand, zeichnet sie seinen Umriss präzise nach und bietet Platz für – die Mülltonnen. Außerdem verbirgt sie Fahrräder, Gartengeräte und einen tiefergelegten Außensitzplatz.

~Christian Schönwetter

In Heft 12/2015 der db deutschen bauzeitung werden wir eine ausführliche Kritik veröffentlichen – mit Grundrissen und weiteren Aufnahmen.

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