Autos raus! Die Umgestaltung von drei ehemaligen Werkstattgebäuden um einen zum Parkplatz degradierten Berliner Hinterhof zeigt, wie sich die Aufenthaltsqualität mit einfachen Mitteln steigern lässt. Das Ensemble bietet Platz zum Arbeiten und Leben.
Im Berliner Stadtbezirk Neukölln ist die Bevölkerungsdichte hoch, knapp 7 300 Menschen wohnen hier pro Quadratkilometer. Aber auch die bauliche Dichte ist enorm. Die Blockrandbebauung besitzt im Innern häufig eine zweite oder gar dritte Reihe, nicht selten mit vierseitig bebauten Höfen oder zumindest Werkstätten und Garagen. Eine solche Innenhof-Struktur haben Alacón Linde Architects (ALAS) zu einem zeitgemäßen Ensemble für Wohnen und Arbeiten umgebaut. Die drei U-förmig angeordneten Volumina aus dem Jahr 1931, die zwischenzeitlich mehrere Umbauten und Umnutzungen erfahren haben, sind nun zu einem Dreiseitenhof mit autofreiem Patio samt Nussbaum als Gravitationspunkt umfunktioniert. Um den Bestandsschutz zu wahren und aus den einfachen Gebäuden bewohnbare Räume zu kreieren, verfolgten die Architekten die Taktik des kleinstmöglichen Eingriffs.
Dazu musste zunächst die teils schwache Bestandssubstanz partiell verstärkt werden, es galt also Wände auszusteifen, Fundamente zu ertüchtigen und Dächer zu erneuern. Um mehr natürliches Licht in die Innenräume scheinen zu lassen, wurden die Öffnungen vergrößert und großzügige Fensterbänke eingebaut, die als Sitzgelegenheit dienen können. Alle Fenster haben nun eine Dreifachverglasung. Sockel und Bodenplatte erhielten eine Perimeterdämmung, die Dächer Einblasdämmung oder Mineralwolle als Aufdachkonstruktion, die Außenwände eine 20 cm dicke Dämmschicht aus Holzfaserplatten. Als Bekleidung dient eine Kiefernholzschalung aus heimischen Wäldern, deren Oberfläche nach der japanischen Technik Shou Sugi Ban karbonisiert wurde, was sie beständig gegen die Witterung und Insekten macht. Im Innenraum sind historische Verweise erhalten, etwa einige Backsteinwände, die lediglich sandgestrahlt und versiegelt wurden, oder die Untersicht des Sheddachs, dessen Balken und Bretter lediglich weiß gestrichen wurden. Neue Einbauten, wie die Treppe zum OG aus unbehandeltem Stahl, zeigen sich in reduziertem Werkstatt-Charakter, ebenso der Boden, ein Industrieparkett aus Eiche. Die Bäder sind mit schwarzen Schieferfliesen versehen. »Wichtig war uns«, so Architekt Carlos Alarcón, »dass möglichst natürliche und recycelbare Materialien eingebaut werden.«
Geheizt wird das Ensemble über die städtische Fernwärmeleitung, die Übergabe an den Raum erfolgt über Radiatoren unter den Fensterbänken. Der Strom kommt aus dem öffentlichen Netz. Entstanden ist ein reizvolles und elegantes architektonisches Spiel aus Alt und Neu in Schwarz, Weiß und Holz.
~Thomas Geuder
Mehr Umbauten im Hinterhof: