Wie lassen sich Wohnräume aus den 80er Jahren modernisieren? Das Team von Studiotamat inszenierte den freigelegten Rohbau, ergänzt um handwerklich verarbeitete, haptisch ansprechende Einbauten – und einzelne Möbel mit einem Schuss Postmoderne.
Am südlichen Stadtrand von Rom, hinter der Ringautobahn A90, liegt der Bezirk Tor de‘ Cenci, dessen Stadtbild von eher pragmatisch nüchternen Wohnhochhäusern geprägt ist. Die Gebäude am Südrand sind hier wegen einer leichten Hangkante meist terrassenförmig gebildet und bieten einen wertvollen Blick auf den weitläufigen Naturpark Castelporziano. In einem dieser Betonbauten haben die GestalterInnen von Studiotamat eine 120 m² große Wohnung mit 40 m² großer Terrasse für ein junges Anwaltspaar umgestaltet.
Der bisher eher kleinteilige Grundriss wurde dabei teilweise aufgebrochen und besitzt nun eine neue räumliche Offenheit. Der Wohnbereich und die private Zone mit Schlafzimmer und Bad sind durch eine semitransparente Stahltür voneinander getrennt. Den Namen »Casa Rude« verdankt das Projekt dem roh und grob belassenen Stahlbeton des bestehenden Tragwerks aus den 80er Jahren, was der Innenraumwirkung eine gewisse Ursprünglichkeit verleiht. Wichtig war den GestalterInnen die taktile Erfahrung von Materialien, Texturen und Oberflächen. Deswegen strahlen etwa die Terrakottafliesen des Küchenblocks ebenso einen handwerklichen Charakter aus wie die perforierte Ziegelwand, die das eingebaute Sofaeck vom Arbeitsbereich mit Schreibtisch abtrennt. Andere Materialien sind demgegenüber klar und präzise, teils sogar elegant. Der Boden besteht aus mattem, fugenfreiem Zement, der Anstrich der Wände und Decken enthält Mikrokugeln aus Glas, was für zusätzliche Lichteffekte sorgt. Die Küchenplatte aus markantem Patagonienmarmor fügt sich visuell zum groben Beton.
Ein fast raumhohes, rechteckiges Möbel aus hellem Birkenholz, in dem sich Schränke, der Fernseher und die Speisekammer befinden, zoniert den großen Wohnbereich. Sozialer Treffpunkt ist der Esstisch, dessen Massivholzplatte nach der japanischen Shou-Sugi-Ban-Technik verkohlt wurde. Sie wird getragen von einem tiefroten, zylindrischen Keramikfuß und zwei Eisenplatten. Ähnlich postmoderne Anklänge finden sich auch im verschiebbaren Schreibtisch, der auf einem großen, roten Holzrad gleiten kann. In den privaten Bereichen mit Schlafzimmer und Bad wechselt der Bodenbelag zu grobkantigen, für die Füße dennoch angenehmen Terrakottafliesen.
Die Terrasse ist die Erweiterung des Wohnraums, mit Außenküche, Sitzbank sowie direkt vom Schlafzimmer aus zugänglicher, nicht einsehbarer Außendusche. So erzeugt die Mischung aus Ruppigkeit und Raffinesse, italienischer Eleganz und skandinavisch inspirierten Stilelementen eine Oase zur Erholung von der römischen Hektik.
~Thomas Geuder
Diese umgebauten Wohnungen kommen mit deutlich weniger Fläche aus: