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Luftschicht Ade. Kerndämmung: Voraussetzungen, Verfahren und Kosten

Kerndämmung: Voraussetzungen, Verfahren und Kosten
Luftschicht ade

Hohlraum- bzw. Kerndämmungen sind Teile einer energetischen Sanierung, allerdings nicht immer und mit jedem zur Verfügung stehenden Dämmmaterial möglich. Rieselfähig, faserig oder besser ein Schaum? Kleinloch- oder Großlochverfahren? Ein Überblick.

Text: Kerstin Paschko, Arnold Drewer

Luftschichten in Außenwänden sind bei Gebäuden mit Klinkerfassaden, verputzten Innen- und Außenschalen und vorgehängten Betonplatten zu finden. Die Luftschicht diente ursprünglich dem Schutz vor eindringender Feuchtigkeit und hat keine wärmedämmende Wirkung. Daher wurde in den 60er Jahren ein Verfahren entwickelt, diese mit einem Einblasdämmstoff zu verfüllen und somit eine Wärmedämmung der Außenwand zu erzielen, ohne den massiven Arbeits- und Kostenaufwand einer Außenwand-(WDVS) oder einer Innendämmung auf sich zu nehmen und ohne den Charakter des Gebäudes zu verändern. Zwischenzeitlich sind viele Materialien hinzugekommen, mit der sich eine Kerndämmung realisieren lässt. Sinnvoll also, ihre jeweiligen Vor- oder Nachteile zu kennen, um sie gezielt einzusetzen.

Vorab-Untersuchungen und Grenzen einer Kerndämmung

Wandaufbauten älterer Gebäude weisen fast immer Besonderheiten auf, weswegen eine vorausgehende Begutachtung wichtig ist. Eine Endoskopierung der Außenwand etwa dient dazu, Wasser im Sockelbereich auszuschließen sowie die Hohlschichtbeschaffenheit und den Zustand vorhandener Maueranker zu überprüfen. Sofern die Ursache für Wasser im Sockel nicht gefunden bzw. behoben werden kann, ist von einer Kerndämmung abzusehen. Problematisch für eine Hohlraumdämmung ist außerdem eine vollständige Bedeckung der Außenwand mit einer dampfdichten Schicht, beispielsweise einem glasierten Verblendmauerwerk (Keramik, Fliesen) oder einem diffusionsdichten Außenanstrich (Elefantenhaut).

Die Tiefe der Hohlschicht und somit die erforderliche Dämmdicke lassen sich durch mind. fünf Bohrungen je Geschoss und Wandfläche bestimmen.

Will man die spätere Kerndämmmung mit staubigen Materialien wie Silikatleichtschaum oder Perliten ausführen, ist zunächst ein Nebeltest erforderlich (Abb. 2 und 3). Dadurch zeigen sich mögliche Leckagen, die dann zuvor mit einem Stopfdämmstoff abgedichtet werden sollten. Die Vorsatzschale muss außerdem auf Risse (Abb. 4), Abplatzungen und schadhafte Verfugung überprüft werden. Erhöhte Feuchtigkeit im Mauerwerk, erkennbar u. a. an Salzausblühungen (Abb. 5), lässt sich mit dem sogenannten Karsten’schen Prüfröhrchen testen. Bei stark wassersaugenden Mauerwerken kann eine Hydrophobierung in Erwägung gezogen werden.

Die Hohlschicht sollte am Giebel bzw. der Traufe geschlossen sein. Zur Überprüfung ist ggf. eine Entfernung der Dachpfannen und Folien erforderlich.

Ausführung und Verfahren

Wurden die Dachpfannen für eine Abdichtung entfernt, kann die Dämmung direkt über das Dach durchgeführt werden. Der Aufwand für das Bohren von Einblaslöchern hält sich also in Grenzen, da diese nur bei engen Mauerabschnitten und beispielsweise unter Fenstern erforderlich werden (Abb. 1).

Ist die Hohlschicht am Giebel jedoch geschlossen, wird die Dämmung über die Fassade durchgeführt. Bei Klinkerschalen wird i. d. R. das Kleinlochverfahren eingesetzt: Die Einblaslöcher mit einem Durchmesser von 20-30 mm werden in die Kreuzfugen des Sichtmauerwerks gebohrt. Nach der Einblasdämmung werden die Öffnungen verfugt. Auch bei verputzten Außenschalen kommt das Verfahren zur Anwendung, ohne dass logischerweise Rücksicht auf die Verteilung der Fugen genommen werden muss. Die Bohrlöcher werden entsprechend der Zulassung des verwendeten Dämmstoffs angeordnet (Abb. 7) und nach dem Verfüllen geschlossen und verputzt.

Bei schmalen Fugen lässt sich das Großlochverfahren anwenden: Dabei werden ganze Steine aus dem Sichtmauerwerk genommen und nach dem Verfüllen der Hohlschicht wieder eingesetzt und verfugt. Dieses Verfahren wird allerdings selten ausgeführt.

Vorgehängte (Wasch-) Beton-Fassadenelemente haben zwischen der Innenschale aus Beton oder Kalksandsteinmauerwerk und den 3-4 m² großen Betonplatten meist eine 40 mm breite Luftschicht. Den Dämmarbeiten vorausgehend müssen ggf. die dauerelastischen Fugen erneuert oder ausgebessert und die Hohlschicht im Sockelbereich verschlossen werden. Im Anschluss setzt man die Bohrlöcher mit einem maximalen horizontalen Abstand von 6 m in die Kreuzfuge zwischen vier Platten. Da das Bohren von Stahlbeton schwierig ist, gilt es, die Anzahl an Einblasöffnungen gering zu halten. Dies muss bei der Dämmstoffauswahl (s. u.) berücksichtigt werden.

Dämmstoffe

Kerndämmstoffe (Abb. 9-13) müssen für die Anwendung zugelassen und hydrophob sein, um einen Feuchtigkeitstransport von außen nach innen zu verhindern. Relevant für die jeweilige Anwendung ist ihre Struktur (rieselfähig, faserig oder als Schaum) und ihr Brandverhalten. Rieselfähige Produkte benötigen weniger Bohrlöcher. Faserige Materialien hingegen stehen stabil in der Hohlschicht. Dies ist von Vorteil, wenn die Hohlschicht möglicherweise nachträglich noch einmal geöffnet werden soll, um beispielsweise Fenster oder Türen einzubauen.

Bei Konstruktionen mit vorgehängten Waschbetonplatten wie etwa bei Hochhäusern oder bei öffentlichen Gebäuden, in denen nicht-brennbare Dämmstoffe verwendet werden müssen und faserige Materialien wegen der geringen Anzahl von Einblaslöchern ausgeschlossen sind, kommen als Kerndämmstoffe nur Perlite oder Silikatleichtschaum infrage. Letzterer hat eine bessere Wärmeleitfähigkeit als Perlit und ist deswegen vorzuziehen.

Auch die Dämmung von Gebäudetrennwandfugen erfordert ein nicht-brennbares Produkt. Da eine vollständige Abdichtung der Luftschichten nur unter sehr großem Aufwand möglich ist, bieten sich Faserdämmstoffe (Stein- und Mineralwolle) an. Kapillaraktive Dämmstoffe sind sinnvoll, wenn Tauwasser kapillar abgeleitet werden soll. Instabile, abgängige Vorsatzschalen können mit PUR-Ortsschaum gedämmt werden. Dieser führt zu einer Verfestigung und hat mit der Wärmeleitfähigkeit λ=0,027 W/mK den geringsten Wert unter den zugelassenen Dämmstoffen. Neben PUR-Ortsschaum gibt es mit Harnstoff-Formaldehydschaum einen zweiten zugelassenen Ortsschaum. Von der Fachwelt wird dieser jedoch kritisch gesehen aufgrund von Formaldehyd-Ausgasungen und bekannt gewordenen Bauschäden (durch Zusammensacken und Wassertransport).

Zurzeit gibt es keinen Kerndämmstoff aus nachwachsenden Rohstoffen. Vereinzelt wird Korkschrot verwendet, dieser hat jedoch keine Zulassung. Ein Dämmstoff aus polymerisierter Milchsäure befindet sich im Zulassungsverfahren, mit vergleichbarer Struktur und Wärmeleitfähigkeit wie EPS.

Qualitätskontrolle

Entscheidend für eine qualitative Überprüfung einer durchgeführten Kerndämmung sind Angaben in einer Bescheinigung, die vom Deutschen Institut für Bautechnik vorgeschrieben ist und dem Bauherrn übergeben werden muss: Darin aufgeführt sind u. a. die benötigte Dichte, Wärmeleitfähigkeit, Menge und Hersteller des eingebauten Materials. Diskrepanzen zwischen theoretischem und tatsächlichem Materialverbrauch können auf nicht vollständig gefüllte Hohlräume (z. B. fehlende Dämmung in schlecht zugänglichen Bereichen oder durch eine falsche Anordnung der Bohrungen) oder eine nicht eingehaltene Einblasdichte hindeuten. Durch Probebohrungen lassen sich mangelhaft gefüllte Hohlräume bestätigen. Eine Komplettaufnahme energetischer Schwachstellen kann die Thermographie leisten, die bei einem Temperaturunterschied innen/außen von 15 K, einer stabilen Temperaturdifferenz, keiner Sonneneinstrahlung, einer trockenen Fassadenoberfläche und Windstärken 3 m/s erfolgen sollte. Um eventuelle Setzungen zu erkennen, sollten die Aufnahmen jedoch nicht direkt nach der Dämmmaßnahme gemacht werden. Endoskopische Untersuchungen können die Ergebnisse der Thermographie außerdem bestätigen bzw. erklären.

Um Wärmebrücken zu vermeiden, sollten bereits in der Planung Schwachstellen etwa an Fensterlaibungen berücksichtigt und durch eine zusätzliche Dämmung mit kapillaraktiven Calciumsilikatplatten verhindert werden.

Kosten einer Kerndämmung

Nach einem Urteil der VOB-Stelle ist eine Abrechnung der Dämmmaßnahme nach VOB, bei der Öffnungen ≤ 2,5 m² übermessen werden, nicht zulässig. Folglich wird der Preis nicht pauschal für die gesamte Außenwand berechnet; Fenster- und Türflächen müssen abgezogen werden. Die Kosten einer Kerndämmung, i. d. R. kalkuliert pro m² oder m³, liegen bei einer 10  cm dicken Hohlschicht bei ca. 25 €/m². Etwa doppelt so hoch sind die Kosten einer Mauerwerksverfestigung mit dem speziellen PUR-Ortsschaum.

Da die Amortisationszeit einer Kerndämmung von vielerlei Faktoren abhängt, kann sie nicht allgemeingültig beziffert werden. Einflussfaktoren sind der energetische Ausgangszustand des Gebäudes, Heizkosten, Dämmkosten und das individuelle Heizverhalten. In Abhängigkeit davon amortisiert sich die Maßnahme nach durchschnittlich vier bis acht Jahren.

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