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Teehaus in Hamburg

Teehaus in Hamburg
Schiefe Ebene

Der elegante 60er-Jahre-Pavillon in den Wallanlagen war wegen Baugrundproblemen abgesackt und neigte sich zur Seite. Statt das Gebäude aufwendig wieder geradezustellen, wurde bei der Modernisierung genau diese Schräglage bewahrt und in Szene gesetzt.

Das Teehaus in den Hamburger Wallanlagen wurde für die Internationale Gartenbauausstellung 1963 von den örtlichen Architekten Heinz Graaf und Paul Krusche konzipiert. Der Standort am Rande des japanischen Themengartens inspirierte das Duo zu einer modernen Interpretation fernöstlicher Teekultur: Der rundum verglaste Raum scheint über einer künstlich geschaffenen Wasserfläche zu schweben. Tatsächlich hängt er als Stahlskelett über Zugseile abgespannt an vier mittig angeordneten Pylonen. Im Außenbereich verbinden flache, ins Wasser ragende Holzplateaus auf unterschiedlichen Ebenen das Gebäude mit der gestalteten Landschaft.

Da das Bauwerk auf Trümmern gegründet ist, die nach dem Krieg im Wallgraben entsorgt worden waren, begann es sich mit der Zeit zu neigen – Untersuchungen des beauftragten Ingenieurbüros Hellmann ergaben 2016 eine Differenz von 24 cm. Auch die Raumwirkung litt über die Jahre. Im Zuge wechselnder, nicht adäquater Nutzungen störten Trennwände die ursprüngliche Transparenz. Mit der Zeit versank das Teehaus in die Bedeutungslosigkeit, selbst in der Hamburger Architektenschaft wurde er kaum noch wahrgenommen. Es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre dieses frühe Beispiel einer Hängekonstruktion für immer verloren gewesen, wäre es nicht rechtzeitig unter Denkmalschutz gestellt worden.

2018-22 hat die Stadt als Bauherrin den Pavillon eng am Original saniert. Statt die Schiefstellung unter großem Aufwand zu beheben, waren die Verantwortlichen sich einig, dass sie als wesentliches Merkmal erhalten bleiben sollte: Denkmalschutz einmal anders – als erzählende Geschichte. Mit einem auf Distanz zur Verglasung eingeschobenen Ausgleichspodest schuf Ralf Hellmann eine horizontale Ebene, die sowohl den heutigen Nutzungsanforderungen entspricht, als auch die markante Neigung erlebbar macht. Da die ohnehin schon geringe Raumhöhe sich durch diesen Eingriff weiter reduzierte, wurde zur Kompensation in Teilbereichen ganz auf die Unterdecke verzichtet. Das von außen so grazil wirkende Gebäude überrascht mit Blick auf die jetzt frei einsehbare Konstruktion, die zeigt, mit welch konsequent technoidem Ansatz seinerzeit der Entwurf verfolgt worden war. Um an die frühere Transparenz anzuknüpfen, ließen die Planer bis auf den Versorgungskern sämtliche später eingefügten Wände und Einbauten entfernen. Das Teehaus dient jetzt wie vor der Sanierung wieder als Seniorentreff, soll aber auch der Allgemeinheit als öffentlicher Ort der Begegnung und Kultur offenstehen.

~Cornelia Krause


Standort: Holstenwall 11, 20355 Hamburg
Bauherrin: Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Hamburg-Mitte, FA Management des öffentlichen Raumes
Architekten: (Lph 1-8): Ingenieurbüro Hellmann, Dipl.–Ing. Ralf Hellmann,  Alexander Judt, Sophia Rickert
Projektsteuerung: Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen-ABH 44– Hochbaudienststelle
Baukosten: Gesamt 2,8 Mio. Euro, Hochbau: 1,3 Mio. Euro, TGA: 0,4 Mio. Euro, GaLa: 1,1 Mio. Euro

Beteiligte Firmen:
Glasfassade: Janisol Arte 2.0 von Schüco/Jansen, www.jansen.com
Akustikdecke: Ligno Akustik Light von Lignotrend, www.lignotrend.com
Bodenbelag: Marmoleum Rosemary Green von Forbo, www.forbo.com



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