Brückner & Brückner haben eine ehemalige Klosterkirche für die evangelische Gemeinde umgebaut. Der einst abgeriegelte Altarraum öffnet sich jetzt zum Langhaus. Boden, Wand und Decke fließen ineinander und verbreiten eine Ahnung von Unendlichkeit.
1855 entstand im katholisch geprägten Neumarkt in der Oberpfalz eine erste evangelische Gemeinde. Sie fand Platz in der Kirche eines 1803 säkularisierten Kapuzinerklosters aus dem 17. Jahrhundert. Deren ursprünglich vorhandener, langer und schmaler Altarraum war allerdings vom Langhaus abgetrennt, in zwei Etagen untergliedert und viele Jahre anderweitig genutzt worden. Als Brückner & Brückner Architekten nun mit der Neugestaltung der Kirche beauftragt wurden, öffneten sie diesen Chorbereich und verknüpften die beiden Gebäudeteile wieder miteinander. Für den gewünschten stufenlosen Übergang zwischen den Räumen hoben sie den Fußboden im Langhaus um ca. 30 cm an. Den darunterliegenden Belag aus Solnhofener Platten ließen sie auf Anraten des Denkmalschutzes sichern, während sie einen neuen Aufbau mit Bodenheizung und einer fugenlosen mineralischen Beschichtung einbrachten. Durch die Beimischung von Pigmenten und Zuschlagstoffen erscheint deren Beigeton leicht diffus und wirkt dadurch trotz seiner Helligkeit unempfindlich.
Im Chorraum selbst sollten sich die Grenzen zwischen Boden, Wänden und Deckengewölbe auflösen, die Oberflächen sphärisch ineinanderfließen und damit gewissermaßen Unendlichkeit symbolisieren. Dazu bauten die Planer:innen dort eine neue Raumschale aus gerundeten Holzspanten ein, die sie mit Brettern beplankten und zweilagig mit Schilfrohr bekleideten. Anschließend verputzten sie diese im Bereich der Wände und Gewölbe mehrschichtig mit Lehm. Der Oberputz ließ sich dabei in Farbe, Körnung und Auftragsstruktur exakt an die Fußbodenbeschichtung anpassen, die auf die gerundeten Wandflächen bis zu einer definierten Höhe hochgezogen wurde.
Um die in den Mauern aufsteigende Feuchtigkeit in den Griff zu bekommen, setzten die Architekt:innen nicht nur die Kalksteinfundamente der Christuskirche instand; sie nahmen auch die von früheren Modernisierungen stammenden Putze in der Sockelzone außen- wie innenseitig ab und bauten diese in diffusionsoffener Weise neu auf. Innen erhielten die Wände einen holzgebrannten Marmorsumpfkalkanstrich in gebrochenem Weiß.
Da der Gemeinde ein heller, lichter Kirchenraum besonders wichtig war, stören weder Pendelleuchten noch Wandfiguren diesen Eindruck. Stattdessen wurden auf den schrägen Fensterbrüstungen des Langhauses, direkt hinter dem Chorbogen sowie umlaufend an der Innenseite des Chorfensters LED-Leisten angebracht. Alle Wandöffnungen sind zudem mit vorgespanntem Stoff verhüllt, um eine gleichmäßige Lichtverteilung zu erzielen.
Die ehemals im Altarraum platzierte Christusfigur wanderte in die nördliche Seitenkapelle, die man sowohl zu einem Ort für Gebet und Trauer als auch zu einem neuen Zugang umgestaltete. Auf diese Weise ist ein geschützter Vorplatz zwischen Kirchgarten und Gotteshaus entstanden, den das direkt an der Straße gelegene Hauptportal bisher nicht bieten konnte.
~Tanja Feil