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10 Thesen für die Zukunft aus dem db + md Zukunftskongress 2021

10 Thesen aus dem db + md Zukunftskongress 2021 ‚Mut zum Experiment‘
Immer noch in der Steinzeit

Immer noch in der Steinzeit
Die Referenten in der Abschlussrunde (v.l.n.r.): Jan Knippers, Moderatorin Andrea Georgi-Tomas, Raphael Gielgen, Tina Kammer; (2. Reihe): Thomas Lückgen, Søren Nielsen, Eike Roswag, Niklas Larsén; (3. Reihe): Christiane Sauer, Andreas Schulz, Oona Horx-Strathern
Die Zeit der Leuchtturmprojekte in der Architektur ist vorbei. Die Art, wie wir bauen, leben und arbeiten muss sich flächendeckend, nachhaltig und grundlegend ändern. Konkrete Lösungen und sinnvolle Ansätze zeigte der db + md Zukunftskongress auf. Die hochkarätigen Referenten machten klar: Wir müssen jetzt handeln. 10 Thesen für die Zukunft.

Autorin Katharina Feuer

Wir haben nicht mehr viel Zeit. Dieser Eindruck verstärkt sich im Laufe des db + md Kongresstages unter dem Thema ‚Mut zum Experiment‘ nachhaltig. Die Aufgaben, vor denen eine ganze Branche steht – Architekten, Innenarchitekten und Bauingenieure – sind gewaltig. Einige aufrüttelnde Zahlen wirft Architektin Tina Kammer von InteriorPark bei ihrem Beitrag ‚Let’s transform together: Chancen und Motivation für die Architektur der Zukunft‘ in den virtuellen Kongressraum.

Nur noch 2,9 % der Erde sind intakt. Die Baubranche verantwortet 60 % des globalen Ressourcenverbrauchs und 35 % der verwendeten Energie. Sie produziert 50 % des weltweiten Abfalls.

These 1: Wir müssen jetzt handeln

Alle Zeichen stehen auf Wandel. Bewegung. Mut. Wagen. Machen: Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts greift das Klimaschutzgesetz von 2019 zu kurz. Und der Pritzkerpreis ging 2021 an die Architekten Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal für ihren Anspruch, verantwortungsvoll gegenüber Mensch und Umwelt zu handeln. Architektur und der gesamte Bausektor stehen in der Pflicht, ihren Teil zum Erreichen der Pariser Klimaziele beizutragen. 10 Thesen für die Zukunft.

Zukunft von Bauen: Was brauchen wir wirklich?

»Es geht nicht nur um die Energie, sondern auch um die Ressourcen, die die Baubranche verbraucht. Das muss weniger werden. Nein, wir müssen klimaneutral werden«, postuliert Eike Roswag von ZRS Architekten. Passenderweise heißt sein Vortrag: ‚Viel aus wenig: Planen und Bauen mit begrenzten Ressourcen‘. Weiterhin würden monströse Glaspaläste errichtet, dabei sollte man genau jetzt »nach einer Architektur und Lebensform suchen, die sich für die Zukunft eignet.«

Es müsse ein Umdenken stattfinden. »Wir müssen uns auf den Bestand reduzieren. Eigentlich dürften wir nichts Neues bauen. Der Bedarf an Wohn- und Nutzfläche muss reduziert werden.« Er nennt es »den Speck aus dem Bestand rauslassen«. Dafür müssten vorhandene Flächen intensiver genutzt werden. Es sind radikale Forderungen. Und die Teilnehmer wissen gut, dass es nicht so einfach wird.

These 2: Kreislauffähige Planung ist ein Gamechanger

Roswag arbeitet am Natural Buildung Lab an der TU Berlin und betreut den Studiengang ‚Klimagerechtes Entwerfen‘. Sein Lösungsansatz basiert auf dem zirkulären Bauen. Alles soll wiederverwertet werden. Nichts sollte im Müll landen: Reduce. Reuse. Recycle. »Da müssen wir hin!«

Søren Nielsen von Vandkunsten Architects bringt in seinem Vortrag ‚Rebeauty – Reuse: Die Ästhetik im Abbruchmaterial‘ viele Beispiele zum Thema Reuse mit. Sein Bedauern über die gegenwärtige Architekturästhetik ist groß. Heute sei alles quadratisch, praktisch, gut – doch das sei ermüdend, es sähe überall gleich aus. Man baue kaum noch mit lokalen Materialien. »Wir müssen lernen, wieder schöne Gebäude zu entwerfen. Jeder Architekt sollte die Auszeichnung Unesco-Weltkulturerbe anstreben.«

Vandkunsten
Die wiederverwerteten Baumaterialien stellen für Vandkunsten dreifaches Kapital dar: einen materiellen, energetischen, aber auch einen kulturellen Wert, der sich mitunter auch an den lebendigen Gebrauchsspuren ablesen lässt. Foto: © Vandkunsten

Nachhaltig und ästhetisch

Für den Dänen gibt es keine Nachhaltigkeit ohne Schönheit. »Die Architektur-Qualität ist ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit.« Zudem müsse nicht nur Bauen, sondern auch Abbauen ein Thema sein. Damit unterstreicht der Architekt die Notwendigkeit des Kreislaufdenkens. »Einzelne Bestandteile müssen wieder zurückgebaut werden können.« Als Beispiel zeigt er ein Fachwerkhaus. Für ihn der Inbegriff von Schönheit, Langlebigkeit, Ausstrahlung. Abgebaute Materialien hätten einen Wert. Man könne sie verkaufen. Sie wieder einsetzen. Noch funktioniere das aber nur begrenzt denn noch sei es teurer, Materialien wiederzuverwerten als neue zu kaufen. Hier sei die Politik gefragt. »Wenn man das anders besteuern würde, würde sich das Verhalten ändern, sofort«, ist sich Nielsen sicher.

These 3: Die Digitalisierung verringert den Raumbedarf

Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgt Niklas Larsén vom Büro MER. Der Innenarchitekt plant vor allem virtuelle Räume. In seinem Vortrag ‚Shaping and sharing experiences‘ fragt er »Welche realen Räume werden überflüssig?« und stellt virtuelle Showrooms unterschiedlicher Hersteller vor. Der Besucher kann sich die Produkte ansehen, hochheben und sich mit einem Berater treffen.

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Der größte Vorteil am virtuellen Showroom? Er bietet unendlich Platz. Man kann beliebige Möbelsettings zeigen, oder gar Anwendungsbeispiele wie ein Restaurant. Foto: Mer

Macht das normale Messen überflüssig? Das verneint Larsén: »Wir brauchen sie immer noch. Aber man könnte den Materialverbrauch von Messeständen und das allgemeine Reiseaufkommen massiv reduzieren. Menschen wollten jedoch immer noch reale Treffen. »Aber vielleicht ist der virtuelle Showroom eine sinnvolle Ergänzung, manchmal auch Alternative?« Das ist kein Blick in die Zukunft, sondern in die Gegenwart. Die Digitalisierung macht neue Denkweisen möglich.

Zukunft von Arbeiten: Was brauchen wir wirklich?

Digital vernetzt oder »verschwärmt« sind die Leuchten bei Andreas Schulz vom Planungsbüro Licht Kunst Licht. Leuchten können untereinander kommunizieren, aufeinander reagieren. Der Lichtplaner sensibilisiert die Zuhörer mit seinem Beitrag ‚Licht und Lebensqualität‘ für ihren eigenen Biorhythmus. Diesen kann man mit Kunstlicht beeinflussen, indem man den Tageslichtverlauf simuliert – auch bekannt als Human Centric Lighting.

Human Centric Lighting
Büros sind für den Einsatz von Human Centric Lighting prädestiniert. Foto: Trilux

These 4: Einfache äußere Einflüsse regieren den Menschen

Hingegen kann falsches Licht zum falschen Zeitpunkt diesen Rhythmus stören. Als Beispiel nennt Schulz die Produktion bei VW. »Wenn man nachts arbeitet, will man fit sein, angeregt werden. So wurde für die Nachtschicht die Lichtfarbe und -intensität vom Tag simuliert. Die Produktivität stieg tatsächlich an. Dafür konnten die Mitarbeiter nach ihrer Schicht nicht mehr einschlafen – mit entsprechenden gesundheitlichen Folgen. Man stoppte das Projekt.«

Signale verstehen und daraus lernen

Raphael Gielgen beschäftigt sich täglich damit, wie die Arbeitsplätze der Zukunft aussehen. In seinem Vortrag ‚Officescouting‘ unterstreicht er, dass Unternehmen vor großen Herausforderungen stehen. »Wir müssen lernen, mit dem Unvorhersehbaren umzugehen.« Spätestens seit der weltweiten Pandemie weiß jeder, was Gielgen damit meint. Seine Aufgabe als Trendscout bei Vitra ist es, in die Zukunft zu sehen. Dazu steht er weltweit mit Unternehmen und Experten im Austausch und macht seine Erkenntnisse online allen, die fragen zugänglich. Aber was ist nun mit der Arbeit in der Zukunft?

Wie sehen Arbeitsumgebungen aus, die Kreativität und Innovation fördern? Arbeiten wir zukünftig alle im „super-flexible space“? Foto: Vitra

These 5: Wenn es egal wird, von wo aus man arbeitet, erlebt Architektur eine Renaissance

»Stellen Sie sich selbst die Frage. Was ist 2031? Wie relevant ist das, was Sie jetzt tun? Wie wichtig ist der Arbeitsort?« Gielgen konstatiert: »Das Büro als physischer Ort hat seine Daseinsberechtigung verloren. Die Arbeit von überall bleibt. Heute und in Zukunft geht es darum, den besten Platz dafür zu finden.« Das muss ein Arbeitgeber und ein Büro leisten, damit Arbeitnehmer hingehen: Unternehmen bräuchten einen Generalintendanten, der ein Programm macht. »Menschen werden Anlässe suchen, ins Büro zu gehen.« Vor über einem Jahr hätte diese Aussage die Zuhörer noch irritiert – heute versteht man. Was heißt das für die Architektur und Innenarchitektur? »Architektur erlebt eine Renaissance. Zukünftig konkurriert jeder Platz um die Anwesenheit der Menschen.«

Arbeit erfährt mehr Diversität und Differenzierung

Die Zukunftsforscherin Oona Horx-Strathern bestätigt, dass Arbeit und der Arbeitsort mehr Diversität und Differenzierung erfahren werden. Von ihr stammt die Wortkreation ‚Hoffice‘ – eine Kombination der Wörter Home, Office und Hoffnung. Doch von zu Hause aus zu arbeiten ist in ihren Augen nur eine von vielen Möglichkeiten. Aus Wien zugeschaltet führt Horx-Strathern einen weiteren Aspekt an: »Coworking-Spaces sind kein urbanes Phänomen. Das ist auch ein attraktives Thema auf dem Land – keiner will allein arbeiten. Auf dem Land und in kleineren Städten entstehen bereits solche Spaces. Da fällt viel Pendelei weg.«

Coworking auf dem Land
Das Coworking-Projekt ‚Coconat‘ im brandenburgischen Bad Belzig. Foto: Coconat

These 6: Der Mensch braucht Gemeinschaft

Zukunft von Wohnen: Was brauchen wir wirklich?

Zum Thema Wohnen trifft die Forscherin in ihrer Key Note ‚Individuell Zusammen – Wohnen und Leben morgen‘ zentrale Aussagen im Allgemeinen und zum Co-Living im Konkreten. Nicht die Quadratmeterzahl sei entscheidend, sondern die Qualität der geteilten Räume. »Die letzten Monate haben gezeigt: Einsamkeit ist ein Problem. Wir haben ein Bedürfnis nach Gemeinschaft. Wir brauchen individualistische Gemeinschaften.« Was heißt das? Weniger Fläche für den Einzelnen, dafür mehr Fläche für die Gemeinschaft. Bei der Grundrissstrukturierung beobachtet die gebürtige Engländerin: »Wir kommen weg von der klassischen Wohnarchitektur. Bei Grundrissen findet bereits eine größere Überlagerung von Funktionen statt.«

Oona Horx-Strathern, Zukunftshaus
Das Zukunftshaus – Future Evolution-House – der Familie Horx. Foto: Klaus Vyhnalek

Mehr Mut zu Low Tech

Horx-Strathern wohnt mit ihrer Familie im sogenannten Zukunftshaus. Wer hier High Tech erwartet, wird enttäuscht. »Die meisten Smart Devices sind im Keller gelandet. Wir haben gemerkt, dass wir uns den Kaffee selbst machen wollen. Dass wir nicht mit Alexa, sondern lieber mit unserem Partner kommunizieren wollen. Wir nutzen gute Technologien wie Solaranlagen, aber lieben das Analoge.« Ihr Plädoyer: Mehr Mut zu Low Tech!

Die Frage »Was brauchen wir wirklich?«, Low Tech und Nachhaltigkeit waren Antrieb von Thomas Lückgen von werk.um Architekten beim Bau der eigenen vier Wände. In seinem Vortrag ‚Weniger ist mehr: Suffizienz in der Baukultur vom nachhaltigen Gebäude bis zum veränderbaren Grundriss‘ erklärt der Architekt: »Wir haben versucht, ganz, ganz einfach zu bauen.« Mit seinem Büro beschäftigt sich Lückgen seit vielen Jahren mit Effizienz, Suffizienz und Konsistenz.

Lange Nutzungsdauer

»Nachhaltigkeit wurde immer nur in Effizienz betrachtet. Dabei sind flexible, veränderbare Grundrisse, wartungsfreie, einfache Technik, kleinere Wohnflächen und eine lange Nutzungsdauer Teile des Gesamtbilds.« In Darmstadt entstand mit dem K76 für 42 Bewohner preiswerter Wohnraum bei kompakter Entwurfsplanung. Eine lebendige Community. Trotzdem sorgte das anspruchsvolle Projekt für kritische Anmerkungen unter den Teilnehmern – denn Lückgen baute aus Beton.

Zukunft von Materialien: Was brauchen wir wirklich?

Er argumentiert den Betoneinsatz über die angestrebte Nutzungsdauer. Der Wohnraum müsse für Familien bezahlbar sein. Reine Holzbauten – mehrgeschossig – seien das nicht.

Das Problem thematisiert auch Tina Kammer: »Der Rohstoff Zement ist leider noch zu günstig. Und die Zementindustrie hat ein zweites Standbein, weil sie auch als Müllentsorgung arbeitet – eine Subvention über die Hintertür.« Die Alternative sieht Tina Kammer im Baustoff Holz. »Wir könnten mit unserem Baumbestand alle unsere Gebäude bauen. Stattdessen nutzen wir es für Klopapier oder verbrennen es.«

Leichtbau
Paradebeispiel für ein Leichtbauprojekt. Der ‚Wood Pavilion‘ auf der BUGA 2019 in Heilbronn. Foto: ICD ITKE

These 7: Holz ist das Baumaterial der Zukunft

Holz ist das Zukunftsmaterial für Eike Roswag. Und saubere Produkte ohne chemische Zusätze, beispielsweise Lehm und Kalk, sowie Bauen mit Low-Tech-Methoden. Was das konkret bedeutet? »Klimaangepasste Bauten mit diffusionsoffenen Gebäudehüllen aus Holz, Lehm, Kalk und Naturfasern erreichen ein gesundes Wohnklima bei Vermeidung von Lüftungs- und Klimatechnik«, fasst Roswag zusammen. Die Zukunft des Bauens sieht er in hybriden Formen, mischgenutzt, mit kompakten Grundrissen und weniger als 25 Quadratmeter Fläche proPerson, mit guter Tageslichtversorgung, dennoch geringer Glasfläche. Einfaches Bauen eben. »Wir müssen Tempo machen. Der Planet wird sich weiterdrehen. Hoffentlich sind wir dann noch dabei.«

Roswag ist sich sicher, dass nachhaltige Materialien im Kommen sind. »Lehmputz ist nicht mehr teurer, wenn die Co2-Bepreisung kommt.« Ähnliches erwartet er für Innenwände aus Holzfasern. »Das geht über Preis und Performance und regelt sich von selbst.«

Wissenstransfer aus der Natur

»Holzbau ist noch lange nicht am Ende seiner Konstruktionsmöglichkeiten angekommen!«, stellt der Bauingenieur Jan Knippers in seinem Vortrag ‚Baubionik – von der Natur lernen: Biologie beflügelt Architektur‘ fest. Mit dem Institute of Building Structures and Structural Design (ITKE) zeigt er neue Anwendungsmöglichkeiten. Die Vorlagen sucht er in der Natur. Seine Vorbilder sind Seeigel, fleischfressende Pflanzen und Käfer.

Gradientenbeton
Kein Wespennest, sondern eine Detailaufnahme des Rosenstein-Pavillons im Schloss Rosenstein, Teil der Sonderausstellung ‚baubionik – biologie beflügelt architektur‘. Foto: Florian Eger (ISW)

»Mit dem Einzug der digitalen Technologien haben wir die Möglichkeit, einen Wissenstransfer aus der Natur in die Architektur zu leisten« und räumt zugleich ein: »Natürliche Strukturen abzubilden, ist nach wie vor komplex.« Dennoch sieht er hauptsächlich Vorteile für seinen speziellen Forschungsbereich: »Das macht die Bionik aus: Man verlässt den vorgefertigten Denkkasten – das hat mehr Wert als der direkte Wissenstransfer.«

These 8: Die Intelligenz liegt in den Materialeigenschaften

Textile Konstruktionen

Einblick in das Textile Bauen in Architektur und Innenarchitektur gab Christiane Sauer, Professorin an der Weißensee Kunsthochschule. Gemeint ist Textil als Material, wie man es in der Architektur weniger kennt. Denn textile Konstruktionen verfügen in der Fläche über unterschiedliche Materialeigenschaften. Teil ihrer Arbeit ist es, diese weiter zu denken. Die Intelligenz liegt in der Struktur selbst. Die sortenreinen Monomaterialien lassen sich einfach in ihre Bestandteile zerlegen, da sie nur durch die Überkreuzung verbunden sind. »Keine Klebungen. Alles ist gefügt, gesteckt, geschraubt.« So entsteht die Idee eines adaptiven textilen Sonnenschutzes aus Fasern, die auf ihre Umwelt reagieren. Im Bereich der nachhaltigen Klimatechnik ist dieser gestalterische Ansatz verbunden mit seiner sinnvollen Funktion attraktiv. Doch die Architektin räumt ein, dass die Entwicklungen noch Zeit bräuchten.

Basaltfaser, Stone web, Leichtbaukonstruktion
Materialstudien mit unterschiedlichen Faserarten. Foto: © weißensee kunsthochschule berlin / Idalene Rapp, Natascha Unger

Zukunft von Energie: Was brauchen wir wirklich?

Viele geläufige Baumaterialien sind nicht so einfach sortenrein zu trennen wie die Forschungsobjekte von Christiane Sauer. Andreas Schulz macht keinen Hehl daraus, dass es um die Nachhaltigkeit der Materialien bei Leuchten schlecht steht. »Die LED-Leuchte braucht in der Herstellung wahnsinnig viel Energie. Irgendwann gehen diese Leuchten kaputt. Sie können die Leuchtmittel nicht mehr verwenden. Schlimmstenfalls schmeißen sie die ganze Leuchte weg.« Was recycelbar ist, sei im Allgemeinen kein Thema. »Viele, die Licht anwenden, denken nicht ernsthaft darüber nach.« Fakt ist, die Probleme der LEDs sind nicht gelöst.

These 9: Veränderung braucht Durchsetzungskraft – Durchsetzungskraft ist die Voraussetzung für Veränderung

Gegen Widerstände

»Man muss Mut haben. Bewegung setzt Bewegung voraus«, weiß Thomas Lückgen. Als er eine strombetriebene Heizung für das Wohnprojekt K76 vorschlug, stieß er zunächst auf Widerstand. »Strom darf nicht sein. Das steckt noch in vielen Köpfen.« Das Energiekonzept basiert auf einer dezentralen, individuell steuerbaren, robusten Lösung und ist praktisch wartungsfrei. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach speist die elektrische Strahlenheizung. Die Installation: ein Stromanschluss, ein Elektroanschluss.

Nachhaltige Baustoffe
Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) forscht daran, die CO2-Emissionen von Beton durch den Einsatz natürlicher Materialien wie Zuckerrohrbagasse zu verringern. Foto: Bundesanstalt fuer Materialforschung und -prüfung (BAM)

»In den letzten Jahrzehnten ging es immer nur um den Energieverbrauch eines Gebäudes. Jetzt steht im Vordergrund: Wo kommen die Materialien her? Wie hoch ist ihre graue Energie? Stahl und Beton kommen da nicht gut weg, sie müssen ersetzt werden«, sagt Tina Kammer. Oder es müssten Bauteile und -materialien verwendet werden, die man wiederverwenden kann.

These 10: Nachhaltig bauen hat eine größere Hebelwirkung als der Verzicht auf Fliegen, Fleisch und Autofahren

»Ich allein kann nichts machen!«, sei eine weit verbreitete Haltung. Doch man kann. Man kann Material einsparen, die Überplanung stoppen. Das sei ein enormer Hebel im Vergleich zum Verzicht auf Fliegen, Autofahren und Fleisch, bestätigt Tina Kammer und ergänzt: »Die Materialeffizienz liegt aktuell nur bei 50%.« Man sollte die Lage auch als Chance begreifen und Mut zum Experiment zeigen.

»Wir können nicht warten, bis die Politik entsprechende Gesetze verabschiedet. Wir müssen jetzt handeln. Die Zeit der Leuchtturmprojekte ist vorbei.« Oder um es mit den Worten Albert Einsteins zusammenzufassen: Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.

Mehr zum Thema Suffizienz finden Sie hier


Partner der Veranstaltung

Christian Fischbacher


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