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Lichtplanung im Museumsbau

Die Rolle von Licht im Museumsbau
Im Geiste von Ort, Sammlung und Licht

Durch ihre hervorgehobene kulturelle Bedeutung gelten Museen als eine Königsdisziplin der Architektur. Wie fruchtbar dabei die Zusammenarbeit mit professionellen Lichtplanerinnen und Lichtplanern sein kann, belegt das beeindruckende Projektportfolio des Planungsbüros Licht Kunst Licht zu dieser Gebäudegattung. Wir blicken mit LKL-Gründer Prof. Andreas Schulz auf den Sachstand und die Perspektiven der Museumsbeleuchtung.

~Martin Krautter

Gibt es das überhaupt – das Museumslicht? Wie definiert es sich? Schließlich umfasst der Bautypus »Museum« eine enorme Bandbreite: vom denkmalgeschützten Dichterhäuschen zum stadtbildprägenden Nationalmuseum, von der kontemplativ-minimalistischen Kunstpräsentation bis zur emotionalisierenden und medial inszenierten Szenografie für Geschichte, Technik oder Naturwissenschaft. Es ist also weniger eine bestimmte Art von Beleuchtung – auch wenn gewisse Ansätze immer wiederkehren, dazu später mehr –, sondern ein Qualitätsanspruch, der Licht im Museum definiert: geleitet von der Bedeutung des Sammelns, Präsentierens und Vermittelns unersetzbarer Kulturgüter sowie der Beachtung, die entsprechende Bauten erfahren. Museen sind zentrale Orte der kulturellen Identifikation und damit stets im Fokus der öffentlichen Debatte. Ein Megatrend der letzten Jahrzehnte ist für Expert:innen dabei unübersehbar: »Museen werden immer mehr selbst zum Ausstellungsstück – eine Entwicklung, die ihren Anfang in Deutschland in den 80er Jahren mit Hans Holleins Museum Abteiberg in Mönchengladbach nahm und mit Bauten wie Gehrys Guggenheim Bilbao um die Jahrtausendwende einen ersten Höhepunkt erreichte«, erklärt Andreas Schulz. Als Gründer und Inhaber des Lichtplanungsbüros Licht Kunst Licht und Professor für Lighting Design an der HAWK Hildesheim blickt er auf jahrzehntelange Erfahrungen aus namhaften Museumsprojekten unterschiedlichsten Zuschnitts zurück. Die Wahrnehmung des Gebäudes als gleichberechtigtes Exponat bedingt, dass einerseits eine umfassende Architekturlichtplanung wie für andere, vergleichbar relevante öffentliche Bauten notwendig ist. Durch die spezifischen Aufgaben des Museums – sammeln, präsentieren, vermitteln – entstehen andererseits typische Situationen, für die ein Repertoire an bewährten Beleuchtungslösungen bereitsteht: z. B. Lichtdecken und flächige Wandflutung in Gemäldegalerien oder kontrastreiche Spotbeleuchtung aus mehreren Richtungen für dreidimensionale Objekte – »lichtplanerischer Common Sense«, wie Schulz formuliert. Themen, die die Museumswelt noch vor wenigen Jahren bewegten, etwa die Frage nach den Risiken der damals neuen LED-Lichtquellen für empfindliche Exponate, haben sich inzwischen weitgehend erledigt. Aktuelle, für den Einsatz in Museen optimierte LED-Leuchten enthalten weniger schädliche Lichtanteile wie Infrarot oder UV-A als alle zuvor verwendeten Lampentypen. Für viel spannender hält Schulz den Umgang mit Tageslicht in Museen, und das unter verschiedenen Aspekten. Schließlich gehören Oberlichtsäle nach dem Vorbild von Leo von Klenzes Alter Pinakothek in München nach wie vor zum klassischen Raumprogramm von Kunstmuseen und die Architekt:innen entwickeln immer wieder neue Ideen, um Tageslicht zur Ausstellungsbeleuchtung zu nutzen.

Tages- und Kunstlicht

»Beim Thema Tageslicht wird besonders deutlich, wie wichtig es ist, dass Architekten und Lichtplaner so früh wie möglich im Projekt zusammenarbeiten«, so Schulz – denn gut funktionierende Lösungen sind tief im architektonischen Entwurf verankert und entstehen im Dialog. »Tageslicht hat viele Vorteile«, betont der Lichtplaner: »Es stellt eine vitale Verbindung nach außen und zur Natur her, es ist nachhaltig und hilft, Betriebskosten zu senken.« Die Kehrseite: Die Sonne liefert auch schnell zu viel des Guten. Was an Lichtbelastung für Exponate lange Zeit hingenommen wurde, registrieren seit einigen Jahren hochempfindliche Messstreifen, elektronische Sensoren und Datenlogger. Museen, die weiter im internationalen Wechselspiel um wertvolle Leihgaben mitspielen wollten, gingen daher häufig auf Nummer sicher, legten teils sogar vorhandene Tageslichtanlagen still und setzten auf das leichter zu kontrollierende Kunstlicht.

Streben Neubauten allerdings Nachhaltigkeits-Zertifizierungen an, lasse sich dies ohne substanziellen Tageslichtanteil kaum realisieren, so der Lichtplaner – »hinzu kommen Sanierungen, in denen wir stillgelegte oder mängelbehaftete Tageslichtsysteme wieder zum Funktionieren bringen, wie aktuell in der Kunsthalle K20 in Düsseldorf.« Die Mittel in solchen Fällen: spezielle Verglasungen, automatisierte Verschattungssysteme – und programmierte Steuerungen, die Sensorik und LED-Beleuchtung integrieren. Was sich, nicht zuletzt dank Funktechnologien, auch im Bestand durchaus umsetzen lässt. Bei Neubauprojekten gilt es allerdings, so Schulz, »zu einem ganz frühen Zeitpunkt nicht nur mit dem Architekten, sondern auch mit den Fachingenieuren zu kommunizieren – damit bei der Planung der Gebäudesteuerung die Anforderungen von Beleuchtung und Tageslichtsteuerung mitgedacht werden.« Im eigenen Büro hat Schulz aus diesen Gründen eine spezielle Abteilung für Steuerungstechnik aufgebaut.

Musterbeispiel unter den Projekten von Licht Kunst Licht für den erfolgreichen Einsatz von Tageslicht ist sicherlich das Kunstmuseum in Ahrenshoop, ein Entwurf von Staab Architekten: »Das ist ein kleines Haus, realisiert durch bürgerschaftliches Engagement. Um die Kosten für Anschaffung und Betrieb der Beleuchtung im Rahmen zu halten, haben wir die Räume rein tageslichtgeführt mit nur einer

tageslichtunterstützenden Zusatzbeleuchtung geplant«, berichtet Schulz. Die Gestaltung der Oberlichter und der gesamten Dachstruktur entwickelten Lichtplanungs- und Architekturbüro in enger Zusammenarbeit und mittels zahlreicher Versuche. Eine große Rolle spielt Tageslicht auch im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster, ebenfalls ein Staab-Entwurf, oder im unterirdischen Anbau des Frankfurter Städel von schneider+schumacher mit seinen charakteristischen runden Oberlichtern in der grünen Wiese.

Im Gegensatz dazu dient die kristalline Blätterstruktur des Nationalmuseums von Qatar in Doha dazu, die gleißende Sonne Arabiens so gut wie möglich abzuschirmen – allerdings eignet sich dieser Entwurf von Jean Nouvel wiederum gut dafür, eine weitere Besonderheit der Museumsbeleuchtung zu erklären. »Wir entwickelten die Lichtplanung«, erinnert sich Schulz, »lange bevor wirklich feststand, was in diesem Haus überhaupt gezeigt werden sollte.« Entsprechend schlug das Lichtplanungsbüro eine extrem flexible Beleuchtung vor, die alle Möglichkeiten offenließ – und tatsächlich auch mit den realisierten, von massivem Einsatz digitaler Medien und Projektionen geprägten Ausstellungskonzepten hervorragend funktioniert. Solche langwierigen Planungsprozesse, bei denen die Lichtplanung für Gebäude und Räume weitgehend separat von der späteren Ausstellungsgestaltung und -beleuchtung erfolgt, sind insbesondere bei großen Museumsneubauten nicht ungewöhnlich.

Lichtplanung bei Sanierungen

Bei Sanierungen oder Umbauten im Bestand arbeiten wiederum Ausstellungsdesigner:innen, Szenograf:innen und Lichtplaner:innen Hand in Hand. Auch hierzu gibt es mit dem Naturhistorischen Museum Oslo ein anschauliches Beispiel von Licht Kunst Licht, die dafür mit dem Stuttgarter Planungsbüro Atelier Brückner kooperierten. »Hier wurden wir gerade im richtigen Moment hinzugezogen, um noch Einfluss auf die Platzierung der Stromschienen für die spätere Ausstellungsbeleuchtung nehmen zu können«, erzählt Schulz. Stromschienen als Infrastruktur für die flexible Positionierung von Leuchten gehören zum bewährten Grundinventar der Beleuchtungstechnik für Museen – in Oslo begleiten sie alle wichtigen Zonen und nehmen Strahler mit wechselnden Lichtverteilungen und Accessoires auf. Ihr Licht fügt sich mit den in die Vitrinen integrierten Elementen harmonisch in das historische Gebäude und seine Möblierung ein. Parallel dazu entstand mit der neu geschaffenen Crystal Cave ein immersiver Raum, der im tageslichtlosen Untergrund eine dramatische Kunstlichtinszenierung erfährt.

Es bleibt die Erkenntnis, dass Museumsbeleuchtung v. a. davon lebt, dass sich Architekt:innen und Lichtplaner:innen auf jedes Projekt aufs Neue einlassen und einen originären Zugang zu Ort, Thematik und Sammlungscharakter finden. Ein Haus wie das Musée Savoisien im französischen Chambéry gibt es eben nur einmal: In dem ehemaligen Franziskanerkloster aus dem 13. Jahrhundert, umgestaltet von dem Architekten Pascal Prunet zusammen mit Ateliers Adeline Rispal aus Paris, wird die vielseitige Historie der Stadt, der Region und ihrer Bevölkerung erzählt. Im lichtdurchfluteten Foyer schwebt ein Galeriegeschoss zur Betrachtung von Wandmalereien aus dem Mittelalter, in Szene gesetzt von umlaufenden linearen Wallwashern in der Decke. Es folgen Räume für Wechselausstellungen mit wandlungsfähiger Stromschienenbeleuchtung sowie die Dauerausstellung in den OGs: Hier sind Strahler an Stromschienen im Horizont einer Holzrippendecke platziert und akzentuieren die Exponate individuell. Zusammen mit dem durch Fensterbehänge gefilterten, sich stetig verändernden Tageslicht entsteht hier das, was Andreas Schulz als gelungenes Museumslicht beschreibt: »Ein Licht, das nicht durch Masse beeindrucken will, sondern das sich durch Vitalität bei sparsamem Einsatz der Mittel auszeichnet.«

Martin Krautter war jahrelang für die Unternehmenskommunikation eines namhaften Leuchtenherstellers verantwortlich. Seit 2013 arbeitet er als Journalist, Autor und Blogger in Offenbach/Main.


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