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Bewährt, beliebt, symbolträchtig: Rettet das ICC!

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Bewährt, beliebt, symbolträchtig: Rettet das ICC!

Im letzten Jahr durften wir noch den 25. Geburtstag des internationalen Kongresszentrums (ICC) in Berlin feiern, und seit Juni dieses Jahres ist es fraglicher denn je, ob es seinen 30. überhaupt noch erleben wird. Dass Berlin mit seinerm Baubestand wenig zimperlich umgeht, ist freilich nichts Neues und auch nicht erst seit Wolf Jobst Siedler 1964 »Die gemordete Stadt« schrieb bekannt. Aktuell geht es um einen möglichen Abriss im Doppelpack: Der Berliner Senat möchte endlich die ungeliebte Deutschlandhalle von Paul Schwebes loswerden (der Beschluss fiel am 28. Juni) und sich bei der Gelegenheit des benachbarten ICC am liebsten gleich mit entledigen. Für 63 Millionen Euro soll auf dem Grundstück der Deutschlandhalle dann das »Deutschlandhalle Convention Center« entstehen. Doch Kongresshallen hat Berlin eigentlich genug – neben der inzwischen umgenutzten »Schwangeren Auster« im Tiergarten – eben das 1979 fertig gestellte ICC, das nun abgerissen werden soll. An seine Stelle träte vermutlich nichts als eine weitere riesige Stadtbrache. Und wenn auch nicht in einem derart sensiblen Bereich, wie am Schlossplatz in Berlins Mitte – wo nach Abriss des Palastes der Republik für die nächsten Jahrzehnte wohl auch eine Brache zurückbleiben wird – so doch allemal an einem markanten Ort. Denn wenn man sich von Süden über die A 115 und die Avus der Stadt nähert, grüßt das ICC mit seiner silbrig schimmernden Aluminiumhaut schon von weitem und ist, als Ensemble mit dem Funkturm, längst zu einem Symbol geworden. Und so war es ja auch gedacht: Schließlich lebte die Insel West-Berlin in ständiger Angst, vergessen zu werden. Also brauchte es immer wieder neue Attraktionen, um auf sich aufmerksam zu machen; so z. B. ein spektakuläres, supermodernes Kongresszentrum mit Symbolpotenzial. Mit ihrem von 1973 bis 1979 umgesetzten Entwurf schuf das Architektenehepaar Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte ein Gebäude für ein Grundstück, das, handtuchschmal, eingeklemmt zwischen S-Bahntrasse und mehrspuriger Straße, als unbebaubar galt. Sie stapelten die Räume übereinander, so dass die Wege kurz wie auf einem Schiff wurden. Um Vibrationen durch die Autobahn auszuschließen, wählten sie eine Haus-im-Haus-Konstruktion. Der Kern des Gebäudes ruht auf gewaltigen Stahlbetonstützen, über die eine Aluminiumhülle gestülpt wurde. Und: es funktioniert – im Innern ist es mucksmäuschenstill.

Worin liegt nun die Notwendigkeit, ein derart prägnantes Gebäude abzureißen? Der riesige Bau ist nach wie vor ständig für Kongresse ausgebucht. Hinzu kommt, dass er wegen seiner guten Akustik auch für Konzerte gerne genutzt wird. Das Hauptargument, mit dem der mögliche Abbruch legitimiert wird, hinkt jedenfalls gewaltig: Das Problem seien die inzwischen veralteten technischen Anlagen, die für den weiteren Tagungsbetrieb kostenintensiv modernisiert werden müssten. Dies ist allerdings nichts, was man dem Entwurf oder dem Gebäude anlasten kann, auch die Technik eines neuen »Deutschlandhalle Convention Centers« wäre nach 25 Jahren veraltet – und was dann? Fordert man dann wiederum dessen Abriss?
Viel entscheidender ist doch, dass am ICC über die Jahrzehnte kaum etwas verändert wurde, weil es sich bewährt und stets gut funktioniert hat.
Es ist ein seltener Glücksfall, dass sowohl das Äußere als auch die Innenausstattung – von den typischen Siebziger-Jahre-Leuchten bis hin zum quietschbunten Teppichboden – erhalten sind. Die meisten Gebäude dieser Zeit sind durch Umbauten so verfälscht, dass es einen gruselt und es wesentlich schwieriger wäre, ihren Denkmalwert zu erkennen und zu vermitteln. So bleibt also zu appellieren, dass sich die Denkmalpflege vehement für die Unterschutzstellung einsetzt. – Wie man am Beispiel der Deutschlandhalle gerade wieder erlebt, ist das zwar keine Garantie für den Erhalt, aber immerhin ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. – Denn, selbst wenn nicht der schlimmste Fall eines Totalverlustes eintritt, sollten bei einem Umbau durch das Land Berlin oder einen möglichen privaten Nachfolgebetreiber die typischen Merkmale des Baus verschwinden, wäre der Reiz des Gebäudes unwiederbringlich verloren. Sicherlich würde man es sehr bald bereuen und den Wiederaufbau fordern, denn auch das hat Tradition in Berlin. Ulrike Kunkel
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