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Basel: Baukultur – Streitkultur

Diskurs
Basel: Baukultur – Streitkultur

Basels »Musiksaal« zählt zu den besten Konzerträumen der Welt. Das »Drumherum« aber entspricht längst nicht mehr internationalem Standard und soll nun auf Wunsch der Betreiberin, der Casino-Gesellschaft, erneuert werden. Da das »Stadtcasino« an einem städtebaulich höchst sensiblen Ort liegt und mit dem geplanten Umbau auch der Eingang zur Altstadt neu formuliert wird, die Casino-Gesellschaft zudem eine wichtige städtische Kulturaufgabe erfüllt, wird der Kanton das Bauprojekt planerisch begleiten und finanziell unterstützen.

Den gemeinsam ausgeschriebenen Studienauftrag für eine Neukonzeption des gesamten Gebäudekomplexes entschieden Zaha Hadid Architects aus London für sich. Das Projekt stieß in der Öffentlichkeit auf große Akzeptanz und nahm im Parlament problemlos die Hürde der Bewilligung des Planungskredits. So weit, so wunderbar.
Doch die anfängliche Einigkeit erwies sich einmal mehr als Ruhe vor dem Sturm. Denn die erweiterte Kubatur des Neubaus macht eine Umzonung notwendig. Und dies, sowie der 40-Millionen-Kredit aus Steuergeldern, ist in der direkten Schweizer Demokratie referendumsberechtigt. Dies aber macht, das zeigt jetzt auch die Erfahrung in Basel, das sich so gern »Architekturmetropole« nennt, jedes Bauvorhaben zum Minenfeld. Hier den richtigen Ton zu finden, um ein Projekt erfolgreich gegen Polemiken jeder Couleur zu verteidigen, ist eine Gratwanderung, die selbst Entwürfe renommiertester Architekten zu Fall bringen kann.
Nun ist eine öffentliche Diskussion um Architektur ja durchaus begrüßenswert. Nur steht sie bei Volksabstimmungen keineswegs zwingend im Vordergrund. An der Architektur des neuen Stadtcasinos fanden die Wenigsten, die sich bisher öffentlich gegen das Projekt aussprachen, etwas auszusetzen. Nur: bitte nicht so hoch, nicht so groß und: bitte nicht an diesem Ort! Da wird dann selbst ein Unort wie der angrenzende Platz zur Heimat hochstilisiert, die man sich von einem weiteren »modernen Klotz« nicht zerstören lassen will.
Auf dieser Ebene lässt sich aus Sicht der Architektur schwer argumentieren. Selbstbewusstsein wird da schnell als Arroganz ausgelegt und zum Wasser auf die Mühlen der Gegner. Entgegenkommen wiederum ist eine Frage des Maßes. Vergleicht man die ersten Pläne zum neuen Stadtcasino mit dem, was nun vor dem drohenden Abstimmungskampf kommuniziert wird, kann durchaus der Verdacht aufkommen, dass hier der Bogen zumindest bis zum Zerreißen gespannt wurde. Die in der Überarbeitung des Projekts vorgenommene Absenkung der Gebäudeflanke zum benachbarten Baudenkmal der Barfüsserkirche hin bewog zwar einen der beiden privaten Denkmalschutzverbände, die »Freiwillige Basler Denkmalpflege«, auf eine Einsprache zu verzichten. Der »Heimatschutz Basel« jedoch war mit dieser Konzession nicht zu besänftigen.
Gute Architektur kann es nicht allen recht machen. Darf es auch nicht, wenn sie sich als Bau-Kunst versteht, die zum Nachdenken animiert, die Zukunft vorausdenken will. Da sie aber im Auftrag handelt und konkrete Bedürfnisse abzudecken hat, durchläuft jeder Entwurf im Realisierungsprozess Veränderungen und Anpassungen. Bei großen, repräsentativen Projekten ist dieser Prozess naturgemäß komplexer und, wenn für die öffentliche Hand gebaut wird, langwieriger und mühsamer. Die direkte Demokratie mag da generell nivellierend wirken, schließt aber, wie auch das Beispiel des KKL in Luzern zeigt, hohe Qualität keineswegs à priori aus.
Bedenklicher ist der Ton, in dem vor Abstimmungen dieser Art gestritten wird. Nimmt man die zunehmende Flut von Einsprachen gegen Bau-, Planungs- und Kulturprojekte hinzu, kommt der Verdacht auf, dass hier der Sack geschlagen wird, weil man den Esel nicht erreicht. Architektur lässt sich da allzu wohlfeil einspannen, und die heraufbeschworenen Horrorvisionen vom unmenschlichen Betonklotz und kalten »Glas- und Stahlmonster«, gepaart mit dem Verweis auf die Unbedenklichkeit, mit der sich »Stararchitekten« über Budgets hinwegsetzen, tun ungeachtet ihrer Abgedroschenheit gleichbleibend ihre fatale Wirkung. Schulterzucken konnte dieses Dauerproblem offensichtlich bis heute nicht aus der Welt schaffen. Vielleicht wäre es doch an der Zeit, es ernst zu nehmen …
Ulrike Zophoniasson-Baierl
Die Autorin ist freie Architekturpublizistin in Basel.
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