1 Monat GRATIS testen, danach für nur 6,90€/Monat!
Startseite » Architektur » Wohnungsbau »

Neue Wege gehen

Erschließung dichter Blöcke in der Innenstadt Amsterdams
Neue Wege gehen

Amsterdam ist nicht London oder Paris, trotzdem klingt es unglaublich: In der Innenstadt stehen Wohnungen leer. Sie waren nicht mehr zugänglich – nicht obwohl, sondern weil sie in der Innenstadt liegen. Denn der große Druck auf die Erdgeschosse hat dazu geführt, dass der Raum zur Erschließung nicht mehr bereitgestellt wurde. Über die verwinkelte und in verschiedenen Höhen der komplett verbaute Innenhoffläche führt nun eine neue Erschließung aus den Seitenstraßen in die Wohnungen.

Amsterdam may not be London or Paris but it sounds unbelievable nevertheless: in the city centre living accomodation remains empty. It was no longer accessible – not although but because it is in the centre. The commercial pressure at ground level had as consequence that space for access was no longer provided. Now a new approach way leads from the side roads across the cramped and variously high outbuildings in the rear courts to the accomodations.

Text: Christian Holl
Fotos: Rappange & Partners; Maren Harnack
Die Kalverstraat ist eine der wichtigsten Einkaufsstraßen Amsterdams. Jeder Quadratzentimeter Erdgeschossfläche ist hier Geld wert, viel Geld. Die Eigentümer oder Pächter haben deswegen kein Interesse, von dieser Fläche etwas für andere Nutzungen zur Verfügung zustellen, auch nicht, damit die Obergeschosse der Häuser zugänglich werden. Das Resultat war, dass eben genau dies nicht möglich war; der Wohnraum verfiel. Diese Entwicklung wurde noch dadurch verstärkt, dass die alten Blockzuschnitte und die Bebauung nicht für diesen enormen Verwertungsdruck konzipiert waren, und dass sich im Innern ein dichtes und in unterschiedlichen Höhen zusammengebackenes Konvolut der Erdgeschossbebauung aus Läden, Werkstätten und Nebenräumen gebildet hatte. Die Grundstücksfläche ist vollständig überbaut.
Vor zehn Jahren haben sich deswegen, unterstützt durch das städtische Förderprogramm »Wohnen über Geschäften« (Wonen boven bedrijfen) Mitarbeiter des Büros Rappange unter der Leitung von Kees Doornenbal darangemacht, darüber nachzudenken, wie diesem misslichen Zustand abgeholfen werden könne. Die Lösung, die in einer Machbarkeitsstudie vorgeschlagen wurde, ging davon aus, dass die neue Erschließung nicht von der Kalverstraat, sondern durch einen, oder wegen der Brandschutzvorschriften besser zwei Eingänge, aus den Seitenstraßen zu erfolgen habe, um dann über die Dächer der Innenhofbebauung die Häuser erst vom ersten Obergeschoss aus zu erschließen. Die unterschiedlichen Höhen der Innenhofbebauung sollten mit Treppen, Brücken oder Rampen überbrückt und angeglichen werden. Doch diese sinnfällige Entwurfslösung kann erst umgesetzt werden, wenn alle Eigentümer und Nutzer mit einbezogen werden, sich mit der vorgeschlagenen Lösung einverstanden erklären, wenn die Dächer der Hinterhofbebauung nachgerüstet werden, um die neuen Lasten zu tragen, wenn Fragen des Wegerechts einvernehmlich geklärt und rechtlich verankert werden können. Ein langer Weg; zehn Jahre hat es letztlich fast gedauert, bis der erste Prototyp dieser neuen Erschließung an der Artistraat realisiert werden konnte. Der hat noch mit einem Mangel zu kämpfen, der in seiner Eigenschaft als Prototyp begründet liegt: Da es nur einen Zugang, nämlich den von Spui her gibt, ist die Anzahl der Wohnungen (16 insgesamt), die von hier aus erschlossen werden dürfen, aus feuerpolizeilichen Gründen beschränkt.
Trotzdem war dieses erste Projekt enorm wichtig, denn es zeigt viel anschaulicher, als es alle Überredungskünste vermögen, das Potenzial und den Gewinn, den man mit diesem Konzept erzielen kann. Denn mit dieser neuen Erschließung erhält man mehr als nur einen neuen Wohnungszugang. Mit einer inneren, ruhigen Straße ergeben sich gleichzeitig Freiflächen, die durch die Versatze intime Nischen, Hauseingänge, Vorplätze und kleine Terrassen bieten – bei aller Toleranz, die diese Dichte den Bewohnern abverlangt. Diese Qualitäten sind bei dem zweiten Projekt, bei dem es tatsächlich auch gelang, von zwei Seiten den Zugang zu ermöglichen, noch weitaus offensichtlicher: Zwischen Amstel und Amstelstraat werden nach dem Prinzip der Artistraat weitere Wohnungen erschlossen und gut zu nutzende Freiflächen angeboten. Damit wird das Konzept natürlich noch überzeugender, und wird darum wohl auch nicht das letzte bleiben.
ch


Projekt Artistraat Projektinitiatoren: Dienst Binnenstad Amsterdam, Sektor Bauen, Wohnen und Ökonomie, Hauptabteilung Projektentwicklung; N. V. Stadsgoed; Maatschapij Arti et Amicitiae
Architekten: Rappange & Partners Architecten B. V., Amsterdam, Kees Doornenbal, Bert Wever (Projektarchitekt)
Beratendes Ingenieurbüro: Evers Partners B. V., IJmuiden
Bauunternehmer: Aannemingsmij Konst & van Polen B. V. Horn
Haustechnik: Technisch Buro Klomp B. V., Amsterdam Baubeginn: 1997
Tags
Aktuelles Heft
Titelbild db deutsche bauzeitung 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
MeistgelesenNeueste Artikel

Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de