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Besetzung der Dondorf-Druckerei beendet - Historisches Gebäude soll Neubau weichen

Historisches Gebäude soll Neubau weichen
Besetzung der Dondorf-Druckerei beendet

Besetzung der Dondorf-Druckerei beendet
Aktivisten fordern ein Abrissmoratorium für die Dondorf-Druckerei in Frankfurt-Bockenheim. Foto: Initiative Dondorf-Druckerei

Sie ist eines der letzten Denkmäler der Industriegeschichte in Frankfurt-Bockenheim: die 1890 erbaute Dondorf’sche Druckerei. Nun soll die ehemalige Fabrik der jüdischen Unternehmerfamilie Dondorf abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Die Initiative Dondorf-Druckerei forderte ein Abrissmoratorium für das markante Backsteingebäude. Die Besetzung durch Aktivistinnen und Aktivisten wurde inzwischen beendet. Zwei Statements. 

Statement der Architects for Future 

Am Mittwoch, dem 12. Juli 2023 erfuhren wir von der stattfindenden Räumung der besetzten Dondorf-Druckerei. Das Gebäude soll für einen Neubau des Max-Planck-Instituts abgerissen werden.

Als Architects for Future haben wir dargelegt, dass schon der Bestand einem CO2-Ausstoß von 1,2 Mio. kg gleichzusetzen ist. Der geplante Neubau würde, aufgrund der erheblich intensiveren Verwendung von Beton und Zement, demgegenüber noch maßgeblich höhere Emissionen verursachen. Der Bauherr, das Max-Planck-Institut, hat dennoch bislang keinerlei eigene Berechnungen zur Grauen Energie und Nachhaltigkeit seines Vorhabens erstellen lassen. 

Mit der Besetzung waren zahlreiche Forderungen gestellt worden, für die wir uns auch als Architects for Future einsetzen. Wir nahmen in den vergangenen Wochen aktiv am Austausch mit allen teil, die den Abriss des Gebäudes beabsichtigen – oder ihn ebenfalls verhindern wollen. Gemeinsam mit Initiativen, die den Erhalt des 130 Jahre alten Baus aus zeit- und kulturgeschichtlichen sowie sozialen und ästhetischen Gründen fordern, haben wir wiederholt die Bedeutung eines Abrisses und anschließenden Neubaus für die mit dem Vorhaben verbundenen CO2-Emissionen erläutert. 

Wissenschaftler*innen mahnen fortwährend die Relevanz jedes einzelnen nicht emittierten Kilogramms CO2 an. Das Bauwesen hat hingegen mit ca. 40 Prozent erheblichen Anteil an diesem Ausstoß. Auch den enormen Ressourcenverbrauch und das riesige Abfallaufkommen gilt es durch einen Abriss-Stopp zu minimieren. 

Hier braucht es ein grundlegendes Umdenken. Die Forderung »Bauwende jetzt!« ist daher für uns zentral. Wir stehen deshalb uneingeschränkt hinter der Forderung der Besetzenden nach einem Abrissmoratorium für das Gebäude. Dieses soll die sorgfältige Betrachtung aller mit einem etwaigen Abriss verbundenen Aspekte und den klima- sowie ressourcenschützenden Potenzialen eines Gebäudeerhalts ermöglichen. 

Als A4F haben wir bereits 2021 einen Vorschlag für eine UMbauordnung vorgelegt, der von der Bundesarchitektenkammer und dem Bund Deutscher Architekten unterstützt wird. Dem öffentlichen Bauherren sowie dem Land Hessen als Grundstückseigentümer der Druckerei Dondorf haben wir konkret vorgeschlagen, diesen Entwurf einer UMbauordnung pilothaft bei der Baumaßnahme anzuwenden. Hierdurch könnten rein formal zu erfüllende Neubau-Anforderungen, die durch den Altbau naturgemäß nicht leistbar sind, vermieden werden. Damit könnte der öffentliche Bauherr seiner Vorbildfunktion gerecht werden und mutmaßlich sogar kostensparend auf die Baumaßnahme wirken, die bekanntermaßen von Steuergeldern getragen wird. 

»Es ist bestürzend, dass ein Gebäude, das rund 130 Jahre und zwei Weltkriege überstanden hat, für eines abgerissen werden soll, für das dann fünf Jahre Gewährleistung gelten. Und dafür sollen tausende Tonnen CO2 emittiert werden?« Tim Driedger, Mitglied der A4F Ortsgruppe Frankfurt – Rhein Main.  

Wir bekräftigen daher unsere Forderung für den Umgang mit dem Gebäude der Druckerei Dondorf: 

  1. Abrissmoratorium
  2. Erhalt des Gebäudes
  3. Anwendung der UMbauordnung im Rahmen eines Pilotprojektes

Wir sind erschüttert angesichts des aktuellen Vorgehens des Landes Hessen, der Goethe-Universität und des Max-Planck-Instituts – und der offensichtlichen Indifferenz, die dem Klima- und Ressourcenschutz an dieser Stelle entgegengebracht wird. Die Gruppe Besetzender hat ein hohes Maß an klimapolitischer Haltung gezeigt; die öffentliche Hand hingegen hat durch die abrupte Räumung dem Dialog mit allen teilhabenden Personen und Gruppen einen Schlag ins Gesicht versetzt. 

www.architects4future.de

www.initiative-dondorf-druckerei.de


Statement des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (Auszug)

Als künftiger Nutzer des Geländes unterstützt das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik (MPIEA) die heute von der Goethe-Universität Frankfurt als Besitzerin des Gebäudes veranlasste Räumung der seit dem 24. Juni 2023 von einer Aktivist:innen-Gruppe besetzten ehemaligen Dondorf-Druckerei. Gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) als Bauherrin werden wir uns nun auf die Realisierung des Neubauvorhabens konzentrieren und zugleich den konstruktiven Dialog mit denjenigen fortsetzen, die ihre Anliegen auf demokratische und legale Weise vorbringen.

Als ein Institut, das zu Kunst und Kultur forscht, sehen wir uns in der Verantwortung, die Erinnerung an den Industriestandort Bockenheim, die wechselvolle Geschichte der Druckerei und das Schicksal der jüdischen Familie Dondorf nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern diese am Standort selbst einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wir werden interessierte Gruppen und Personen aus Frankfurt zur Beteiligung an der Konzeption einladen (…).

Auch wenn wir den Abriss des Altbaus bedauern, sind wir zugleich überzeugt, dass ein Neubau mit nach historischem Vorbild rekonstruierten Fassaden im Zusammenspiel mit einem gelungenen, öffentlich zugänglichen Erinnerungs- und Dokumentationskonzept die Erinnerung an die Dondorf-Druckerei und die mit ihr verbundene Geschichte mehr als gewährleistet. Gerade weil uns der ideelle Wert des Gebäudes bewusst ist, haben wir uns dazu entschieden, die Gestaltung des Neubaus sensibel an der Kubatur und dem Erscheinungsbild des ursprünglichen Gebäudes zu orientieren.

Zu dem immer wieder geäußerten Wunsch nach einem Bauvorhaben, das im besonderen Maße Klimaschutzbelange berücksichtigt, möchten wir betonen, dass die MPG bereits seit vielen Jahren dem nachhaltigen Bauen verpflichtet ist und für ihre Institutsgebäude regelmäßig den »Silber-Standard« nach den Kriterien des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) erreicht. Selbstverständlich werden auch beim Neubau des MPIEA alle Maßnahmen mit dem Ziel Klimaschutz, Ressourcenschonung und Gesundheitsschutz so umfangreich wie möglich umgesetzt werden. (…).

Update vom 25. Juli: Nachdem die neue Leitung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) am 23. Juni 2023 ihr Amt angetreten hat, wird sie sich in den nächsten Monaten darauf konzentrieren, das Bauvorhaben für das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik sorgfältig zu analysieren und sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen. Der neue Präsident und der zuständige Vizepräsident werden zu diesem Zweck mit den verantwortlichen und maßgebenden Institutionen auf verschiedenen Ebenen Gespräche führen oder bereits bestehende Gespräche konstruktiv weiterführen. Auf dieser Basis werden die weiteren Entscheidungen zum Neubau des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik getroffen werden.

www.aesthetics.mpg.de


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