100 Jahre Schweizer Design. Museum für Gestaltung Zürich (Hrsg.), 384 S., ca. 600 Abb., Hardcover, 55 Euro, Lars Müller Publishers, Zürich 2014
~Markus Zehentbauer
Gibt es etwas spezifisch Schweizerisches, das sich im Schweizer Design zeigt? Ein »präzises gedankliches Konzept« und die »überzeugende Qualität der Herstellung« haben die Herausgeber Renate Menzi und Arthur Rüegg über ein Jahrhundert hinweg beobachtet. Und auch, dass die Schweizer bis heute »am Qualitätsbegriff der Moderne« festhalten. 100 exemplarische Produkt- und Möbelentwürfe, je zehn für ein Jahrzehnt, haben sie für diesen chronologisch geordneten Katalog ausgewählt, der anlässlich »100 Jahre Schweizer Design«, der ersten Ausstellung des Museums für Gestaltung am neuen Standort im Zürcher Toni-Areal, erschienen ist. Was sich nach einer eher starren, spröden Struktur anhört, erweist sich als äußerst anregend: Die 100 monografischen Texte und 32 Essays von 18 Autoren ergeben eine Fülle von unterschiedlichen Zugängen, Details und Querverweisen. Hier trifft man eben nicht nur auf die allseits bekannten Ikonen, wie Hannes Meyers Co-op Interieur (1926), den Landi-Stuhl (1939), Max Bills Möbelgruppe für die Wohnbedarf AG (1949/50) oder die transparente Swatch-Armbanduhr Jelly Fish (1985). Man erfährt z. B. etwas über die besondere Rolle des Aluminiums, auf dessen energiefressende Produktion sich die reichlich mit Strom versorgte Schweiz früh spezialisierte. Es geht um die Geschichte des europaweit ersten Kunststoffschalenstuhls, den Willy Guhl Ende der 40er Jahre entwickelte, zeitgleich mit Charles und Ray Eames, der aber bald in Vergessenheit geriet. Oder um die Paketmöbel aus den Notzeiten der 40er Jahre, deren Mobilität und Variabilität heute wieder zeitgemäß erscheinen. Ganze Zimmereinrichtungen samt Matratzen und Aluminiumgeschirr wurden damals in Einzelteilen in einer Holzkiste verstaut, um sie möglichst effizient in Eisenbahnwagen verschicken zu können. Gestaltet wurde dieser vorzügliche Katalog ebenso wie der gleichzeitig erschienene mit dem Titel »100 Jahre Schweizer Grafik« übrigens vom Zürcher Büro Norm – in einer kristallklaren, typisch schweizerischen Form.
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