Armut und Ausgrenzung. Herausgegeben von Hartmut Häußermann, Martin Kronauer und Walter Siebel. 350 Seiten. Format 11 x 17,5 cm, mit wenigen Grafiken, Broschur, 13 Euro, 23,90 sFr.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2004
»Neue städtische Armut« nennen die Soziologen das Phänomen, das spätestens seit den neunziger Jahren auch in Deutschland sichtbar wird: Arbeitslosigkeit, Migration, löchrige soziale Netze, größere Mobilität und demzufolge Entmischung lassen vor allem in den Städten Probleme entstehen, welche die herkömmliche Politik kaum mehr erreicht. Diese Ghettoisierung ist in den USA, in England, Frankreich und den Niederlanden bereits länger bekannt, doch trägt sie dort – wie dieses Buch nachweist – unterschiedliche Züge.
In den USA gibt es seit langem Bestrebungen, die Menschen der unteren Schicht als überflüssige Elemente aus der Gesellschaft auszugrenzen. Armut wird als selbst verschuldet und nicht therapierbar dargestellt, die Rasse als rigides Ausgrenzungsmerkmal benutzt. In Frankreich sind die Brennpunkte in der Banlieue weit weniger homogen und zudem Ziel bürokratischer Fürsorge. England hat durch die Privatisierung von Sozialwohnungen die Konflikte verschärft – ein Effekt, der auch hier einzutreten droht.
Am Beispiel Berlins belegen die Autoren, dass die Entmischung in vollem Gange ist, wobei nicht nur die Großwohnsiedlungen, sondern auch gut sanierte Altbauquartiere betroffen sind. Studien in Bremen und Bielefeld untersuchten den Einfluss der Quartiere auf die Verfestigung von Armut. Die Rolle des Wohnumfeldes wird als eminent wichtig erachtet. Selbsthilfe solle vor allem hier ansetzen. Durch sie könne wieder Selbstvertrauen wachsen. Die Autoren haben mit ihren den Horizont öffnenden, leider längst nicht immer gut lesbaren Beiträgen den Finger in die Wunde einer Besorgnis erregenden Entwicklung gelegt. Christoph Gunßer
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