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Do it with an architect

Diskurs
Do it with an architect

Es geht nicht um gut oder böse, nicht darum, ob Projekte Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP) ein Allheilmittel oder Totengräber öffentlicher Baukul-

~Christian Holl

tur sind. »Wir lehnen ÖPP-Projekte nicht ab. Dass sie auch hohe architektonisch-funktionale Qualität erreichen können, zeigen zum Beispiel die Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin und die Duale Hochschule in Heidenheim.« So zitiert die Bundesarchitektenkammer Hans-Peter Achatzi, der eine Untersuchung über die »Sicherstellung architektonischer Qualität bei Projekten öffentlich-privater Partnerschaft« leitete.
In Auftrag gegeben hatte die Studie das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVBS. Der darüber erschienene Bericht »Architekturqualität für ÖPP« macht aber deutlich, dass ÖPP an sich eben keine Qualität garantiert. Die Rollen sind sogar bemerkenswert eindeutig verteilt: Während dem privaten Partner vor allem daran gelegen ist, seinen wirtschaftlichen Erfolg zu sichern und zu optimieren, obliegt es der öffentlichen Hand, für architektonische und funktionale Qualität wie auch für die Rentabilität während des mitunter bis zu 30 Jahre laufenden Vertrags einzustehen.
Der Nutzen von ÖPP bleibt also umstritten. Man wird dennoch auch in Zukunft auf das Modell zurückgreifen. Mit ihm kann die öffentliche Hand trotz klammer Kassen Kapital für Bauaufgaben aktivieren und sicherstellen, dass regelmäßig in den Unterhalt eines Gebäudes investiert wird, da dies in der Regel Teil des ÖPP-Vertrags ist. Ob sich die öffentliche Hand über ÖPP aber tatsächlich wirtschaftliche Vorteile verschaffen kann, wird nach wie vor angezweifelt.
Es ist deswegen kein Zufall, dass die Studie von der Bauindustrie nicht gerade begrüßt wurde. Die Skeptiker hingegen dürfen sich bestätigt fühlen. So heißt es in der Zusammenfassung: »Die oft formulierte Behauptung, die Umsetzung architektonischer Qualität könne dem Privaten überlassen bleiben, entspricht nicht der Realität.« Die Ergebnisse sind erfreulich deutlich für alle, die sich für gute Architektur einsetzen: Je stärker sie im gesamten Verfahren gewichtet wird, je früher sie eingefordert wird, desto besser ist das Ergebnis.
Die Empfehlungen, die aus der Untersuchung abgeleitet wurden – aus insgesamt 92 fertiggestellten Neubauten wurden 17 Fallstudien ausgewählt –, dürften Labsal für die Architektenschaft sein. Sie bestätigen, dass die beste Methode zur Sicherung architektonischer Qualität auch hier in einem vorgeschalteten Wettbewerb liegt; der Entwurfsarchitekt sollte auf jeden Fall eine tragende Rolle spielen. Dringend empfohlen wird außerdem, dass vonseiten der öffentlichen Hand ein durchsetzungsfähiges Steuerungsteam eingesetzt wird, dem ein Architekt angehört. Dieses Team sollte von der ersten Projektidee bis zur Inbetriebnahme tätig sein, sollte souverän agieren können, von Verwaltung und Politik gestützt werden, kurz: Die Kommunen müssen den privaten Partnern selbstbewusst gegenübertreten können. Die Forscher empfehlen zudem, die Standards architektonischer Qualität als Teil der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu etablieren, denn ein Effizienzvorteil eines ÖPP-Verfahrens lässt sich eigentlich nur als Aufwand in Relation zur Qualität bestimmen. Damit diese Empfehlungen umgesetzt werden können, müssen weitere Schritte unternommen werden, v. a. auf juristischem Gebiet. So verlangen die Vertragsbestimmungen oftmals Geheimhaltung – und verhindern damit, dass Öffentlichkeit und Politik informiert und beteiligt werden. Das darf nicht so bleiben.
Zudem führt die Furcht vor juristisch anfechtbaren Entscheidungen oft dazu, dass die weichen Faktoren gar nicht erst in das Verfahren aufgenommen werden – mit einem entsprechenden Ergebnis am Ende. »Zur Formulierung und Gewichtung der ‚weichen Kriterien‘ wie Wirkung, Anmutung, aber auch teilweise Funktionalität und Bauqualität ist ein Leitfaden erforderlich, um weitverbreitete Unsicherheiten in der Formulierung und Bewertung von Qualitätsanforderungen zu mindern. Dazu gehören auch klare Empfehlungen, wie die Einhaltung dieser Kriterien fachlich und rechtlich sicher beurteilt werden kann«, heißt es in der Studie.
Einen solchen Leitfaden mit entsprechenden Empfehlungen gibt es bislang nicht. Der ist, ganz gleich, ob man ÖPP-Projekte als Modell der Zukunft ansieht oder nicht, sowieso dringend erforderlich, denn auch in anderen Verfahren trifft man auf vergleichbare Probleme. Einen solchen Leitfaden, etwa auf der Basis eines einheitlichen Bewertungssystems für architektonische Qualität zu erarbeiten, könnte sich nun das BMVBS aufgerufen fühlen. Als Handbuch könnte er für verschiedene Verfahren und Projektentwicklungstypen die Möglichkeiten benennen, architektonische Qualität einzufordern und sie angemessen gegenüber anderen Kriterien zu gewichten; das gilt von den Zulassungskriterien von Architekten bei VOF-Verfahren, über Vergaberichtlinien für städtische Gesellschaften bis hin zu Formulierungsvorschlägen in Vertragswerken. Zudem hat es das BMVBS auch leichter, selbst die Punkte zu benennen, die gesetzlicher Änderungen bedürfen. Als Bauherr ist der Bund durchaus vorbildlich, mit der Stiftung Baukultur unterstützt er den Diskurs über die gebaute Umwelt. Mit Empfehlungen zu Verfahrensfragen würde das BMVBS die Baukultur darüber hinaus konkret und praktisch, kurz: wesentlich unterstützen.
Der Autor ist freier Architekturkritiker und Partner von frei04 publizistik, Stuttgart.
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