Schwellen, also Übergangsbereiche in Gebäuden aber auch im öffentlichen Raum, sind überaus vielschichtig. »Wer sie passiert, hält kurz inne und wird sich wie bei einem Ritual seiner Körperlichkeit bewusst.« Das zumindest haben die vier Autorinnen und Autoren des denkwürdigen kleinen Buchs A History of Thresholds vielfach beobachtet. Alle vier im interdisziplinär arbeitenden Pariser Architekturbüro »Sensual City Studio« erfolgreich tätig haben sich das »Raumerleben« zu ihrem Anliegen gemacht. Und mit diesem liegt es ihrer Meinung nach derzeit im Argen.
Zunächst wird der Leser anhand aussagekräftiger, oft assoziativer Bildbeispiele und Zitate in die Geschichte von Schwellenräumen eingeführt: Auf der griechischen Agora z. B. waren Öffentlichkeit und Privates nicht so strikt voneinander getrennt, wie es später unter dem Einfluss des Christentums, das die Innerlichkeit kultivierte, der Fall war. In den stetig differenzierter (und dichter) werdenden Städten wurden Wohnräume zunehmend rigider von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Seit dem 19. Jahrhundert schließlich hat das Private oberste Priorität. Heutige Energiespar-Standards tun ein Übriges, um Gebäude vollends gegen die Umwelt abzukapseln.
Da bei modernen Gebäuden, so die Autoren, Schwellen kaum Beachtung fänden, könnten so nur banale Räume ohne jegliche Spannung entstehen. Damit jedoch würden auch der Stadt wahrnehmbare räumliche Hierarchien, die sie letztlich erst lesbar machten, fehlen.
Um wieder lebendige, verständliche Raumfolgen zu verwirklichen, konzentriert sich das Sensual City Studio bei seinen Arbeiten auf die Atmosphäre und Zeitlichkeit städtischer Räume. Eine simple Skizze auf dem Buchumschlag veranschaulicht dies auf Beste. Und tatsächlich geht es darum, körperliche Erfahrung wieder bewusst zu inszenieren. Vielleicht helfen dabei ja die die sieben grafischen »Chroniken« am Ende des Büchleins. Auf jeden Fall weckt der geistreiche Bildessay Lust, die historische Tiefe des Phänomens Schwelle neu für die eigene »Arbeit am Raum« zu entdecken.