Untersuchungen zu architektonischen und städtebaulichen Wirkungen ausgewählter zeitgenössischer Archtek-turen. Von Beate Niemann. 183 Seiten mit zahlreichen Abb., Broschur, 24,90 Euro. Universitätsverlag der TU Berlin 2009
~Dagmar Ruhnau
Die »ausgewählten zeitgenössischen Architekturen«, die hier vorgestellt werden, sind genau vier: das Aronoff Center in Cincinnati von Peter Eisenman (1988-93), die Bibliothek auf dem Sorbonne-Campus in Jussieu von OMA (1993, nicht realisiert), das Guggenheim-Museum in Bilbao von Frank Gehry (1992-97) und die Architekturfakultät für die Universität Venedig von UN Studio (1998, nicht realisiert). Allen vier Projekten spricht die Autorin eine enorme »Strahlkraft« zu, die über ihre formale Ungewöhnlichkeit hinausgehe und die sich auch Normalsterblichen mitteile, weswegen die Bauten mittlerweile zu Wahrzeichen ihrer Standorte, ja sogar ganzer Regionen geworden seien. Dass sie zur Hälfte Projekte ausgewählt hat, die nicht realisiert wurden, begründet die Autorin mit einer »nicht hinreichenden Dokumentierung« von Bauten etwa der Büros Coop Himmelb(l)au oder Zaha Hadid. Möglicherweise ist sie auch der Ansicht, dass deren Bauten die »Disziplin« nicht »weiterentwickelt« haben, was den ausgewählten Projekten in der Einführung attestiert wird.
Jedem der Aspekte Haptik, Raum, Semantik und städtebauliche Wirkung widmet die Autorin ein eigenes Kapitel, in dem sie die vier Projekte jeweils einer genauen, aber eher kurz geratenen Untersuchung unterzieht. Eingeleitet werden die Kapitel dagegen mit ausführlichen Exkursen in die Geschichte und Theorie des jeweiligen Aspekts – mit dem Effekt, dass die Projekte, die auf den ersten Blick so einzigartig wirken, plötzlich in einem weit zurückreichenden historischen und theoretischen Kontext stehen. So stellt die Autorin fest, dass schon der Städtebau der Renaissance sehr wohl autarke Einzelbauten integrieren konnte, oder dass die Architektur des Barock ebenso bewusst »antirational« war wie etwa die bei-den realisierten Beispiele im Buch – und schlägt den Bogen weiter bis hin zu den entsprechenden Theorien und Diskussionen des 20. Jahrhunderts.
Damit leistet die Publikation einen grundlegenden Beitrag zur Einordnung bekannter »Aufreger«, der sich als solcher gut als Einstieg zum Thema zeitgenössische Architektur eignet – wäre da nicht die Sprache, die die spannenden Botschaften unter umständlichen Formulierungen begräbt.
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