Die Baukunst von Carl Krayl. Von Gabriele Köster u. Michael Stöneberg (Hrsg.), 216 S. mit 272 Abb., Hardcover, 39,90 Euro, Deutscher Kunstverlag, Berlin 2016
~Hartmut Möller
Selbst in Fachkreisen ist Carl Krayl (1890-1947) nur mäßig bekannt. In jüngerer Zeit jedoch erfährt sein Werk zunehmend Aufmerksamkeit, u. a. durch eine gerade gezeigte Retrospektive. Als deren Begleitkatalog diente der vorliegende Titel, der darüber hinaus aber ebenso wunderbar als erste Monografie dieses wichtigen Vertreters des »Neuen Bauens« funktioniert. Der in Süddeutschland geborene und dort als Architekt ausgebildete Krayl kommt 1919 über die Künstlergemeinschaft »Gläserne Kette« mit deren Initiator Bruno Taut in engen Kontakt. Nachdem dieser von 1921-24 Stadtbaurat Magdeburgs ist, übernimmt Krayl infolgedessen dort die Leitung des Entwurfsbüros im Hochbauamt. Fortan ist er (obgleich stets im Schatten seines Mentors) maßgeblich an der Metamorphose der Stadt, die sich neu erfinden will, beteiligt. Expressionistische Entwürfe und bunte Fassadengestaltungen charakterisieren seine Arbeit zu dieser Zeit. Später schließt sich Krayl der Architektenvereinigung »Der Ring« an und wendet sich der Sachlichkeit zu, deren Ambitionen allerdings 1933 mit Übernahme der Nationalsozialisten ein jähes Ende finden.
Lesenswerte Beiträge von Ute Maasberg, Wolfgang Pehnt und Regina Prinz erläutern im ersten Drittel der Publikation die Vita des Baumeisters, seinen zeitgenössischen Hintergrund und den Wunsch eines baulich manifestierten Imagewandels der Elbestadt. Im hinteren Teil werden dann ausgewählte Projekte und Gebäude (darunter Hochhausentwürfe, das eigene Wohnhaus, Genossenschafts-, Verwaltungs- und Gewerkschaftsbauten, Pavillons, Denkmale sowie diverse Siedlungsanlagen) anhand von Kurztexten, Skizzen, Plänen, Modellen, historischen und aktuellen Fotos opulent dokumentiert. Erstaunlicherweise ist bis heute ein erheblicher Teil des kraylschen Œuvres erhalten geblieben und ein Besuch der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts samt Spurensuche somit sicher lohnenswert. Biografie und Werksverzeichnis runden die Veröffentlichung ab. Ihr großer Verdienst ist die nachwirkende Präsentation eines Baumeisters der zweiten Reihe, der – neben markanten Persönlichkeiten wie Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe oder Erich Mendelsohn – den Geist der Moderne erheblich geprägt hat.
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