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wirb oder stirb

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wirb oder stirb

~Nikolaus Bernau

Selten hat es in Berlin solche Einmut gegeben über ein Neubauprojekt wie jene über die Shopping-Mall Alexa: »Rosa Riese«, »Bunker«, »schauderhaft«, »geschmacklos«, die mieseste Architektur des Jahres. Kürzlich wurde die Alexa neben dem Alexanderplatz eröffnet. Neben, nicht am. Eine breite Straße trennt den Bau, der aufgrund eines Wettbewerbsentwurfs von 2003 des Wien-Berliner Büros Ortner & Ortner durch den portugiesischen Mall-Architekten José Manuel Quintela entwickelt wurde, vom Platz. Alexa muss also ihr Publikum vom Alexanderplatz abziehen und festhalten. Deswegen die weiten Innenhallen, die lichtdurchflutet sind und mit Balkonen, Galerien, Gängen, goldgefärbten Wandverkleidungen à la tschechischem Kubismus der dreißiger Jahre, Gitterchen und Deckengemälden à la amerikanischem Konsum-Art-Deco und im Kontrast dazu mit wirklich herrlich bunten, verspielten Fußbodenmustern die Besucher empfangen. Erklärlich wird so auch die Außengestaltung. Die altrosa Farbe nämlich, in welcher die Betonplatten des Äußeren getaucht wurden, poppt gut zwischen all den grauen, graugelben und hellblauen Tönen, die sonst den Alexanderplatz beherrschen. Auch die sich überschneidenden Rundbogen aus Fertigteilen mit breit klaffenden Fugen zur Stadtbahntrasse, plisseeartig gewellten Betonplatten in den Obergeschossen und gigantesken Konsolen an dem bunkerartig quadratischen Hauptbau zur Gruner Straße erhalten so einen Sinn: Wirb oder stirb. Dass die gegenüber Wohnenden einen Augenstich und die Stadt an dieser Stelle einen kräftigen Anstrich von den schlechteren, also ironie- und humorfreien Ecken von Las Vegas bekommen, muss die Händler nicht kümmern. Dabei ist das eigentlich Depremierende dieser Anlage: Sie ist tiefernst gemeint, behauptet sogar, sich auf Berliner Traditionen zu berufen. Welch ein Unsinn. Der Alexanderplatz war immer ein Ort der kleinen Leute, nie des Luxuskonsums, und die Art-Deco-Formen sind nicht nur von dem Büro RTKL aus Baltimore entworfen, sie entstammen auch nur dem amerikanischen Formengedächtnis. Berlinisch an dieser Anlage ist allenfalls die freche Behauptung des Größten (ist Alexa nicht, die Gropius-Passagen sind größer) und einer Tradition, die es so nicht gibt. Die Kunden, gelangweilt von all der edlen Noblesse der jüngeren Berliner Architektur, stört diese Vulgarität nicht, die Alexa wird regelrecht gestürmt.
Anmerkung der Redaktion: Stünde die Alexa übrigens in Großbritannien, hätte sie gute Chancen auf den so genannten Carbuncle Award, die Auszeichnung für die größte architektonische Scheußlichkeit, die diesen Monat zeitgleich mit dem RIBA Award verliehen wird, der seinerseits erstklassige Architektur ehrt.
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