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Frank Gehry wird achtzig

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Frank Gehry wird achtzig

~Aaron Betsky

Es sind nicht die runden Formen. Es sind nicht die Titanverkleidungen. Es ist auch nicht das pure Glück, ein Gebäude entworfen zu haben, das mittlerweile ein Symbol dafür ist, wie Architektur einen Ort transformieren kann. Es ist der Fisch. Er ist das Wichtige am Werk von Frank O. Gehry, der am 28. Februar achtzig Jahre alt wird. Der Fisch ist das nicht fassbare Element im Kern seiner Architektur. Er ist ein Emblem der Perfektion. Er ist etwas sehr Persönliches, und er verknüpft Gehrys Werk mit der Vorstellung, der Architekt sei nicht länger erschaffender Held, sondern aufmerksamer Beobachter und Kommentator der Gesellschaft, in der er lebt, einer, der versucht, ihren Widersprüchen und Fesseln einen Augenblick komplexer Schönheit zu entringen.
Üblicherweise assoziieren wir Gehrys Werk mit (klassisch-)modernem Barock, einer Explosion von Formen, die sowohl vernachlässigte, heruntergekommene Städte als auch exhibitionistische Milliardäre für ihre Ambitionen nutzen. Natürlich hat Gehry, wie alle in der Branche, während der letzten Jahre seine vollkommensten Bauten im Dienst solcher Bauherren realisiert. Ursprung und Ehrgeiz seines Werks liegen jedoch an einer ganz anderen Stelle. Frank Gehrys erster und vielleicht größter Beitrag zur modernen Architektur war, sie zu entkleiden. Indem er Architektur auf ihre Skelettkonstruktion zurückführte, auf Drahtzäune zur Markierung des Grundstücks und auf bloßes Sperrholz, konnte er den Traum der klassischen Moderne wahr werden lassen und eine von Technik geformte Landschaft entdecken und artikulieren. Statt moderne Formen in ein fernes Utopia zu verweisen, baute er sie hier und jetzt.
Damit versuchte er, Architektur aus der Begrenztheit der gegenwärtigen Baupraxis und den sozialen und wirtschaftlichen Strukturen, die sie repräsentiert, zu befreien. Er fand den Weg aus der Sklaverei von Funktionalität und Effizienz über das, was wir Kunst nennen. Indem er Formen so choreografierte, dass sie sich in Pirouetten vom Alltäglichen hin zu einem ganz anderen Ort bewegten, wies er über das Bekannte hinaus. Er erforschte sein eigenes Unbewusstes (in dem der Fisch eine spezielle Rolle spielte) und auf welche Weise wir die menschliche Form und ihren Wirkungsbereich in steinerne Schablonen unseres Daseins übersetzt haben. Beispiele fand er in mittelalterlichen Holzschnitzereien und in den fast leeren Leinwänden eines Robert Ryman, in Berninis Altar und in geblähten Segeln.
Was ihn letztendlich befreite, war der Computer. Computerisierte Zeichnungen und Produktionsmethoden erlaubten ihm, seine Fantasien zu bauen, ohne ihre Ausführung an die übliche Baupraxis anpassen zu müssen. Er sagte, sie hätten ihn von der infantilen Abhängigkeit von Bauunternehmern, Statikern und Bauherren befreit. So kam es zu dem Feuerwerk der Formen, für das er so berühmt geworden ist. Diese großartigen Spätwerke sind wahre Schönheiten. Was sie aber so bemerkenswert macht, ist die Art und Weise, wie sie die Architektur als Befreierin der menschlichen Vorstellungskraft feiern. Sie sind gebaute Bekräftigungen des Glaubens an die Fähigkeit der Architektur, Orte in traumhafte Räume zu verwandeln. Auch mit achtzig baut Frank Gehry noch immer an seinem Fisch.
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