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Cosmic Communist Constructions Photographed

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Cosmic Communist Constructions Photographed

Von Frédéric Chaubin. 312 Seiten, Hardcover, 39,99 Euro, Deut./Engl./Franz., Taschen Verlag, Köln 2011

~Bärbel Högner

Einem Wabenmuster gleichend thront die Anordnung der Appartements des Erholungsheims Druschba in Jalta über vier Stockwerke auf drei gigantischen Stützpfeilern. Das wuchtige, aus einer begrünten Anhöhe ragende Ensemble von kreisförmiger Anordnung gab einst Anlass zu Spekulationen: Als der Bau in den 80er Jahren in der Ukraine entstand, glaubten die Türkei und das Pentagon, eine Raketenabschussrampe würde errichtet. Das Titelbild von Frédéric Chaubins Buch über die späte Moderne der UdSSR zeigt den bizarr anmutenden Bau mit Blick auf die Lage am Schwarzen Meer. Zwar integrierte der Architekt Igor Wasilewski ein Meerwasserschwimmbecken als Hallenbad im Unterbau, doch scheinen die Urlauber das Sonnenbad am Strand zu bevorzugen.
Die Spurensuche zu Chaubins Langzeitstudie über Bauten aus der Sowjetunion jenseits staatlich verordneter Bauprogramme begann 2003, als sich der Publizist in Tiflis aufhielt. Vor Ort erkundete er zwei kurios anmutende Gebäude, die er in einer Publikation über die Architektur des sowjetischen Georgiens entdeckt hatte. Rückblickend spricht er von einem »Forschungsfeld«, das sich mit Besichtigung der Fundstücke auftat: eine »vierte Epoche« der sowjetischen Moderne. Nach den radikalen Ansätzen der Avant-Garde, einer Phase des Neoklassizismus unter Stalin und schmucklosen Wiederaufbauprogrammen konstatiert Chaubin eine »Ästhetik außerhalb der Norm«, die sich in den 70er und 80er Jahren herausbildete. Der detailreiche, großformatige Bildband über die extravaganten Bauten ist eine Hommage an die zumeist unbekannten Architekten, die vorwiegend an der Peripherie der UdSSR imposante Gebäude realisieren konnten. Ob ihnen bei der Umsetzung der wagemutigen Entwürfe die Trägheit des vom Untergang bedrohten Sowjetapparats behilflich war oder von staatlicher Seite gar Impulse zur Auffrischung der landesweiten architektonischen Monotonie gewünscht wurden, bleibt eine offene Frage.
Dem Ziel einer Inventarisierung der kühnen Bauten kommt die Einteilung des Bildbands entgegen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hat Chaubin fünf Bildgruppen zusammengestellt, deren Typologie der Nutzung der Gebäude folgt: kulturelle und technische Institutionen, Sport- und Freizeitanlagen wie auch Orte für rituelle Zeremonien. Wenngleich es dem Fotografen um die Dokumentation stilistischer Vielfalt ging, analysiert er in seiner auf intensiven Recherchen basierenden Einleitung die Gemeinsamkeiten der expressiven Sonderlinge. Die Wiederentdeckung der gebogenen Linie in Abkehr vom Diktat des rechten Winkels ist hierbei ein formaler Aspekt, der half, die in jenen Jahren kursierende Imagination vom Raumfahrtzeitalter in Architektur umzusetzen. Darüber hinaus eint der Rückgriff auf lokale Bautraditionen die Unikate. So gleicht das 1970 erdbebensicher gebaute Kino »Panorama« in Taschkent einer in Beton gegossenen Jurte und strahlt zugleich die geheimnisvolle Aura einer Raumstation aus. Und der 1988 in Minsk errichtete Ausstellungspavillon spiegelt nicht nur die Ästhetik nordischer Strenge wider, sondern repräsentiert eines jener von der Kosmonautik inspirierten Gebäude, die an fliegende Untertassen erinnern.
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