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Rudolf Steiner (Wolfsburg)

Ausstellungen
Rudolf Steiner (Wolfsburg)

~Olaf Krüger

Mit dem Namen Rudolf Steiner werden heute vor allem die Waldorf-Schulen mit ihrer anthroposophischen Pädagogik in Verbindung gebracht, deren Begründer Steiner war. Seine Urheberschaft für biologisch-dynamische Landwirtschaft, Biokosmetik oder anthroposophische Medizin ist dagegen weit weniger präsent. Ebenso verhält es sich mit seinem Einfluss auf Architekten, Designer und Künstler des 20. Jh. und bis in die Gegenwart.
Die vom Vitra Design Museum kuratierte Ausstellung »Rudolf Steiner – Die Alchemie des Alltags«, die derzeit im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen ist, setzt sich mit dem Leben und Schaffen des Philosophen, Denkers und Künstlers auseinander, der sicherlich zu den einflussreichsten und zugleich umstrittensten Reformern zählt. Parallel zur Schau des Vitra Design Museums zeigt das Kunstmuseum Wolfsburg auch eine, gemeinsam mit dem Kunstmuseum Stuttgart erarbeitete zweite Ausstellung, die sich mit Steiners Einfluss auf die Kunst der Gegenwart befasst.
Der Kurator des Vitra Design Museums Mateo Kries hat die Ausstellung in drei Hauptbereiche gegliedert und führt unter dem Titel »Kontext« zunächst in den Gedankenkosmos Steiners ein. Dabei wird deutlich, dass sein künstlerisches Werk vom Jugendstil ebenso geprägt ist wie vom Kubismus und Expressionismus. Neben zahlreichen Originaldokumenten wie handschriftlichen Aufzeichnungen, Skizzen, Fotos, Büchern, Broschüren und Zeitschriften zeigt die Ausstellung in dieser Rubrik auch Möbel- und Architekturentwürfe von Frank Lloyd Wright, Henry van de Velde, Vlastislav Hofman und Adolf Loos, die in Beziehung zu Steiners eigenen Werken gesetzt werden. »Metamorphosen« heißt der zweite Teil der Ausstellung, der aufzeigt wie Steiner aus diesem Umfeld heraus eine neue, eigene Alltagsästhetik begründete. Beeinflusst von Goethe, mit dessen naturwissenschaftlichem Werk er sich jahrelang befasste, erfand er das Prinzip der Metamorphosenlehre in Architektur und Design, erarbeitete eine eigene Farbenlehre und entwickelte mit der Eurythmie eine neue Bewegungskunst. Zu sehen sind zahlreiche, teils kuriose Möbel, Raumgestaltungen und Architekturentwürfe. Etliche Modelle, Gipsabgüsse und Studien veranschaulichen eindrucksvoll die Entstehung des architektonischen Werks und verdeutlichen die Entwicklung der eigenwilligen organischen und kristallinen Formen. Im Mittelpunkt steht das Goetheanum im schweizerischen Dornach (1924-1928), das wegen seiner Monumentalität aber auch wegen des fast visionären Einsatzes des damals noch wenig verwendeten Baustoffs Beton zu Steiners architektonischem Hauptwerk wurde. Im dritten Teil mit dem Titel »Praxis« zeigt die Ausstellung schließlich wie Steiner aus seinen Reformgedanken konkrete Veränderungen des Alltags ableitete: Zwei polygonale Farbkammern, die er 1913 entworfen hatte, wurden originalgetreu nachgebaut und stellen zweifellos einen Höhepunkt der Schau dar (s. Abb. links). Mit Entwürfen zeitgenössischer Designer, u. a. Ronan und Erwan Bouroullec, Joris Laarman oder Konstantin Grcic verweisen die Ausstellungsmacher auf die Einflüsse der Anthroposophen auf das heutige Design. Leider gehen sie dabei über das Aufzeigen formaler Ähnlichkeiten nur selten hinaus, so dass sich dem Besucher die Zusammenhänge nicht immer vollständig erschließen. Auch ist schade, dass der beim Namen Rudolf Steiner immer mitschwingende Vorwurf, ein Vordenker völkisch-rassistischer Ideen gewesen zu sein, bei der Betrachtung seines Werks in der Ausstellung kaum Berücksichtigung findet.
Lohnend ist der Besuch der Ausstellung aber allemal, da hier Steiners Œuvre erstmals außerhalb des anthroposophischen Umfelds in einer umfassenden Retrospektive vorgestellt wird und sich ein Blick auf die wechselseitigen Zusammenhänge und sich beeinflussenden Strömungen seiner Zeit bietet.
Der Ausstellungsdesigner Dieter Thiel hat der opulenten Fülle an Exponaten einen angemessenen Rahmen gegeben: Podeste, Tische und Installationen greifen die Formensprache Steiners auf und unterstützen die Ausstrahlung der gezeigten Stücke wirkungsvoll ohne sich aufzudrängen. Der Katalog ergänzt auf über 330 Seiten die Ausstellung um interessante Beiträge u. a. von Wolfgang Pehnt, Walter Kugler, Markus Brüderlin und Walter Zumdick.
Bis 3. Oktober. Kunstmuseum Wolfsburg, Hollerplatz 1, Mi-So 11-18, Di bis 20 Uhr, Mo geschlossen, Katalog 74,90 Euro. Ab 5. Februar 2011 ist die Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart zu sehen, ab September 2011 im Vitra Design Museum in Weil am Rhein. www.design-museum.de www.design-museum.de www.design-museum.de
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