Ein Dokumentationszentrum zur national- sozialistischen Vergangenheit Münchens ist nach Jahren der Diskussion beschlossene Sache. Im Dezember gab der Bayerische Finanzminister das Grundstück des ehe- maligen »Braunen Hauses« an der Brienner Straße für diesen Zweck frei. Dort, wo die NSDAP seit Mai 1930 ihre erste repräsentative Adresse im klassizistischen Palais Barlow hatte, soll Aufklärungsarbeit geleistet werden. Aber jetzt schon empfiehlt sich die vom Architekturmuseum der TU München erarbeitete, nüchtern kartierte Bestandsaufnahme all jener Orte, die mit dem Aufstieg der Partei, ihrer Etablierung und ihrem Unrechtssystem in Verbindung standen, anzuschauen. Die dicht hängenden Bild- und Textfahnen erzeugen eine bedrückende Enge. Das »System« betraf die ganze Stadt. Nicht nur die übergroßen Repräsentationsbauten und die zerstörerischen Entwicklungspläne werden gezeigt, auch die arisierten Firmen, wie das Kaufhaus Uhlefelder – heute Stadtmuseum – mahnen. Dass das Palais Pringsheim, das Elternhaus von Katja Mann, dem neuen Verwaltungsbau der NSDAP (heute Zentralinstitut für Kunstgeschichte) weichen musste und dass der Kunstsammler Alfred Pringsheim zum Verkauf seiner Schätze gezwungen wurde, gehört zu den vielen erschütternden Details. Eine Karte führt vor Augen, dass die Stadt von Arbeitslagern durchzogen war und somit der Terror zur Nachbarschaft gehörte. »Wenn die Menschen schweigen, so werden die Steine schreien«, auf diesen Satz Herders beziehen sich Winfried Nerdinger und sein Team. Ihre Ausstellung ist ein engagiertes Plädoyer für den authentischen Ort. Ira Mazzoni
Bis 28. Mai. Pinakothek der Moderne / Architektur- museum, Barer Straße 40, Di–So 10–17 Uhr, Do, Fr 10–20 Uhr, Katalog 24 Euro, www.pinakothek.de
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