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Architektur, sozialer Raum

Jugendzentrum bei Valencia
Architektur, sozialer Raum

In Zusammenarbeit mit den Benutzern hat der Architekt aus dem Programm und dem Ort ein Jugendzentrum als ein differenziertes Gewebe in einem vielschichtigen Verhältnis von Innen und Außen entwickelt. Große Fenster machen die dahinter liegenden Räume zu Orten, die sich der Stadt außen öffnen; gleichzeitig gewährleistet ihr Maßstab und die sie erst zur Wirkung kommen lassende geschlossene Wand, dass dieser Ort den Jugendlichen die Intimität bietet, die sie schützt. In participation with the users, the architect has developed a youth centre from both program and locality as differentiated complex in a multi-layered relationship of interior and exterior spaces. Large windows transform the rooms to areas which open to the town; at the same time the scale and the effective blank wall guarantee that this venue offers young people the privacy which gives them protection.

Text: David Cohn

Fotos: Rosa y Bleda
Dieses Jugendzentrum in Quart de Poblet, einem Arbeitervorort von Valencia, hebt sich von anderen öffentlichen Gebäuden in Spanien dadurch ab, dass es in enger Zusammenarbeit mit den Benutzern entwickelt wurde. Alfredo Payá und sein Team von Ingenieuren und Studenten der Universität Valencia (inzwischen lehrt er an der Universität von Alicante) arbeiteten, nachdem sie den Wettbewerb gewonnen hatten, mit Jesús Martí, dem Leiter des Zentrums, zusammen; und sie beteiligten viele der Gruppen, die das Gebäude später nutzen würden, um ihren ursprünglichen Entwurf zu verfeinern und zu verbessern.
Kontext, Funktion, Raumkonzept Payá selbst weist darauf hin, dass sein Entwurf schon im Wettbewerb auffiel, weil er die Aufgabe weniger als ein formales denn als ein soziales Problem verstand. Die Aufgabe des Jugendzentrums sei es, als Attraktion und als Integrationsmaschine zu wirken, indem es die Menschen geradezu in sich hineinsaugt und verschiedenen Betätigungen zuordnet. Dazu werden räumliche Muster wie Nähe, Transparenz, Flexibilität der Nutzung und kleinmaßstäbliche Funktionselemente benutzt, die die ungeplante, nicht vorhersehbare Interaktion der Benutzer unterstützen sollen. Martí sagt dazu: »Der Raum erzieht. Er bricht traditionelle Verhaltensschemata auf und öffnet den Geist für Neues.«
Payás Gebäude ist eines von fünf Jugendzentren dieser Stadt von nur 27 000 Einwohner. Eines davon ist eine städtische Rock-Bühne – ein Luxus, der durch die reichlich fließenden Steuereinnahmen aus dem prosperierenden Gewerbegürtel der Stadt möglich ist. Der Gründung der Jugendzentren lag laut Martí die Idee zugrunde, ein »gesundes Netz« von Aktivitäten zu schaffen, die eine Alternative zum Weg in die Kriminalität bieten können, ein Netz, das stark genug sein soll, um auch diejenigen aufzufangen, die soziale Probleme haben. Sie wenden sich an junge Menschen im Alter zwischen 18 und 30, die also in dem Alter sind, in dem man sich in Spanien im Allgemeinen vom Elternhaus emanzipiert.
Das Gebäude steht nur zwei Blöcke von der Stadthalle entfernt an einer Straßenkreuzung in einem Wohngebiet der gut erhaltenen historischen Altstadt. Das Grundstück misst lediglich sechs mal vierzig Meter. Payá und sein Team benutzten die lange Rückseite des Gebäudes, um Installationen und Lagerschränke unterzubringen. Die Räume entwickeln sich von dieser Wand her und sind um einen Lichthof gruppiert, sie sind zu unabhängigen Einheiten mit unterschiedlichen Höhen und Breiten zusammengefasst, die scheinbar ohne System aufeinander gestapelt und miteinander kombiniert sind und so eine große räumliche Vielfalt erzeugen. Jede Einheit ist dabei auch haustechnisch unabhängig und mit einer kleinen WC-Anlage ausgestattet und unterscheidet sich von den anderen durch eine eigene Oberflächengestaltung des Bodens und der Rückwand.
Material und Raum Das statische System dieses Raumgewebes wird von tragenden Außenwänden und Bodenplatten bestimmt. Die Wände liegen nicht durchgehend übereinander, aber auch in der Vertikalen variiert Payá: Ein Höhenversatz in einer mittleren Zone erzeugt beispielsweise einen besonders hohen Raum im Austellungsbereich im Untergeschoss und einen entsprechenden Höhenversprung in den darüber liegenden Duschen, der sich bis auf die bepflanzte Dachterrasse fortsetzt und gleichzeitig diagonale Blickbeziehungen im Gebäude eröffnet.
An der Gebäudeecke öffnet sich das Erdgeschoss mit großflächigen Verglasungen zur Straße, diese Öffnung ist der Köder, der die Menschen in das Haus lockt. Hier finden sie die Zeitschriftenbibliothek, aber auch Informationen über die verschiedenen Aktivitäten des Jugendzentrums. Dieser Eingang wurde so entworfen, dass er, wie Martí sagt, »die Leute in das Haus hineinzieht«. Die geringe Größe sowohl dieses Raums als auch der ihn umgebenden Straßen, seine niedrige Decke und die warmen Eichenholz-Oberflächen machen ihn zu einem geschützten, behaglichen und einladenden Teil des städtischen Raums, einem traditionellen Café vergleichbar. Wie das gesamte Gebäude ist er mit leichten Möbeln ausgestattet, die problemlos bewegt und umgestellt werden können. Direkt daneben liegt, hinter einer offenen Veranda mit Clubsesseln, der Haupteingang. Mit Glasschiebetüren kann die Zeitschriftenbibliothek zur Veranda geöffnet werden. In gleicher Weise trennen Glasschiebewände, die über die gesamte Gebäudetiefe laufen, andere Räume voneinander und bereichern das Haus mit dem Blick in den Innenhof.
Die vertikale Erschließung liegt neben der Veranda am Eingang. Die Geländer bestehen aus 15 Millimeter dicken, unbehandelten Stahlplatten, die Stufen aus Holz. Das Treppenhaus schmiegt sich an den Innenhof, aber auch an den Ausstellungsraum und die Duschen (die für Besucher gedacht sind, die von weiter her kommen und in Schlafsäcken im Mehrzweckraum im oberen Geschoss übernachten können). Am Ende des längeren Abschnitts des durch den Innenhof geteilten Hauses liegen Büroräume für Jugendvereinigungen, Verwaltung, eine »Friedens«-Werkstatt …. Der hohe Mehrzweckraum über der Bibliothek mit einer Oberfläche aus unbehandeltem Sperrholz, die die Nutzungsflexibilität unterstreichen soll, hat einen eigenen Empfangsraum, dessen Oberflächen mit Naturgummi belegt sind. Zur Zeit wird er von einer Behinderten-Theatergruppe sowie für Bauchtanzunterricht und ein Dokumentarfilmprogramm genutzt. Im Stockwerk darüber befindet sich ein Computerraum für Unterricht und freies Surfen, der sich zu einer kleinen Dachterrasse mit einer reflektierenden Wasserfläche öffnet.
Die Vielfalt der benutzten Materialien verwirrt den Besucher: gelbes Linoleum in den Büros, der stechend riechende Kork in den Musikräumen im Keller, das offene Metall der Rückwand im Hof, die mit Efeu bepflanzt wurde, dazu Payás Vorliebe für unbehandelten Stahl, Beton, Holz und Aluminium. Im Kontrast dazu sind die Fassaden aus neutralem, schwarzem, afrikanischen Granit, und der einzige Hinweis auf die Vielfalt im Innern sind die wie zufällig verteilten Fenster mit ihren charakteristischen, breiten Holzrahmen, die die Breite der Räume auf der Innenseite markieren und die Dachlandschaft mit Solaranlage und Palisanderbaum nachzeichnen.
Das Jugendzentrum von Quart de Poblet ist ein Meilenstein in der architektonischen Entwicklung von Alfredo Payá, der 1997 mit dem Museum der Universität von Alicante zum ersten Mal sein Interesse an der psychologischen Dimension von Architektur unter Beweis stellte. Während sich das Jugendzentrum im Erdgeschoss zur Straße hin öffnet, ist es in den übrigen Geschossen auf eine listige Weise zum innen liegenden Hof orientiert. Der angenehme Maßstab und die lebhafte Gegenüberstellung von Aktivitäten erinnern an ein Puppenhaus, einen magischen Ort, an dem die Benutzer sich fühlen dürfen, als wären sie Teil einer privilegierten und beschützten Gruppe, »Insider« im Wortsinn. Es ist verblüffend, dass ein Entwurf, der maßgeblich aus einem sozialen Programm heraus entwickelt wurde, einen so beglückenden psychologischen Effekt haben kann. Hier zeigt sich, wie viel die Architektur verloren hat, als sie in den siebziger Jahren den Geist des Team X verwarf und dem Zauber des Formalismus verfiel. D. C.
Übersetzung aus dem Englischen: Maren Harnack
Bauherr: Comunidad de Quart de Poblet Architekt: Alfredo Payá Benedito Mitarbeiter: Raquel del Bello Cobos; Carlos Nieto Cid; Marcus Gallud (Projektsteuerung) Baufirma: Otp. Oficina Técnica de Proyectos y Construcciones, S. L. Tragwerksplanung: Carlos Aracil Haustechnik: Integral y Asociadeos Bauzeit: 2001 – 2003 Geschossfläche: 945 m2
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