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Glastausch vs. Fenstertausch - Neues Glas oder neue Fenster?

Glastausch vs. Fenstertausch
Neues Glas oder neue Fenster?

Der Austausch alter Fenster reduziert merklich die Energiekosten. In manchen Fällen stellt sich aber die Frage, ob es nicht ausreicht, stattdessen nur die Verglasung auszuwechseln, um etwa das originäre Fassadenbild historischer Gebäude zu bewahren. Unter welchen Bedingungen kann der Glastausch erfolgreich sein?

Bei der energetischen Analyse eines Gebäudes durch einen unabhängigen Architekten, Ingenieur oder Energieberater stellt sich oft heraus, dass ein Austausch alter Fenster das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bietet. Alternativ bietet sich auch der Austausch der Verglasung an. Vereinfacht gerechnet, können jährlich für jedes Zehntel, um das der U-Wert eines Fensters verbessert wird, rund 1,2 Liter Heizöl pro Quadratmeter eingespart werden – also bis zu 720 Liter bei einem Haus mit 30 m² Fensterfläche und Fenstern mit einem UW-Wert von 1,0 anstatt 3,0 W/m²K. Auch der Wohnkomfort lässt sich mit neuen Fenstern und Isoliergläsern deutlich steigern, weil die kalten Oberflächen alter Verglasungen und Zugerscheinungen undichter Fenster entfallen. Oft kann nach der Sanierung auch die Raumtemperatur um 2 bis 3 °C gesenkt werden, womit sich der Energieverbrauch pro Grad Temperaturabsenkung um bis zu sechs Prozent reduzieren lässt. Neben dem U-Wert muss aber auch der Gesamt-Energiedurchlassgrad (g-Wert) des Glases beachtet werden, der die maßgebliche Kenngröße für die Solargewinne ist.

Was tauscht man aus: Glas oder Fenster?

Bei der Suche nach der richtigen Lösung stellt sich oft die Frage, ob der Austausch der Verglasung ausreicht oder doch besser das gesamte Fenster ausgetauscht werden soll. Immerhin gab es in den letzten 50 Jahren nicht nur bei den Verglasungen, sondern auch bei den Rahmen große Fortschritte – Glasqualität und Scheibenanzahl haben sich ebenso weiterentwickelt wie Rahmenprofile und Beschlagtechnik (Abb. 06). Für einen Glastausch spricht, dass dieser schneller und einfacher vonstatten geht; zudem bleiben Fassade und Innenputz unberührt. Am besten funktioniert ein Glasaustausch bei Fenstern mit Dichtprofilen (Trockenverglasung), bei denen die Glasleisten einfach gelöst werden können. Für den Fenstertausch hingegen sprechen die besseren Dämmeigenschaften des Rahmens und luftdichte Dichtprofile, mit denen der unerwünschte Luftzug vermieden werden kann. Von Vorteil sind auch neue Beschläge, die leichter bedienbar sind, einen zuverlässigeren Einbruchsschutz bieten und durch verschiedene Fensterstellungen eine nutzerunabhängige Mindestlüftung ermöglichen – wichtig um die Tauwassergefahr zu reduzieren.
Beim Austausch der Fenster können auch Schwachstellen des Baukörperanschlusses behoben werden, beispielsweise Wärmebrücken oder undichte Abdichtungen, wodurch sich das Gesamtsystem „Fenster-Fassade“ deutlich verbessert. Unbestritten jedoch ist die Fenstererneuerung im Bestand mit erheblichen Eingriffen in das vorhandene Gleichgewicht des Gebäudes verbunden. Beispielsweise ergibt sich ein reduzierter nutzerunabhängiger Luftwechsel aufgrund dichterer Fensterkonstruktion und Einbaufugen oder es bedarf eines zusätzlichen Sonnenschutzes, wenn die Fensterfläche vergrößert wird. Deshalb sollte sowohl Planung als auch Montage von qualifizierten Planern und Fachfirmen vorgenommen werden. Wertvolle Hinweise zu dem Thema liefert der vom ift Rosenheim erarbeitete „Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren“ mit vielen Checklisten, Zeichnungen und Erläuterungen.

Bewertungskriterien für den Austausch von Verglasungen

Als erster Schritt muss der U-Wert des Glases Ug abgeschätzt werden, um das energetische Verbesserungspotenzial bestimmen zu können (Abb. 05). Danach muss die Eignung des Fensterrahmens, der Beschläge und des Baukörperanschlusses geprüft werden. Ein Austausch alter Einfachverglasungen ist wegen der hohen Energieverluste und unbehaglich niedrigen Oberflächentemperaturen immer sinnvoll. Einfachglas hat einen sehr schlechten Ug-Wert von 5,8 W/m²K. Bei Isoliergläsern muss zwischen beschichteten und unbeschichteten Isoliergläsern unterschieden werden. Die heute übliche Wärmeschutzbeschichtung auf Silberbasis führt, je nach Gasfüllung, zu einem Ug-Wert von 1,6 bis 1,0 W/m²K. Unbeschichtete Isoliergläser wurden noch bis zur zweiten Wärmeschutzverordnung 1995 (WSchVo) eingebaut und haben einen U-Wert von zirka 2,7 bis 3,0 W/m²K.
Wenn keine Lieferunterlagen, Produktbezeichungen oder Informationen auf dem Abstandhalter im Scheibenzwischenraum vorhanden sind, kann man den U-Wert der Verglasung über den „Flammentest“ abschätzen (Abb. 04). Die beschichtete Glasscheibe kann durch die Reflektion und eine andere Flammenfärbung erkannt werden. Eine Aussage zu den Eigenschaften der Beschichtung ist nicht möglich. Vorsicht ist deshalb geboten, da bei einigen Beschichtungen (zum Beispiel bei pyrolytischen) keine Verfärbung der Flamme auftritt. Ein qualifizierter Betrieb kann jedoch mit geeigneten Messgeräten feststellen, wie die Verglasung beschichtet ist.

Glastausch – Planung und Ausführung

Auch beim Glastausch müssen Bauphysik, Wärmebrücken und Kondensatbildung beachtet werden. Wird ein Isolierglas mit besserem U-Wert eingebaut, ist die Glasfläche nicht mehr die kälteste Fläche des Raumes und die Tauwasserbildung kann nun „unerkannt“ an anderen ausgekühlten Oberflächen der Außenwand auftreten und Bauschäden verursachen. Deshalb sollte auch ein Glasaustausch nur im Rahmen einer professionelle Planung und Baubegleitung erfolgen, die von der KfW mit bis zu 2.000 Euro gefördert wird. Aus energetischer Sicht ist der Austausch gegen ein Dreifachisolierglas (Ug-Wert 0,7 W/ m²K, g-Wert ≥ 60 Prozent) am sinnvollsten. Dies erfordert jedoch eine geeignete Rahmenkonstruktion, die in der Lage ist, ein Dreifachisolierglas mit mindestens 36 mm Gesamtglasdicke aufzunehmen. Zu beachten ist auch das um 50 Prozent erhöhte Gewicht einer Dreifachverglasung gegenüber einer Zweischeibenverglasung, das entsprechend stabile Beschläge erfordert (Infos vom Beschlaghersteller einholen). Es muss jedoch nicht immer gleich eine Dreifachverglasung sein – auch moderne Zweifachisoliergläser (Ug-Wert 1,1 W/m²K) verbessern deutlich die Energieeffizienz älterer Verglasungen.
Das Ersetzen von Isoliergläsern (Ug von 1,7 – 1,3 W/m²K) ist nur dann zu empfehlen, wenn andere Gesichtspunkte wie das Alter der Verglasung, Farbneutralität oder veränderte Nutzungsanforderungen eine Rolle spielen (Sicherheit, Schallschutz). Bei der Beurteilung der Energieeinsparung ist auch der g-Wert der Verglasung zu beachten, der über 60 Prozent liegen sollte.

Was fordert die EnEV?

Für die Instandsetzung bestehender Gebäude erlaubt die EnEV 2009 zwei Nachweisverfahren. Entweder halten die ausgetauschten Bauteile die Umax-Werte ein (Bauteilverfahren) oder der Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes und der HT’-Wert des renovierten Gebäudes übersteigen die Werte eines Neubaus um nicht mehr als 40 Prozent (Bilanzverfahren). Die Anforderungen sind immer dann einzuhalten, wenn die Fläche der geänderten Bauteile, also auch der Verglasung, mehr als zehn Prozent der jeweiligen Bauteilfläche des Gebäudes entspricht. Die einfache Reparaturverglasung fällt also nicht unter die Anforderungen der EnEV. Falls das Fenster eine Verglasung mit einem Ug-Wert von 1,10 W/m²K aus technischen Gründen nicht aufnehmen kann, so kann nach Anlage 3 Abschnitt 2 auch eine Verglasung mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,30 W/m²K eingesetzt werden. Zu beachten sind auch die Regelungen für Sonderverglasungen in Anlage 3 Tabelle 1 Absatz 3b, wozu beispielsweise Schallschutz- oder Verbundsicherheitsgläser (VSG) gehören.

Spezialfall Kastenfenster und Denkmalschutz

Speziell in denkmalgeschützten Gebäuden sind immer wieder Kastenfenster anzutreffen, die in der Regel erhalten werden müssen, um das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes zu wahren. Entscheidende Kriterien hierfür sind die Fensterabmessung und -aufteilung einschließlich der Sprossen, die Breite der Fensterrahmen und die Gestaltung der Fensterlaibung. Aufgrund des breiten Zwischenraumes zwischen den äußeren und inneren Fensterflügeln, verfügen Kastenfenster über einen prinzipiell besseren Wärme- und Schallschutz als Einfachfenster. Die Konstruktion bietet zudem gute Voraussetzungen, um sie energetisch zu verbessern.
Da die detailgetreue Rekonstruktion von Kastenfenstern eine handwerklich anspruchsvolle und aufwendige Arbeit ist, wird oft versucht, das Aussehen mit Standardprofilen zu kopieren. Die Verglasung von Kastenfenstern besteht häufig aus Einfachglas, weshalb die bestehende Profilgeometrie und -abmessung in der Regel nicht ausreicht, um Isoliergläser mit einer Dicke von 20 mm oder mehr aufzunehmen. Ohne moderne Isoliergläser lassen sich die Anforderungen der EnEV jedoch nicht mehr erfüllen, weshalb die EnEV entsprechende Ausnahmen für denkmalgeschützte Fenster und Gebäude vorsieht. Allerdings sind die Ausnahmegenehmigungen der Denkmalschutzstellen langwierig und entbinden Planer und Hersteller nicht vom Nachweis der wärmetechnischen Kennwerte, der sich weitaus komplizierter gestaltet, als die Übernahme von Kennwerten der CE-Kennzeichnung.
Eine interessante Alternative ist deshalb der Austausch des inneren Fensters durch ein neues Fenster mit Isolierglas. Bei einer solchen Lösung bleibt die äußere „Fensteroptik“ erhalten, während das neue innenseitige Fenster die energetischen Anforderungen erfüllt. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass keine warme und feuchte Luft in den Zwischenraum des Kastenfensters gelangen kann, da ansonsten die Gefahr von Tauwasserbildung auf der Innenseite der äußeren Verglasung besteht. Diesem Problem kann man zusätzlich begegnen, indem man gezielt geringfügige Undichtigkeiten beim äußeren Fensterflügel vorsieht, über die dann die feuchtwarme Luft aus dem Zwischenraum nach draußen geführt wird. Der Bauablauf gestaltet sich relativ einfach, da während des innenseitigen Fensteraustauschs die äußere Fensterebene ja erhalten bleibt und somit stets die Regen- und Winddichtigkeit gewährleistet ist. Weitere Informationen finden sich im Leitfaden HO.09 „Runderneuerung von Kastenfenstern aus Holz“, den das ift Rosenheim und der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller e.V. (VFF) gemeinsam erarbeitet haben (Bezug unter www.window.de).

Resümee

Der Glastausch kann eine interessante Alternative zum Austausch der Fenster sein, wenn der Fensterrahmen und die Beschläge intakt und ausreichend tragfähig für das neue Isolierglas sind. Die Neuverglasung muss nach den Regeln der Technik ausführbar sein und der Uf-Wert des alten Rahmens sollte energetisch noch in einem akzeptablen Bereich liegen (< 1,8 W/m²K). Last, but not least sollte die Luftdurchlässigkeit des Fensters mindestens Klasse 2 nach EN 12207 erreichen (also mindestens eine umlaufende, wirksame Dichtung), um die Anforderungen der EnEV erfüllen zu können.


Autor: Jürgen Benitz-Wildenburg

Jürgen Benitz-Wildenberg ist gelernter Schreiner und Holzbauingenieur. Er leitet im ift Rosenheim die Abteilung PR und Kommunikation. Das Forschungs- und Prüfinstitut ist auf die praxisnahe und ganzheitliche Bewertung von Fenstern, Fassaden, Türen, Toren und Gläsern spezialisiert. www.ift-rosenheim.de


Weiterführende Informationen:

Energetische Beurteilung von Bestandsverglasungen

Kompakte Thermografiekameras für Einsteiger

Wärmebrücken im Gebäudebestand

 

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