Kritik: Uta Winterhager, Fotos: Peter Jost
Der Auftrag für das Hochwasserpumpwerk in Niehl wurde im März 2003 direkt an das Kölner Büro Felder vergeben, das den Stadtentwässerungsbetrieben Köln (StEB) schon aus einer Zusammenarbeit bei Um- und Neubauten am Großklärwerk Köln-Stammheim bekannt war. Die Bremerhavener Straße im Kölner Norden trennt Industrie- und Wohngebiete voneinander. Genau an dieser Schnittstelle liegt das Hochwasserpumpwerk, direkt am Rheinufer. So ambivalent wie das Umfeld war auch die Bauaufgabe: einem zweigeschossigen Trafohaus, einem Schieberbauwerk, das nur als Sockel aus dem Boden ragt, und dem oberirischen Abschluss der Pumpanlage einen gestalterischen Mehrwert zu verleihen. Die technischen Anforderungen waren enorm, und den Typus »baukulturell bedeutendes Hochwasserpumpwerk« gab es bis dahin weder in Köln noch anderswo. Technik, Ästhetik und Didaktik und nicht zuletzt Vandalismusschutz lieferten Entwurfskomponenten, die das im August 2008 fertig gestellte Ensemble etwas unentschieden zwischen den verschiedenen Bedeutungsebenen pendeln lassen.
Das dunkel verkleidete Trafohaus signalisiert in seiner geschlossenen Massivität eindeutig, dass die darin befindlichen technischen Anlagen nicht öffentlich zugänglich sind. Der rheinseitig davor liegende Pavillon stiftet semantische Verwirrung – erinnert der Bau doch stark an Mies van der Rohes Farnsworth House. Doch hinter der transluzenten Verglasung verbergen sich weder Wohnhaus noch Café, sondern Zugang und Steuerung eines unterirdischen Pumpwerks, das im Hochwasserfall bis zu 5000 l/s fördert. Der sich kelchartig nach oben öffnende, massige Betonsockel vermittelt indes glaubhaft, dass er den Pumpenabschluss dieser Anlage einhaust. Edel wirkt der Bau in seiner Gradlinigkeit, sehr filigran die stützenlose Glasfassade und sogar der gespitzte Beton der Bodenplatte und der Attika signalisieren, dass diese Gebäudehülle etwas Besonderes birgt. Was genau das ist, kann man nur ahnen, denn noch fehlt die Beschriftung auf der Glasbrüstung des im Sicherheitsabstand endenden Besuchertreppen-Ausgucks. … und sofort wurde die Treppe ins Nichts, die als didaktische Spielerei geplant war, als »Unfug vier« in die Liste der öffentlichen Ärgernisse des Kölner Stadtanzeigers aufgenommen.
Bei der Planung dieses Hochwasserpumpwerks wurde auf klassische Weise zwischen Gebäude und Außenanlage unterschieden, so dass der gewünschte spannende Dialog zwischen Skulptur und Natur nicht so recht in Gang kommen will. Und doch lassen die Bewertungskriterien bei den vier anschließenden Vergabeverfahren erkennen, dass die Bauherren und die Öffentlichkeit an diesem Pilotprojekt das Potenzial der Hochwasserpumpwerke erkannt haben. Man kann viel mehr daraus machen als nur ein technisch notwendiges Gebäude, und das öffentliche Interesse, das dadurch erregt wird, ist so enorm, dass es unbedingt genutzt werden sollte, um positive Signale für den Hochwasserschutz auszusenden.
- Standort: Bremerhavener Str. / Merkenicher Str., 50735 Köln
Bauherr: Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR
Architekten, Lichtplanung, Außenanlagen: Architekturbüro Wolfgang Felder, Köln
Mitarbeiter: Martina Holtheuer, Frank Stellmacher
Kanal-/HLS-Planung: Dr. Pecher, Erkrath
Tragwerksplanung: Kempen Ingenieurgesellschaft, Beratende Ingenieure, Köln
Elektroplanung: Ingenieurbüro Becker + Gedusch, Worpswede
Nutzfläche: 513,52 m² (Trafohaus: 62,36 m²)
Umbauter Raum: 4 340,57 m³ (Trafohaus: 502,00 m³)
Baukosten: 2,5 Mio. Euro (Trafohaus); 1,5 Mio. Euro (Hochbauteil ohne Tiefbauteil); 500 000 Euro (Außenanlage)
Bauzeit: Januar 2003 bis August 2008 - Beteiligte Firmen: Rohbau: August Mainka, Lingen, www.mainka-bau.de
Maschinentechnik: Limbertz-Steffen, Köln, www.mainka-bau.de
Elektrotechnik: G. Kretzer, Köln, www.mainka-bau.de
Glasfassade: Vorwerk-Thole, Herzlake-Bookhof, www.mainka-bau.de
Metallbauarbeiten: Packroff, Dormagen
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