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Der Döner-Dreh »The Döner Company« Leiden (NL) von concrete

»The Döner Company« in Leiden (NL)
Der Döner-Dreh

Jeder kennt das Problem: Dönerfleisch, Brot und Salat schmecken meist lecker, sind ästhetisch aber kaum in den Griff zu bekommen. Die meisten Dönerbuden wirken nur deshalb appetitlich, weil der Betreiber beständig wischt. Am Leidener Hauptbahnhof lässt die Inneneinrichtung die wenig ansprechenden Komponenten trickreich in der Dekoration und in den Möbeln aufgehen und weist damit einen Weg hinaus aus dem gestalterischen Dilemma.

    • Architekten: concrete

  • Kritik: Markus Jakob Fotos: Ewout Huibers
Wer seinen Hunger mit einem Döner Kebab stillt, rechnet kaum damit, dies in einer ästhetisch bereinigten Umgebung zu tun. Das aufstrebende Amsterdamer Architekturbüro Concrete hat diesem Umstand das Gestaltungskonzept von »The Döner Company« am Bahnhof Leiden entgegengesetzt; schon wurden weitere Filialen in den Niederlanden und bis hinunter nach Brüssel eröffnet.
Die Concrete Architectural Associates hatten sich unter der Leitung von Rob Wagemans zunächst v. a. in Innenarchitektur profiliert. Heute beschäftigt die Firma 34 Mitarbeiter in einem Haus mitten im Amsterdamer Rotlichtviertel und zieht in New Jersey und Shanghai auch 40-geschossige Wohntürme hoch. »80-85 % unserer Aufträge kommen aus dem Ausland«, wird einem stolz beschieden. Wie wünschenswert diese Loslösung von den lokalen Gegebenheiten ist, sei dahingestellt. Immerhin ist in Amsterdam selbst eine ganze Reihe von Concrete-Entwürfen zu besichtigen: in Schiphol das Hotel »citizenM«, ›
› das sich als Kette mittlerweile über mehrere Kontinente verbreitet, das Hotel »Canal House« an der Keizersgracht, obere Preisklasse, in dem die Vorliebe der Architekten für dunkle Töne, die auch in der Buchhandlung »Mendo« ins Auge sticht, besonders gelungen umgesetzt ist, oder das Restaurant »Mazzo«, welches in der gegebenen Tiefe des Hauses Grautöne für stilbewusste Esser variiert, inclusive eines 20-m-Lounge-Sofas. Vis-à-vis schließlich das »Nomads«, ein frühes Projekt, echt türkisch bis hin zu den verwässerten Cocktails: Niemand würde vermuten, die orientalische Tücher- und Polsteropulenz sei ein Concrete-Entwurf.

In gewisser Hinsicht führt von dort aber ein direkter Weg zur Döner Company in Leiden: Auch hier sind Farben der Blickfang, nämlich die nach dem Zufallsprinzip angeordneten Zementfliesen. Der Normalverbraucher mag sich an einen türkischen Bazar erinnert fühlen, auch wenn sie offensichtlich iberischen, genauer portugiesischen Ursprungs sind. Sie sollen als Markenzeichen auch alle weiteren Döner-Company-Filialen kennzeichnen, bei deren Ausführung Concrete nur noch beratend zur Seite steht. Für die Amsterdamer Firma sind die Dönerbuden heute, wie schnippisch angemerkt wird, »ein XXS-Projekt«.
Sie sind aber insofern interessant, als hier ein Unternehmer die tendenziell unappetitliche Männerdomäne »Döner« für eine neue Kundschaft, insbesondere auch für Frauen, attraktiv zu machen versucht – ohne die übliche Klientel durch zu viel Chic abzuschrecken. Beispielhaft dafür ist das – gleichfalls von Concrete entworfene – anbiedernd nichtssagende Logo der Firma.
Schade eigentlich, dass die kleine Bude sich nicht in der Bahnhofpassage selbst befindet, sondern am äußeren Ende der 1996 von Harry Reijnders geschaffenen konvexen Gitterfassade, die ein wenig an Sol Lewitt erinnert und dem ansonsten trostlos wirkenden Bahnhofplatz ein Gesicht verleiht. Durch die Wind- und Regenschutzstrukturen des Busbahnhofs fast zur Unsichtbarkeit verurteilt, macht die Döner Company zumindest in der warmen Jahreszeit mit drei vor der dann auch vollständig zu öffnenden Glasfront platzierten Tischen auf sich aufmerksam.

Was die Innengestaltung betrifft, steht die Funktionalität der in die farbige Fliesenwand eingelassenen Nischen außer Zweifel: Menu-Bildschirme, Grill, Fritteuse, Kühlschrank verschwinden zwar nicht im bunten Fliesenmuster, aber sie sind »einfach da«. Die Designer haben die Problematik von Dönerläden klar erkannt und sind sie mit gestalterischer Disziplin pragmatisch angegangen. Auch die beiden abgerundeten Theken davor mit Salatbar, Getränken und Kasse sind wohl durchdacht. Die an sich gleichfalls denkbar unprätentiöse Möblierung wurde inzwischen durch Polster und Kübel aller Art ein wenig in Mitleidenschaft gezogen: Dafür können die Architekten nichts. Schön ist die Beleuchtung durch zweierlei Leuchten von Tom Dixon, die über den beiden Theken schweben. Der Raumeindruck ist hell, übersichtlich und großzügig. Generell verharrt das Gestaltungskonzept in traditionellen Bildwelten und bedient dadurch atmosphärisch die gelernte Erwartungshaltung gegenüber einer Imbissbude. Fraglich bleibt also, ob sich davon auch eine feiner gesinnte Kundschaft angezogen fühlt. Fraglich ist aber auch, inwieweit diese im hektischen Treiben eines Bahnhofs überhaupt Wert auf Gestaltung legt, denn letztlich kommt es darauf an, wie gut der Laden vom jeweiligen Personal geführt wird.


    • Standort: »Leiden Centraal«, stationsplein, NL-2312 Leiden

      Bauherr: Tastan Investment, Zaandam
      Architekten: concrete, Amsterdam
      Mitarbeiter: Rob Wagemans, Melanie Knüwer, Erik van Dillen, Sonja Wirl;
      Grafikdesign: Sofie Ruytenberg, Femke Zumbrink
      Bauherrenberatung: Carevolution, Amsterdam
      Fläche: 70 m² Baukosten: keine Angabe Bauzeit: März bis Mai 2011
    • Beteiligte Firmen: Ausbau: C-N Bouwtechniek, Barendrecht, www.culi-nova.nl
      Möblierung: Fermob, Thoissey, www.culi-nova.nl
      Leuchten: Tom Dixon, London, www.culi-nova.nl
      Fliesen: MOSAIC DEL SUR, Kaulille, www.culi-nova.nl
      PU-Boden: DRT Gietvloeren, ’s-Hertogenbosch, www.culi-nova.nl

Leiden (NL) (S. 26)

concrete


Rob Wagemans
1973 in Eindhoven geboren. Bachelor in Architektur in Utrecht, Master an der Architekturakademie in Amsterdam. 1997 Gründung von concrete, kreative Leitung.
 
Sofie Ruytenberg
1983 in Drunen geboren. Studium des Visuellen Marketings am Amsterdam Fashion Institute. Seit 2003 Mitarbeit bei concrete, heute als assoziierte Partnerin. Verantwortlich für visuelles Marketing, Konzept- und Markendesign.
 
Erik van Dillen
1960 in De Bilt geboren. Studium der Innenarchitektur an der Rietveld Academy, Erfahrung in der Catering-Branche und in der Bildrestaurierung. 1997 Gründung von concrete, Kreativberatung.
 
Markus Jakob
1954 in Bern geboren. Lebt seit 1984 in Barcelona. Berufstätigkeit als freier Journalist, lange Jahre vornehmlich für die Beilagen und das Feuilleton der NZZ. Schwerpunkte Städtebau und Architektur. Periodisch auch als literarischer Übersetzer tätig.
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