Mit Einbruch der Dunkelheit werden Gebäude, Straßen- und Stadträume zu einer Staffelei, auf die Licht neue Räume zeichnen kann. Licht als Gestaltungselement, das neue Orte im Stadtraum entstehen lässt, wurde, wie ein Blick in die Städte verdeutlicht, über viele Jahre vernachlässigt. Während diese mittlerweile das Gestaltungspotenzial von Licht wiederentdeckt, Lichtmasterpläne aufgestellt und umgesetzt haben – Lichtplanung gar als Stadtmarketinginstrument verstehen –, ist das »Zweite Gesicht« manch guter Architektur oft ein traurig-zufälliges. Dabei war Licht, wie die Geschäftshäuser von Hans und Wassili Luckhardt, Jan Willem Eduard Buys De Volharding-Bau und viele weitere Beispiele aus den Zwanzigerjahren zeigen, ein sehr bewusstes architektonisches Gestaltungselement. Hohe Stromkosten dürfen heute kein Argument mehr sein, einem Bauwerk sein angemessenes Nachtgesicht zu verwehren. Die Lichttechnik ist mittlerweile in der Lage, mit geringem Energieaufwand hohe Beleuchtungsleistungen zu erzielen. Während sich das natürliche Tageslicht dem Einfluss des Architekten entzieht, bietet ihm die künstliche Beleuchtung gestalterische Möglichkeiten. Diese auszuschöpfen, bedarf es oft vertiefter Fachkenntnis oder der Zusammenarbeit mit einem Lichtplaner. Auch in der Architekturkritik von Fachzeitschriften erfährt das »Zweite Gesicht« meist nur am Rande Aufmerksamkeit. Im vorliegenden Heft haben wir uns deshalb diesem Thema gewidmet, und die Fragen, die dabei aufkamen, gemeinsam mit Architekten und Lichtplanern erörtert. ~elp
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