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expressive hülle

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expressive hülle

Die Architektin Suh Hailim, die ihren Beruf in der USA erlernte – sie studierte unter anderem bei John Hejduk in New York – kehrte vor dreizehn Jahren in ihre Heimat zurück, um in Seoul ein Büro zu eröffnen. Heute gehört sie zur beinahe etablierten Avantgarde junger Architekten in Südkorea. Ein Kreis, in dem sie nicht nur als einzige Frau auffällt, sondern auch durch ihre ganz eigentümliche, ausdrucksstarke Architektursprache, die sie jeweils aus der Topografie oder aus der Nutzung ihrer Bauten entwickelt.

  • Architektin: Suh Hailim
  • Text: Till Wöhler Fotos: Jae Young Song, Mathias Remmele
Das Borim Publishing House ist eines von drei Gebäuden, die Suh Hailim in der Paju Book City verwirklichen konnte. Die etwa 30 Kilometer nordöstlich von Seoul, nahe der innerkoreanischen Grenze gelegene Verlagsstadt basiert auf einer für Korea ganz ungewöhnlich sorgfältigen städtebaulichen Planung. Für Seung H-Sang, einer der beiden Architekten, die für die Konzeption dieses Projektes verantwortlich waren, ist Paju »eine neue Stadt an der Schnittstelle zwischen der Enttäuschung der Stadt der Vergangenheit und der hoffnungsvollen Erwartung der neuen Zeit.« Statt eines klassischen Masterplans entwickelte man hier Designrichtlinien, die sich im »Paju Landscape Script« äußern, aus dem dann verschiedene Bautypen erwuchsen. Maßstäblichkeit und Landschaftsschutz waren dabei zentrale Zielsetzungen. Suh Hailims Borim Publishing House gehört zum Typus Bookshelf Unit: Das sind Gebäude, die, in Nord-Süd-Richtung aufgereiht, Büchern gleich locker und luftig in einem Regal stehen. Die höheren Gebäudeteile dürfen hier nicht mehr als fünfzehn Meter bzw. vier Geschosse hoch sein – womit aus den oberen Etagen immerhin ein Blick auf den nahen Han-Fluss ermöglicht wird – die niedrigeren maximal acht Meter. ›
Tanzende Schwerkraftlinien
Borim ist ein Verlag für Kinderbücher. Insofern lag es für die Bauherrschaft nahe, zur kulturellen Aufwertung des Projektes ein Marionettentheater in das Bauvorhaben zu integrieren. Suh Hailim gliederte den Gebäudekomplex nach seinen Funktionen: zwei viergeschossige, vertikal ausgerichtete Büroriegel beherbergen das Verlagshaus, ein sich in der Horizontalen entwickelnder Baukörper bietet Platz für das Marionettentheater. Das zweiteilige Bürogebäude verfügt über eine Primärkonstruktion aus Stahlbeton und Stahl und ist mit einer doppelten Fassadenhaut aus Glas und perforierten Blechpaneelen versehen. Je nach Lichteinfall von außen mehr oder minder gut sichtbar, zeigt die Perforation in der schwarzen Blechhaut ein mehrfach gekrümmtes, horizontal verlaufendes Streifenmuster, das von einem Wasserlauf oder der benachbarten Hügellandschaft inspiriert zu sein scheint. Auf jeden Fall wird damit dem seriösen Äußeren des Verlagsgebäudes eine spielerische Komponente beigemischt. Im südlichen Gebäudeteil sind Büros und ein Café untergebracht, während der nördliche Riegel einerseits als Foyer für den gesamten Komplex dient andererseits in den oberen Geschossen Raum für weitere Büros und das Lager des Verlags bietet. Alle Grundrisse sind mit größtmöglicher Offenheit angelegt. Im dritten und vierten Obergeschoss ist eine fußläufige Verbindung zwischen beiden Riegeln vor- handen.
Das Marionettentheater, ein reiner Stahlbau, schneidet mit seiner unkonventionellen, »knittrigen« Stahl-Glasfassade als horizontales Gegengewicht in die Büroriegel hinein. Inspiriert von den meist in der Luft schwebenden Beinen der Marionetten-Puppen, so Suh Hailim, habe sie den Theaterbau vom Boden abgehoben, gerade so weit, dass Kinder darunter hindurchgucken können. Auch die wild bewegte, mal nach aussen, mal nach innen kippende Fassadenhaut steht in Bezug zu den Puppen: Ihre expressive Form ist von den hin- und hertanzenden Schwerkraftlinien der bewegten Marionetten abgeleitet.
Spiel und Seriösität finden im Borim Publishing House ihren gleichberechtigten Ausdruck. Der unkonventionelle Bau hält sich zwar an die in Paju verbindlichen Spielregeln der Gemeinschaft, tanzt dabei aber gern ein bisschen aus der Reihe: Typisch für Suh Hailim. Das zeigt sich auch an ihrem zweiten Projekt. ›
C17 – ein kleines wohnhaus
Das Heyri Art Valley in Paju ist, ähnlich wie die nahegelegene Paju Book City, ein städtebauliches Pionier-Projekt. Es sind vor allem Künstler, Schriftsteller und Leute, die im kreativen Umfeld arbeiten, die sich hier niederlassen. Sensibel eingebettet in Landschaft, schmiegen sich in Heyri Wohnhäuser, Restaurants, Galerien und Gemeinschaftsgebäude an die Höhenlinien einer Hügelkette. Ebenso wie in der Paju Book City sind hier fast alle namhaften südkoreanischen Architekten der jüngeren Generation engagiert. Cho Minsuk beispielsweise, der hierzulande durch seine Teilnahme an der vom Vitra Design Museum konzipierten Ausstellung »Open House« bekannt wurde, baute hier mit dem Pixel House sein erstes Gebäude, dem mittlerweile drei weitere Wohnhäuser folgten. Auch Suh Hailim konnte in Heyri mehrere Gebäude realisiert. Gerade fertig gestellt wurden die Lio Gallery und ein kleines, nach seiner Parzellennummer C17 benanntes Wohnhaus. Es liegt an einer Straßenecke im nordöstlichen Teil von Heyri, in dem bislang noch nicht sehr viele Bauten stehen. Als »Eckstein«, der noch eine Weile allein dastehen wird, muss das Haus hier quasi »die Stellung halten«.
Markantes Holzband
Das auffälligste Element seiner äußeren Gestaltung ist eine aus Isoko-Holz gefertigte, stellenweise mehrfach abgewinkelte Lattenkonstruktion, die sich wie ein breites Band zu drei Seiten um das Haus windet und dabei nur die zum Garten hin ausgerichtete, gänzlich verglaste Ostfassade freilässt. An der Südfassade als Gartenzaun beginnend, gewinnt das Holzband bald an Höhe, umspielt im Westen einen der Küche vorgelagerten Außenbereich und schmiegt sich dann, an der Nordfassade zunächst zweigeteilt ›
› verlaufend, immer enger an den Baukörper. Dabei offenbart sich erst bei genauerer Betrachtung, dass die Latten auf ihrem Weg um das Haus ihre anfängliche Schrägstellung ganz allmählich zugunsten einer streng vertikalen Ausrichtung aufgeben.
Mag das Holzband zunächst auch wie eine dekorative Verkleidung der Sichtbetonkonstruktion des Hauses wirken, so hat es in der Tat, wie man beim Blick von innen erkennt, stets eine beschirmende und meist auch eine Raumbildende Funktion. Was im Garten als Sichtschutz beginnt, wird zur Wand, entwickelt sich zu einer Raumdefinierenden Struktur und endet wiederum als Wand, die einerseits die zur Dachterrasse führende Treppe begrenzt und andererseits dem zentralen Wohnraum eine betont warme Atmosphäre verleiht.
Im Gegensatz zur expressiven Außenhaut wirkt das Innere des Hauses angenehm unaufgeregt. Vom kleinen Entree aus betritt man direkt den im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnraum, durch dessen zum Garten hin ausgerichtete Fensterfront sich ein gerahmter Panorama-Blick auf die Hügellandschaft und die Nachbarhäuser bietet. Auf gleicher Ebene befinden sich das Gäste-WC und die Küche, die durch eine große Glasfassade mit Westausrichtung reichlich belichtet wird. Vom Wohnraum aus führt eine gerade verlaufende Sichtbeton-Treppe in das Gartengeschoss, in dem die Schlafräume und Bäder liegen.
Suh Hailim hat mit dem C17 ein kleines Meisterwerk geschaffen. Durch eine geschickte Raumorganisation und durch überlegt platzierte Öffnungen ist ein Wohnhaus entstanden, das trotz seiner bescheidenen Dimension ganz erstaunlich großzügig wirkt. •
  • Bauherr: Borim Verlag Architekt: Architecture studio Himma, Suh Hailim + Junsung Kim Baugrundstück: 1,720 m² Bruttogeschossfläche: 2,878 m² Bauzeit: 2006 bis Anfang 2007
  • Baugrundstück: 328 m² Bruttogeschossfläche: 119 m² Fertigstellung: Oktober 2006
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