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Die Revolution ist vorbei

Das Licht, das aus dem Halbleiter kommt: Die Leuchtdiode ist Stand der Technik
Die Revolution ist vorbei

Die Leuchtdiode hat sich innerhalb weniger Jahre zum wichtigsten Lichtproduzenten entwickelt – entgegen aller frühen Fragezeichen und Vorbehalte. Formal und funktional innovative Leuchten ermöglichen neue Lichtkonzepte, die auch den Biorhythmus des Menschen beeinflussen können.

Text: Armin Scharf; Fotos: Jake Dyson, Trilux, Desso, Bartenbach, Markus Frietsch, Marcel A. Mayer, Ingo Maurer, Vosla, Philips, Unrecht, Omled

Selten sind Karrieren so steil wie die der LED: Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich der Halbleiter zum wohl wichtigsten Lichtproduzenten und transformierte nebenbei auch die Leuchtenindustrie. Erco beispielsweise stellte in nur fünf Jahren fast sein gesamtes Portfolio auf die LED um – rund 5 000 Produkte mussten für die neue Technologie adaptiert werden. Voraussetzung dafür sind ganz neue Kompetenzen in Sachen Elektronik, neue Lieferketten, Qualifizierungen und Produktionsabläufe, die nicht nur der Lüdenscheider Hersteller in einem Kraftakt zu implementieren hatte. Zudem sehen sich die Leuchtenproduzenten plötzlich neuen, großen Mitbewerbern gegenüber: Elektronik-Konzerne aus Fernost, die im globalen Halbleiter-Lichtgeschäft mitmischen möchten.
Auf der anderen Seite wächst auch das Marktangebot an frei verfügbaren LED-Boards, elektronischen Komponenten und Schnittstellen, was Newcomern mit kreativen Lichtideen ein großes Potenzial eröffnet. Der Gang über die einschlägigen Messen, etwa über die Light+Building, zeigt die wachsende Vielfalt des zugleich unübersichtlicher werdenden Angebots.
TAUSCHGESCHÄFTE: RETROFITS
Eigentlich existiert keine Leuchtenart mehr, in der die LED noch nicht Fuß gefasst hat. Von der Straßenleuchte über die ultraflache Rasterdeckenleuchte, taghellen Flutlichtstrahlern bis zur OP-Leuchte sind LEDs State of the Art. Neue Leuchtenentwicklungen basieren nahezu komplett auf der LED-Technologie. Sogenannte Retrofits erlauben den direkten Einbau der LED in vorhandene, ehemals konventionell bestückte Leuchten. Technisch nicht gerade optimal bezüglich Wärmeabfuhr, Lebensdauer und Effizienz sind die Retrofits zumindest eine wirtschaftliche Übergangslösung. Zu Problemen kann es allerdings beim Austausch von Niedervolt-Halogenlampen kommen, wenn das Netzgerät nicht für den LED-Betrieb geeignet ist. Für den Glühbirnen-Ersatz stehen sowohl Exemplare bereit, die auf den ersten Blick von den Vorgängern kaum zu unterscheiden sind, als auch solche, die neue formale Zeichen setzen. Kurzum: Die unglückliche Brückentechnologie »Energiesparlampe« scheint überwunden zu sein.
MEHR LICHT, WENIGER ABWÄRME
Trotz des bisherigen Erfolgs der LED schreitet deren Entwicklung weiter voran. Dabei geht es primär um höhere Lichtströme, um das Alterungsverhalten, das Thermomanagement, um Kostenreduktion, Qualitätssicherung und um die Normierung. Denn noch arbeitet jeder Anbieter von LED-Leuchten mit eigenen Modulen und elektronischen Komponenten. Das macht zum einen den herstellerübergreifenden Austausch der Bauteile unmöglich, zum anderen erschwert es Reparaturen – v. a. dann, wenn die Hersteller auf extern entwickelte und produzierte Komponenten zugreifen, die irgendwann nicht mehr verfügbar sind.
Gerade das Thermomanagement hat sich als einer der Schlüsselaspekte erwiesen, beeinflusst es doch neben der Lichtausbeute auch die Lebensdauer der LED. Wozu aber Thermomanagement, wo ›
› die LED doch als »kalte Lichtquelle« gepriesen wird? Dies freilich ist nur zur Hälfte richtig: Zwar ist das emittierte Licht frei von Infrarot- und UV-Anteilen, also »kalt«, aber dennoch entsteht Abwärme, weil auch die LED die eingesetzte Energie nicht zu 100 % in Licht verwandelt. Steigt die Temperatur, beschleunigt sich der Alterungsprozess und reduziert sich die Lichtausbeute. Beiden Effekten lässt sich durch das rückseitige Abführen der Wärme begegnen, meist passiv, weil aktive Lüfter Gift für die Energieeffizienz sind. Der britische Designer Jake Dyson führt die Wärme mittels einer »HeatPipe« ab: Der Leuchtenausleger ist mit Gas gefüllt, das vom LED-Modul erhitzt wird, dann zum kalten Ende des Auslegers fließt, dort heruntergekühlt wird und dann erneut zur LED wandert. Dieser geschlossene Kühlkreislauf wird u. a. in der Raumfahrt eingesetzt. Normalerweise jedoch erfolgt die Entwärmung durch die Nutzung des Gehäuses als Kühlkörper – der simple Test durch Handauflegen zeigt, dass nicht jeder Leuchtenanbieter diese wichtige Anforderung beherrscht.
Eine andere Strategie sieht vor, die LEDs nicht unter Volllast zu betreiben, was die Wärmeproduktion reduziert und zugleich den Alterungsprozess bremst. Die Alterung selbst ist ein langsamer Prozess, der zu einem allmählichen Rückgang des Lichtstroms führt. Nach 50 000 Stunden Betriebszeit, also nach knapp sechs Jahren, sollten noch 70 % der ursprünglichen Lichtausbeute vorhanden sein. Allerdings darf es dabei nicht zu einer unterschiedlichen Alterung der LEDs innerhalb eines Moduls oder eines Lichtkonzepts kommen, denn sonst entsteht ein inhomogener Beleuchtungseindruck. Durch das sogenannte Binning, also die strenge Selektion der LED-Produktion in Chargen mit identischen Parametern, lässt sich dieses Phänomen inzwischen gut beherrschen – zumindest im höherpreisigen Segment.
DER ZIRKADIANE RHYTHMUS
Dass sich mit RGB-LEDs farbiges Licht in einem großen Spektrum erzeugen lässt, ist nicht neu. Allerdings ergänzen die Hersteller die RGB-Komponenten zunehmend mit einer weiß emittierenden Leuchtdiode. Die RGBW-Module erreichen höhere Leuchtdichten als die aus der additiven Mischung der roten, grünen und blauen Anteile. Neben der Farbigkeit des Lichts lässt sich auch dessen Farbtemperatur steuern. Während warmweiße Lichtquellen mit etwa 3 000 Kelvin strahlen, lässt sich dieser Wert bei der LED durch subtile Steuerung der RGBW-Parameter variieren. Während kälteres Licht die Wachheit und die Konzentrationsfähigkeit fördert, unterstützt rötlicheres Licht die Melantoninproduktion im Körper und damit die Ermüdung. Auf diese Weise lässt sich der natürliche Verlauf der Lichtfarbe – am Vormittag kühler, am Abend wärmer – simulieren. Noch steht die Nutzung dieser Eigenschaft erst am Anfang, doch Arbeitswissenschaftler, Mediziner und auch Raumfahrttechniker zeigen großes Interesse. So hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln ein neues Labor für Langzeittests mit dieser Technologie ausgestattet, um zu ermitteln, wie sich der zirkadiane Rhythmus des Menschen positiv beeinflussen lässt. Daraus sollen erstmals belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden – und nicht nur für lange Flüge durch das Weltall von Nutzen sein.
STEUERUNGSEINBINDUNG
Derweil taucht die LED verstärkt als Straßen- und Wegeleuchte auf, verspricht sie doch neben wirtschaftlichen Vorteilen bezüglich Wartungs- und Betriebskosten auch einen geringeren Beitrag zur Lichtverschmutzung. Das Fehlen des IR-Anteils im Licht lockt weniger Insekten an und die Abstrahlcharakteristik lässt sich besser an die örtlichen Vorgaben anpassen – durch asymmetrische Lichtverteilung beispielsweise. Und die stufenlose Dimmbarkeit ermöglicht, die Lichtproduktion an die Uhrzeit zu koppeln: In Nachtphasen mit wenig Frequenz auf den Wegen muss nicht durchgehend die volle Lichtleistung zur Verfügung stehen. Hier genügen mitunter nur 30 % der Leistung – mit Bewegungsmeldern gekoppelt schalten die Leuchten bei Bedarf sofort hoch. Werden die Lichtmasten dann noch im Master-Slave-Modus per Funk oder Kabel miteinander verbunden, kann das Licht dynamisch zur Bewegung des Passanten oder Fahrzeugs auf- und abdimmen.
Dieses Beispiel zeigt eine weitere wichtige Eigenschaft der LED: Sie lässt sich viel einfacher steuern als »analoge« Leuchtmittel, in komplexe Systeme einbinden und an jeweilige Situationen anpassen. Das kann im öffentlichen Raum sein, in Museen mit Wechselausstellungen oder am Arbeitsplatz. Jüngst ergab eine Studie des ›
› Fraunhofer-Instituts IAO und Zumtobel, dass im Büro die Mehrheit der Befragten eine Kombination aus Direkt- und Indirektbeleuchtung bevorzugen und Beleuchtungsstärken über 800 Lux. Die präferierte Farbtemperatur bewege sich zwischen 3000 K und 6 000 K, allerdings mit einem klaren Schwerpunkt zwischen 4 000 K und 5 000 K. Und noch eines wurde klar: Die Mehrheit der Büroarbeiter fordert Beleuchtungsstärken, die mit mindestens 800 Lux klar über den gesetzlichen Arbeitsplatzvorgaben von 500 Lux liegen. Auch dieser Wunsch lässt sich mit der LED realisieren, ohne die Energiebilanz oder das Nachhaltigkeits-Zertifikat eines Gebäudes zu gefährden. Zumal sich die LED gut in Tageslichtsteuerungen integrieren lässt.
NOCH IN DER BETAPHASE: OLEDS
Die OLED hingegen lässt weiter auf sich warten. Die »organische Leuchtdiode« produziert Licht nicht mittels eines anorganischen Siliziumchips wie die LED, sondern mittels elektrolumineszenter Polymerschichten. Es handelt sich also um ein Flächenlicht, das nicht durch Einkoppeln des Lichts an den Kanten erzeugt wird, sondern in der Fläche selbst entsteht. OLEDs haben das Potenzial für dünne, verformbare, transparente und homogene Lichtquellen, die sich großflächig anwenden lassen. Doch gerade daran mangelt es noch – an der produktionstechnischen Umsetzung großer Formate im Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Die bisher von Philips, Tridonic, Osram oder Novaled angebotenen OLED-Module erreichen nach wie vor DIN A4-Format. Ein weiteres Problem stellt die dauerhafte Kapselung dar – werden die empfindlichen Polymere nicht ausreichend vor Luft und Feuchte geschützt, bleibt die Nutzungsdauer unbefriedigend. Auch an der Lichtleistung lässt sich noch einiges machen: Die derzeitigen OLED-Panels bieten eine Effizienz von 50 Lumen je eingesetztem Watt, Philips präsentierte kürzlich »Brite FL300«, dessen 102 x 102 mm große Fläche immerhin 300 Lumen produziert – bei einer Leistungsaufnahme von 7,4 Watt und einer Dicke von 1,4 bis 3,0 mm. Auch wenn sich diese Werte im Halbjahresrhythmus verbessern, dürfte das Auftauchen der OLED als seriöses Leuchtmittel noch länger auf sich warten lassen. Zum einen ist der Forschungsbedarf noch da, zum anderen sind die Leuchtenproduzenten noch mit der LED-Integration beschäftigt. Klar aber ist, dass die OLED die Punktlichtquelle LED ideal ergänzen kann – und wiederum neue Lichtlösungen ermöglicht. Man denke nur an die wieder populäre Lichtdecke, an leuchtende Wände oder an energiesparende Notbeleuchtungen. •

Energie (S. 54)
Armin Scharf
1963 geboren. Studium Farbe (Chemie) an der FH Druck in Stuttgart. Anschließend Redakteur und bis 1996 Chefredakteur der Fachzeitschrift Malerblatt; seit 1997 freier Fachautor. 2009 Start des Online-Magazins zwomp.de zu Industriedesign und Innovation.
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