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Rückkehr ins Meer

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Rückkehr ins Meer

Seit 1879 konnten Besucher den Mont St. Michel an der Grenze zwischen Normandie und Bretagne nur noch mit der straff gespannten Nabelschnur des Deichs und der darauf verlaufenden Straße erleben, zu Hochzeiten mit einer Blechlawine von über 1 000 Autos pro Tag, die alle am Fuß des Klosterbergs parken sollten. Doch nicht nur ästhetisch war der Deich ein Problem, sondern auch ganz praktisch: Die Bucht versandete, das Watt stieg und der insuläre Charakter des UNESCO-Weltkulturerbes drohte verloren zu gehen. Seit 10 Jahren wurde daran gearbeitet, das »doppelte Wunderwerk der Natur und der Kunst« (Victor Hugo 1884) von dieser Umklammerung zu befreien. Begonnen wurde damit, den nahen Fluss Couesnon in eine Art Rückhaltebecken zu verwandeln, in dem zweimal täglich bei Flut das Wasser gesammelt wird, damit es anschließend mit geballter Kraft sein Flussbett Richtung Meer und die Bucht freispülen kann. Parkflächen auf dem Festland, die bislang rar waren, sind nun mit 4 000 Plätzen großzügig angelegt worden. Seinen Abschluss fand das Projekt mit einer leichten Brücke ausschließlich für Fußgänger, Radfahrer und Shuttlebusse. Die 700 m lange Stahlkonstruktion, entwickelt vom Architekten Dietmar Feichtinger gemeinsam mit schlaich bergermann partner, schwebt dicht über dem Wasser und windet sich in verschiedene Richtungen, sodass man den Mont St. Michel bei der Annäherung aus verschiedenen Perspektiven erleben kann, ohne dass ein Asphaltband die Sicht stört. Die Konstruktion ruht auf über 100 Pfeilern, die in recht dichtem Abstand von 12 m stehen, und erlaubt das freie Zu- und Abfließen des Meerwassers und die damit verbundene natürliche Umgestaltung des Watts. Das letzte Stück der Brücke vor dem Berg ist so angelegt, dass es an mehreren Tagen im Jahr, nämlich bei Springflut, sogar im Wasser verschwindet und so der Mont St. Michel wieder zu einer Insel wird. Da die Brücke schon im vergangenen Dezember geöffnet (aber erst jetzt, am 31. Oktober, von François Hollande eingeweiht) wurde, hatten Besucher im März die Gelegenheit, die erste »Jahrhundert-Springflut« dieses Millenniums – ein eigentlich regelmäßiges Phänomen mit einem Abstand von 18 Jahren – von Nahem zu erleben, mit einem Flut-Koeffizienten von 119. Noch höher soll das Wasser im Jahr 2073 steigen: auf 120. Bis dahin wird sich die Brücke sicher längst bewährt haben und keiner erinnert sich mehr an den scheußlichen alten Deich mit seinem täglichen Verkehrschaos. ~dr

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