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Jürgen Sawade (1937-2015)

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Jürgen Sawade (1937-2015)

~Bernhard Schulz

In den 90er Jahren war das Gebäude dermaßen in Verruf geraten, dass die lokale CDU bereits den Abriss forderte: das 514 Wohnungen umfassende Ungetüm entlang der Potsdamer Straße und als Brückenbauwerk über die Pallasstraße hinweg, das schließlich zum »Pallasseum« aufgehübscht wurde. Kein Mensch gebrauchte je diesen Namen, stattdessen spricht Volkes Stimme vom »Sozialpalast«, alldieweil ein Großteil der Wohnungen vom Sozialamt belegt und bezahlt wird.
Jürgen Sawade, der Architekt des Großbauwerks, geboren 1937 in Kassel und Mitte Januar im Alter von 77 Jahren verstorben, war ein »gelernter« Berliner durch und durch. V. a. kannte er keine Klassenschranken. Er baute seine Sozialwohnungshäuser ebenso durchdacht und elegant wie beispielsweise das »Grand Hotel Esplanade«, eines der wenigen Fünf-Sterne-Hotels West-Berlins, schön gelegen am Ufer des Landwehrkanals.
Sawade hat bei Oswald Mathias Ungers an der TU Berlin studiert und von ihm den strikten Rationalismus des rechten Winkels übernommen, am Hotelbau auch zur Winkelhalbierenden weiterentwickelt. Architekturgeschichte schrieb er mit dem Totalumbau des ehemaligen »Universum«-Kinos am oberen Kurfürstendamm zum Privattheater »Schaubühne«, das in den späten 70er Jahren als Hätschelkind der Berliner Kulturpolitik hierher verpflanzt wurde. Erich Mendelsohns Bau wurde dabei vollständig entkernt, stattdessen ein Betonbau für Zuschauerraum und Bühne hineingesetzt und lediglich die Fassade stehen gelassen – ein denkmalpflegerisch problematisches Vorgehen. Mit den nachfolgenden Bauten machte sich Sawade erneut angreifbar, ungerechterweise, denn die Vorschriften des Sozialwohnungsbaus erzwangen nun einmal Großbauten wie an der Potsdamer Straße. Mit dem Grand Hotel Esplanade hingegen konnte er beweisen, welche gestalterischen Möglichkeiten im strengen Raster liegen. Vor dem zwischen zwei auseinanderstrebenden Straßen angelegten Dreieck des Bauwerks schuf er eine Vorfahrts- und Eventzone, die aus dem Hotel ein vollgültiges und gern genutztes Veranstaltungszentrum macht. In West-Berlin war das 1988 fertiggestellte Hotel ein Signal für die Zukunft der Stadt. Die kam dann anders, als je erwartet werden konnte. Nun konnte Sawade auch in der historischen Mitte der Stadt bauen, bereits 1995 mit einem der ersten Neubauten Unter den Linden. Jahre später, 2003, gab Sawade seinen Beruf auf und vermachte das Büroarchiv der Akademie der Künste, der er seit 2002 als Mitglied angehörte. »Architektur ist Kunst, und beides bedarf einer Haltung, wenn sie gut sein soll«, hat er rückblickend gesagt. Seine Bauten stehen dafür ein.
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