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Die Natur als Vorbild
Natürliche Strukturen sind zumeist material-effizient, höchst tragfähig und strahlen eine gestalterisch ansprechende, auf das Nötigste reduzierte Anmutung aus. Im Sinne dieser Philosophie forschen Studenten der Institute ICD (Institute for Computational Design) und ITKE (Institute of Building Structures and Structural Design) an der Universität Stuttgart seit dem Jahr 2010 an neuen Konstruktionsmöglichkeiten, die der Natur entlehnt sind. Die Forschungsergebnisse werden seitdem jährlich mittels eines selbst entworfenen Pavillons auf dem Uni-Campus präsentiert. Beim aktuellen Projekt diente das Netz einer Wasserspinne als Grundidee für das Tragwerk. Die Spinne baut unter Wasser ein horizontales Geflecht, unter das sie Luft transportiert. Die Luft kann nicht entweichen und nimmt zusammen mit dem Netz eine Blasenstruktur an, die die Spinne dann Schicht um Schicht verstärkt. Diese Konstruktion ist so stabil, dass sie problemlos unter Wasser bestehen kann, wobei die Luftblase der Sauerstoffversorgung der Spinne dient. Nach diesem Prinzip wurde nun der Pavillon realisiert, bei dem ein Flechtwerk aus Carbonfasern das Tragwerk bildet, präzise von einem speziellen Computerprogramm berechnet. Die erste Schicht aus ETFE wird mit Luftdruck in Form gehalten. Darunter generiert ein Roboter das Flechtwerk aus der Vorlage des Computerprogramms, bis es sich selbst trägt und Belastungen von außen standhalten kann. Der Pavillon schafft einen flexibel nutzbaren Ort, der insgesamt 40 m² überdeckt. Dabei ist er gerade einmal 260 kg schwer, weshalb er auch an einer beschwerten Holzbasis befestigt werden musste. Das Projekt zeigt anschaulich, wie Erkenntnisse aus Biologie und Physik zusammen mit neuesten technischen Arbeitsweisen einen pragmatischen, doch zugleich originellen Zugang zur Architektur schaffen. Bis Ende September kann der Pavillon besichtigt werden.
~Alfred Hottmann
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