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Weltkonstruktion

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Weltkonstruktion

Weltkonstruktion
Der außereuropäische Hausbau und die moderne Architektur – Ein Wissensinventar. Von Sascha Roesler. 656 S., m. 283 s/w Abb. u. 19 farb. Weltkarten, 79 Euro, Gebr. Mann Verlag, Berlin 2013

~Bärbel Högner

In den 30er Jahren verglich Bruno Taut das japanische Bauernhaus mit den Pendants in Europa. Angesichts frappierender formaler Ähnlichkeiten attestierte er der japanischen Architektur einen »internationalen Zug« und konstatierte einen weltweit zu findenden architektonischen Sachverstand. Tauts Analyse steht exemplarisch für den Blick jener Zeit – der Hausbau außerhalb Europas wurde als Weltarchitektur wahrgenommen. Die umfangreiche Untersuchung »Weltkonstruktion« zeichnet nun den Wandel im Diskurs ethnografisch forschender Architekten nach, der sich in den 40er Jahren auf das Thema Habitat konzentrierte, gefolgt von Beobachtungen zum vernakulären Bauen ab den 60er und Studien des informellen Bauens seit den 70er Jahren.
Sascha Roeslers Inventarisierung des Wissens über universale domestikale Konstruktionsweisen führt zu zentralen Schauplätzen exilierter europäischer Architekten. Sein mit zahlreichen Fotografien, Diagrammen und Karten sorgfältig gestalteter »Reiseführer« zeichnet die Wanderrouten moderner Architektur im 20. Jahrhundert nach, beleuchtet regionale Einflüsse und stellt herausragende Paradigmen vor. So steht das Türkische Haus für das Zusammenspiel von lokalem Umfeld und Neuem Bauen im Kontext eines neuen Nationalstaats, während Ernst Mays Hook-on-Slab-Projekt in Kenia modellhaft den Versuch der Aneignung traditioneller Bauformen mit den Mitteln zeitgenössischer Techniken darstellt – die Schilfhütte als vorfabriziertes Typenhaus.
Das in einem kulturwissenschaftlichen Sprachduktus verfasste Werk gliedert sich in drei Teile, die der Formierung, Verteilung und Verdichtung der Erkenntnisse zum außereuropäischen Hausbau gewidmet sind. Roesler strebt eine Erweiterung des aktuell auf »Lasten und Tragen« fokussierten Begriffs der Konstruktion an, denn aus seiner Sicht gilt es, lokalspezifische und historische Umgangsweisen zu integrieren. Wenngleich sich die ambitionierte Studie auch als Beitrag zum interdisziplinären Forschungsfeld der Architektur-Anthropologie versteht, liegt doch ihre Stärke in der Materialsammlung. Roeslers Ausführungen zur Geschichte der ethnografischen Architekturforschung und die systematische Darstellung komplexer Querbezüge sind ein Meilenstein in der Aufarbeitung der wechselseitigen Befruchtung von Architektur der Moderne und architektenfernen Bautraditionen. Würde das längst fällige Nachschlagewerk noch über einen Index verfügen, wäre es perfekt.
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