Acht Jahre klingen nicht nach einem besonders langen Zeitraum, doch war es genug, um die Stadt Frankfurt nachhaltig bis heute zu prägen. Die facettenreiche Architektur, die dort zwischen 1925 und 1933 entstand, reagierte auf die akute Wohnungsnot und das Streben nach einem moderneren Lebensstil. Obwohl das »Neue Frankfurt« einen sehr eigenständigen architektonischen Ausdruck besitzt, entspringt es dem gleichen Zeitgeist wie das Bauhaus aus Weimar.
Zu Beginn der Ausstellung wird durch einen Schwarzplan der Stadt ersichtlich, an welchen Orten sich das Neue Frankfurt manifestiert hat und wie überraschend groß die Anzahl der realisierten Projekte war. Im Anschluss daran werden die Akteure des Neuen Frankfurts genauer beleuchtet, allen voran Ernst May, der als Stadtbaurat bei vielen Projekten selbst planerisch beteiligt war. Aber auch Personen wie der Architekt Martin Elsässer und Oberbürgermeister Ludwig Landmann hatten einen erheblichen Anteil an der Umsetzung der Ideen des Neuen Frankfurts – besonders letzterer mit dem nötigen politischen Willen.
Die in der Ausstellung präsentierten Bauten weisen ein breites Nutzungsspektrum auf: U. a. Entwürfe von Siedlungen, Wohnungsbauten und Villen, aber auch Schulen, Kirchen und Industriebauten werden anhand von Plänen, Fotos, Modellen und bewegten Bildern veranschaulicht. Schnell ablesbar wird dabei der Hang zum Pragmatismus aber auch der Einbezug vom Außenraum in die Architektur – beides typisch für das Neue Frankfurt. Besonders gut kann man dies an der Römerstadt nachvollziehen: Die kompakten Reihenhäuser waren alle mit Gartenparzellen nach dem Vorbild der Gartenstädte aus England ausgestattet, womit die Bewohner die Möglichkeit hatten, selbst Obst und Gemüse anzubauen.
Vorgestellt werden allerdings nicht nur Gebäude, denn wie das Bauhaus hatte auch das Neue Frankfurt einen ganzheitlichen Anspruch. Ein sehr bekanntes Beispiel aus dem Bereich des Innenausbaus ist die Frankfurter Küche: eine auf die Arbeitsabläufe optimierte, etwa 6,5 m² große »Küchenwerkstatt«, entworfen von der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky. Auch Titelblätter der monatlichen Zeitschrift zum Neuen Frankfurt, die zur Vermittlung der Ideen publiziert wurde, werden ausgestellt. Dessen Layout griffen die Kuratoren Wolfgang Voigt und Dorothea Deschermeier bei der Gestaltung der Ausstellung auf.
Auch wenn sich seit dem Ende dieser Strömung die Ansprüche an das Wohnen, den Städtebau und die Architektur stark verändert haben, gibt die Ausstellung gerade in Bezug auf die aktuelle Diskussion um steigende Wohnungspreise und Wohnungsnot in Großstädten wichtige Impulse für ein suffizientes und gesellschaftstaugliches Bauen in der heutigen Zeit.
Bis 18. August. Neuer Mensch, Neue Wohnung – Die Bauten des Neuen Frankfurt 1925-1933. Deutsches Architekturmuseum, Schaumainkai 43, 60596 Frankfurt a. M., Di-So 11-18, Mi bis 20 Uhr, Publikation: Wolfgang Voigt, Dorothea Deschermeier, Peter Cachola Schmal (Hrsg.),
22 Euro im Museumsshop. www.dam-online.de