Auch wenn die Ausstellung »Vom roten Stern zur blauen Kuppel« im Untertitel »Kunst und Architektur aus Zentralasien« verspricht, seien spezielle Fachinteressenten gewarnt: Für die exzentrische Architektur der fünf zentralasiatischen Nachfolgestaaten des einst sowjetischen Orients ist die Berliner ifa-Galerie zu klein. Zugunsten der freien Kunstprojekte hat man sich entschieden, nur acht original kolorierte Giebelentwürfe des Architekten Nikolai Sharskij aus Taschkent zu präsentieren. Über mehr, das heißt über alles Eigentliche soll der handliche Katalog informieren. Darin hat Kurator Philipp Meuser Reiseskizzen notiert, aus denen man vor allem erfährt, wie sehr mittelasiatisches Architektur- und Stadtverständnis noch immer vom Idealmaß westeuropäischer Urbanität abweicht. Die dramatischen Kulturumbrüche in jenen autoritären Wüstenstaaten, die ihren Abschied von der Sowjetperiode durch forcierte Islamisierung betonen und zugleich in der geostrategischen Arena als rohstoffreiche Inseln der Stabilität gehätschelt werden, vermag solch geraffter Überflug leider nicht einmal anzudeuten. Auch die überschwängliche Lobpreisung orientalisierter Plattenbauten in Taschkent behandelt das Phänomen »Massenfertigung und Ornament«, eine Zentralfrage der Moderne im Realsozialismus, eher irreführend. Interessant immerhin, wie intensiv sich auch die freie Kunstszene heute mit den dekorativen Bildwelten des Islam auseinander setzt, obwohl deftige Avancen an den westlichen Kunstmarkt nicht zu übersehen sind. Beeindruckend vor allem die Folkloreteller von Erbol Meldibekow, verziert mit Collagen von raketenbewehrten Kamelen und anderem waffenstarrenden Getier. Wolfgang Kil
Bis 30. Mai in der ifa-Galerie Berlin, Linienstraße 139; Di – So 14 – 19 Uhr; Katalog 9 Euro; www.ifa.de
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