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Neue Rechte, neue Pflichten

Diskurs
Neue Rechte, neue Pflichten

Seit dem 17. Juli 2013 ist die novellierte Fassung der HOAI 2013 in Kraft. Sie gilt ab diesem Zeitpunkt für alle neu begründeten

~Friedrich-Karl Scholtissek

Architekten- und Ingenieurverträge. Danach richten sich also auch die Mindestsatz-Honorare für die Planungsleistungen aus. Dabei hat insbesondere bei den Leistungsbildern der Architekten und Ingenieure eine umfassende Überarbeitung stattgefunden. Ziel der Novellierung war es – auch gerade vor dem Hintergrund desaströs in der Öffentlichkeit erscheinender Bauvorhaben wie der Elbphilharmonie, dem Großstadtflughafen Berlin, Brandenburg und Stuttgart 21 –, für mehr Kosten- und Terminsicherheit zu sorgen und noch eindeutigere Verantwortlichkeiten (und damit Haftungsgrundsätze und -zuordnungen) zu bestimmen. Für die Planer- und Ingenieurszunft bedeutet dies zugleich eine erhebliche Honorarerhöhung von im Schnitt 17 %.
Ob jedoch das zwingende Preisrecht der HOAI, an das sich die Vertragspar- teien grundsätzlich zu halten haben, das adäquate Mittel dafür ist, die ohnehin schon bestehende Haftungsintensität bei Architekten und Ingenieuren noch einmal ausdrücklicher zu apostrophieren, bleibt fraglich. Für die entsprechenden Haftungsverschärfungen in den letzten Jahren hat doch ohnehin die entsprechende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gesorgt. Und genau in diesen Aufgabenkreis, nämlich der Rechtsprechung oder aber des materiellen Rechts, gehört die Regelung und auch Verantwortlichkeitszuweisung. Nicht hingegen in das Honorarrecht.
Geht die Hoffnung bei der Novellierung damit einher, dass sich wesentliche Neuerungen wiederfinden, so wird diese einerseits im Rahmen der HOAI 2013 erfüllt. Andererseits wurde in der Alt-HOAI Aufgegebenes nun ausdrücklich in die HOAI 2013 wieder zurückgeholt, insbesondere bezogen auf Umbau- und Modernisierungsleistungen: Der bisher tot geglaubte Ansatz der mitverarbeiteten Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten ist nun wieder zum Leben erweckt worden. Die Planer sind bei Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen nun ausdrücklich berechtigt, die mitverarbeitete Bausubstanz einer Bewertung zuzuführen und bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen. Aber auch hier wird zukünftig bei der Vertragsgestaltung der Grundsatz der »Vereinbarungs-HOAI« gelten: Der Planer muss sich also sorgfältig im Rahmen der vertraglichen Regelungen vergegenwärtigen, hier bereits sehr frühzeitig entsprechende Vereinbarungen im Vertrag aufzunehmen, um unnötige Streitigkeiten in späteren Honorarprozessen zu vermeiden. Ebenso hat der Verordnungsgeber einen euphorischen 2009er-Zopf abgeschnitten: Ist doch in der Vorgänger-HOAI dem Planer die Möglichkeit eingeräumt worden, einen Umbau- und Modernisierungszuschlag von bis zu 80 % zu vereinbaren. Der Blick zurück in die Praxis zeigt jedoch, dass nahezu kein Planer in der Lage war, in den Vertragsverhandlungen deutlich erhöhte Zuschläge für Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen durchzusetzen: Die starke Auftraggeber-Macht ließ die Planer zwischen 20 bis max. 30 % beim Umbau- und Modernisierungszuschlag einpendeln. Durch die wieder geschaffene Möglichkeit der Anrechenbarkeit der mitverarbeitenden Bausubstanz kann nun für Objekte, die in die Honorarzone III einzuordnen sind, ein Umbauzuschlag von bis zu 33 % schriftlich vereinbart werden. Da die Erhöhung der anrechenbaren Kosten über die mitverarbeitete Bausubstanz und der Umbau-/Modernisierungszuschlag kumulierend geltend zu machen sind, mithin ein Positivum für den Planer. Gleichwohl hat es auch in dieser Novellierungs-Verordnung der Gesetzgeber nicht vermocht, das Honorarrecht so aufzustellen, dass insbesondere Bauten im Bestand eine besonders ausdifferenzierte Berücksichtigung bei der Honorarfindung erhielten. Noch immer liegen hier doch erhebliche Unzulänglichkeiten vor, die auch zukünftig auf der Arbeitsagenda des Verordnungsgebers liegen sollten.
Mit einem weinenden – aber auch einem lachenden – Auge werden die Planer die neue Zahlungsregelung bezogen auf Schlussrechnungen zur Kenntnis nehmen müssen. Denn als Fälligkeitsvoraussetzung für die Schlussrechnung ist nicht nur die für so viele Planer schwierige Voraussetzung bestimmt, dass diese »prüffähig« aufgestellt sein muss; vielmehr ist die weitere Voraussetzung die Abnahme der Architekten- und Ingenieurleistung. Bis heute herrscht Verwunderung bei Planern, dass ihre Leistungen nicht nur abnahmefähig, sondern auch abnahmepflichtig sind, will der Planer Sicherheit über den Beginn seiner Gewährleistungsfrist herbeiführen. Nunmehr werden zwar die Voraussetzungen für die Fälligkeit der Schlussrechnung scheinbar erhöht, doch wird hiermit auch ein deutliches Signal an die Architekten und Ingenieure gesendet: In ihrem eigenen Interesse – und um überhaupt den Honoraranspruch durchsetzen zu können – sollten sie die Abnahme ihrer Leistungen unbedingt durchführen, um sie im Streitfall gut dokumentiert beweisen zu können.
Neben den wesentlichen, aufgezeigten Neuregelungen wird zukünftig jeder Planer gut beraten sein, seine bisher verwendeten Verträge einer Überarbeitung zuzuführen und sich im Übrigen eingehend mit den neuen Leistungsbildern seiner spezifischen Zunft auseinanderzusetzen. Dies ist nicht nur zur Wahrung seiner finanziellen Interessen erforderlich, sondern ebenso, um den erhöhten Anforderungen an die Leistungserbringung gerecht zu werden und damit Haftungsansprüche gegen sich selbst auszuschließen. Insgesamt geht die Novellierung zwar in die richtige Richtung – Potenzial für Verbesserungen ist aber auch weiterhin vorhanden.
Der Autor ist Rechtsanwalt und Gründungspartner der Sozietät SK-Rechtsanwälte sowie Lehrbeauftragter für Bau- und Architektenrecht an der HafenCity Universität Hamburg (HCU).
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