Rund ein halbes Jahr nach der Schlüsselübergabe war im Juni »Grand Opening« der Kunsthalle Mannheim mit einer Neuinszenierung der Sammlungen im Jugendstilbau (Hermann Billing) und dem vorgelagerten Neubau von gmp (s. db 12/2017, S. 61). Mannheim hat in Zeiten der Städtekonkurrenz auf das veränderte Rezeptionsverhalten der Besucher eher spät mit mehr Fläche für Sonderausstellungen reagiert. »Offen für alle« will Direktorin Ulrike Lorenz das Haus halten, welches sammlungsgeschichtlich einen Skulpturen-Schwerpunkt hat. Zum Museumskonzept gehören neue digitale Angebote, die die Ausstellungen erweitern, sowie die vom Stuttgarter Atelier Klangerfinder realisierte »Collection Wall« im EG, die sich aus 16 Monitoren zusammensetzt. Bereits im Entree können damit die Besucher 1.100 Kunstwerke abrufen und erforschen. Begehbare Terrassen in den OGs bieten ungewohnte Stadtblicke, Restaurant wie Museumsshop offerieren, ebenerdig gelegen, auch für Passanten Möglichkeiten zum Verweilen.
Der neuen Ausrichtung entsprechend, zeigt die erste Sonderschau im EG auf rund einem Drittel der neu zu bespielenden Fläche Werke des etablierten kanadischen Fotokünstlers Jeff Wall (noch bis 9. September). Seine leuchtenden Exponate verweisen auf einen facettenreichen Kontext der Betrachtung von Körper und Raum und bilden damit einen geeigneten Übergang zum dreidimensionalen Medium Skulptur. In hellem Licht zeigt sich auch die von James Turrell gestaltete Passage vom Neu- in den Altbau; leider kann die Installation wegen der Enge des Raums nicht recht wirken.
Die 3.500 m² Ausstellungsfläche im Neubau verteilen sich auf 13 sogenannte Kuben. Schade, dass die Sammlungsstücke trotz diesem räumlichen Luxus so dicht gestellt sind. Neben den Spitzenwerken der Malerei bietet das Museum im 1. OG auch Überraschungen, wie die 1936-58 aufgebaute, in der Nazizeit politisch unverfängliche »Werkkunstsammlung« von Walter Passarge im Hochregal. Dem aktuellen Trend nacheifernd, Lagerung und Sichtbarmachen von Kunst zu vereinen, ist im 2. OG u. a. ein kleines Schaudepot eingerichtet – das Schaulager Basel oder auch das Vitra Schaudepot könnten hier Pate gestanden haben. Bewundernswert konsequent integriert die Kunsthalle in den historischen Galerien des Jugendstilbaus ergänzend ihre siebenjährige Provenienzforschung. Ein Fokus liegt auf den Auswirkungen der NS-Zeit auf Sammlung und Förderer der 1909 als Museum gegründeten Kunsthalle.
Seltsam überdimensioniert wirkt schließlich das 700 m² große Foyer, die »Stadt in der Stadt«. Es dürfte ein Kraftakt werden, dort regelmäßig kostendeckende Veranstaltungen zu organisieren, wenn nicht gerade Ausstellungseröffnung ist.