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Humboldt Forum: Umgang mit umstrittenen Spendern

Berliner Schloss
Humboldt Forum: Umgang mit umstrittenen Spendern

Die Diskussion um fragwürdige Spender für den Bau des Berliner Humboldt Forums geht weiter. Doch worum handelt es sich dabei genau? Von den 682 Mio. Euro umfassenden Kosten trugen der Bund 570 Mio. und das Land Berlin 32 Mio. bei. Die restlichen 80 Mio. Euro für die Rekonstruktion der barocken Fassaden des Berliner Schlosses kamen ausschließlich von privaten Förderern. Zusätzlich zu diesem Budget wurden für bauliche Optionen, namentlich der vollständigen historischen Rekonstruktion der Kuppel und der Innenportale 2,3 und 4 sowie der Portaldurchgänge etwa 17 Mio. Euro gespendet, heißt es in einem Architektur-Dossiers des Humboldt Forums. Zu den Großspendern an den Förderverein Berliner Schloss zählten der Jurist und Bankier Erhardt Bödecker und seine Ehefrau. Die inzwischen verstorbenen Förderer wurden wie andere, die mehr als 1 Mio. spendeten, mit einem Medaillon im Durchgang des Portals 3 geehrt. Daran und dass sie überhaupt spenden durften, stößt sich Prof. Philipp Oswalt vom Fachgebiet Architekturtheorie und Entwerfen der Universität Kassel. In einem Gastbeitrag für den»Tagesspiegel« am 27.10.21 schrieb er u. a.: »Bödeckers Preußenbild hätte jeden SED-Ideologen in seinen Vorurteilen bestätigt. Es hat rechtsradikale Züge.« Und weiter ist zu lesen: »Rekonstruktionsbauten können eine legitime Form staatlich-gesellschaftlicher Repräsentation sein. Aber der Bund als Bauherr und Hauptförderer der preußischen Symbolbauten in Berlin und Potsdam muss sich der Frage stellen, ob aus fehlender Achtsamkeit nicht immer eine klare Abgrenzung zu rechtslastigen Spendern erfolgt ist und dies der Korrektur bedarf.«

Oswalts Recherchen und seine daraus abgeleiteten Forderungen entgegnete die Stiftung Humboldt Forum (SHF) im Berliner Schloss in ihrer Stellungnahmen vom 2.11.21 so: »Die von Oswalt nun recherchierten umstrittenen Äußerungen Ehrhardt Bödeckers waren der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss (SHF) vorher nicht bekannt. Die Akteure und das Team des Humboldt Forums teilen in keiner Weise die Meinungen, die Bödecker laut diesen Recherchen zu einem militaristischen Preußen- und Kaisertum, zu Krieg und Holocaust vertreten hat und bekennt sich klar gegen jede Form von Gewaltverharmlosung, Diskriminierung, Ausgrenzung oder Rassismus.« Und weiter: » Die SHF wird ein renommiertes zeithistorisches Institut beauftragen, diesen Vorwürfen nachzugehen. (…) Der Stiftungsrat begrüßte auf seiner Sitzung dieses Vorgehen der Stiftung. Die SHF wird danach entscheiden, wie mit der Spenderehrung des Ehepaars Bödecker umgegangen werden soll.«

Die vage SHF-Ankündigung reichte Oswalt nicht aus, weswegen er in einem Schreiben vom 4.11.21 erwiderte: »Beiden (Förderverein und Stiftung, die Redaktion) lag schon seit Wochen eine Dokumentation mit Quellennachweisen von den Äußerungen Bödeckers vor. (…) Gleichwohl beschloss der 15-köpfige Stiftungsrat lediglich, ein renommiertes zeithistorisches Institut (zu) beauftragen, diesen Vorwürfen nachzugehen. Wollte er auf Zeit spielen? Oder wollte er nicht selber die Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen, sondern diese einem Experten übertragen? Das eine ist so beschämend wie das andere, und zeigt auch einen der Gründe auf, wieso so etwas so lange ohne Widerspruch bestehen konnte. (…) Noch abgründiger ist allerdings das Verhalten des Fördervereins, welcher Ehrhardt Bödecker als Großspender eingeworben hatte und mit ihm in engem Kontakt stand. Seit Wochen: kein Wort der Distanzierung, kein Wort des Bedauerns, kein Zeichen der Scham.«

Wie notwendig es ist, Spendengelder kritisch zu hinterfragen, zeigt der Wiederaufbau des Berliner Schlosses in nahezu exemplarischer Weise. Es ist nicht das einzige Beispiel. Immer, wenn es um herausragende, historische Bauten oder Wiederherstellungen und deren Bedeutung für die Gegenwart geht, sollte man wachsam sein. Denn politische Einverleibungen – egal welcher Couleur – lassen oft nicht lange auf sich warten. ~Gabriele Benitz

www.humboldtforum.org

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