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Eingezäunte Grünschneise

Die Bundesgartenschau in München-Riem öffnet ihre Tore
Eingezäunte Grünschneise

Gartenschauen sind längst nicht mehr nur Blumenrummel – die ausrichtenden Städte benutzen sie, um Grünplanungen zu verwirklichen, die ohnehin anstanden. Unter Termindruck rascher und mit viel Publicity realisiert, werden die grünen Schmuck- stücke aber meist auch erheblich teurer als ohne den Rummel. Und die Anwohner müssen zunächst damit leben, für ihren Auslauf Eintritt zu bezahlen. So auch in München: Die immer noch ziemlich sterile Messestadt auf dem ehemaligen Flughafengelände an der östlichen Peripherie der Stadt rückt erneut ins Blickfeld einer breiten Öffentlichkeit. Mit vielen guten Vorsätzen für einmal 16 000 Einwohner und fast ebenso viele Beschäftigte bereits seit Mitte der achtziger Jahre kompakt geplant (siehe db 10/1999), erhält der 560 Hektar große Satellit nun auf knapp einem Drittel seiner Fläche einen weitläufigen Landschaftspark mit Badesee, Waldpartien und einer 2,5 Kilometer langen, schnurgeraden Parkterrasse, die ihr französischer Planer der Rollbahn von einst nachgezeichnet hat.

In diese riesige, ursprünglich topfebene und ziemlich unfruchtbare Ost-West-Grünschneise sowie auf zwei angrenzenden, noch nicht erschlossenen Baufeldern der Messestadt hat man nun auf rund 130 Hektar die Gartenschau arrangiert und zu diesem Zweck erst einmal alles eingezäunt. – Zum Vergleich: Der zur IGA 1983 in München angelegte Westpark war nicht einmal halb so groß. – Um den Besuchern den weiten Parcours erträglich und in der Ebene einen Überblick möglich zu machen, gibt es eine Gondelbahn, deren Masten und Kabel den Park leider ziemlich verunstalten. Die temporären Installationen der Schau stehen erwartungsgemäß im scharfen Kontrast zum geradlinig-weitläufigen Landschaftspark. »Perspektivenwechsel« lautet dieses Mal das – erklärungsbedürftige – Motto. Es geht um Maßstabssprünge vom Mikro- zum Makrokosmos, vom Menschen zur Natur. So liegen im kleinräumigen »Zellengarten« artifizielle Themen-Inseln, die Lebensräume wie eine Wiese, Pfütze, Mauerritze, einen Maulwurfshügel, ein Vogelnest oder einen engen Schweinestall aus der Perspektive der jeweiligen Bewohner (und der Sponsoren) darstellen. Klar abgegrenzt auch der anschließende »Senkgarten« mit den Gärten der Potenzen, wo mikroskopische Einblicke stufenweise vergrößert in Pflanzungen und Wegmuster umgesetzt wurden.
Wem diese »virtuellen« Realitäten zu konstruiert vorkommen, findet natürlich auch saisonal wechselnde Blütenteppiche ohne Hintersinn, einen organisch geschwungenen so genannten Blattgarten neben den mit dem Lineal gezogenen »Parallelen Gärten«, die wiederum einen der jungen Waldstreifen durchschneiden – insgesamt wurden 30 000 Bäume gepflanzt. Zum Gelände- rand hin finden sich eine von Architekturstudenten originell mitgestaltete Kleingartenkolonie, ein architektonisch gefasster, allein 14 Hektar großer Badesee und Aussichtsberge mit Alpenpanorama.
Ein geplantes Patchwork also, dieser Buga-Park, in dem, trotz der Größe, nicht viel dem Zufall überlassen blieb. Die Peripherie sieht meistens anders aus. Was nach dem Rummel nicht demontiert, umgepflügt oder überbaut wird, dürfte die Lebensqualität im erst halbfertigen Stadtteil beträchtlich verbessern.
Die Kosten sind indes enorm: 65 Millionen Euro für den Landschaftspark und 41 Millionen für die Gartenschau, davon knapp 8 Millionen aus städtischen Töpfen. Man hofft auf vier Millionen zahlende Besucher. Christoph Gunßer
28. April bis 9. Oktober 2005, Messestadt München-Riem; Entwurf Landschaftspark: Latitude Nord, Paris, Gilles Vexlard Bugakonzept: Rainer Schmidt Landschaftsarchitekt, München Führungen zur Architektur: Bayer. Architektenkammer, www.buga2005.de Publikation: Buga 05, das Buch, München 2005, 288 Seiten, Euro 9,95
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