Rund 70 Bauten hat Werner Düttmann in Berlin in den 50er bis 80er Jahren ausgeführt, im Westteil der Stadt. Ihm ging es nach dem Krieg nicht um Wiederaufbau, sondern um Neubau. Licht und luftig sollte alles werden.
Dass die Ausstellung aus Anlass des 100. Geburtstag des 1983 im Alter von nur 61 Jahren verstorbenen Architekten im Brücke-Museum stattfindet, diesem seinem Meisterwerk am Rand des Grunewalds, lässt genau diese Aufbruchstimmung erahnen, die seine Generation beflügelte. Museumsdirektorin Lisa Marei Schmidt hat den zugleich bescheidenen wie großzügigen Bau auf seinen Ursprungszustand zurückführen lassen, mit freien Fensterbändern oberhalb der Wände.
Fotografien, Dokumente, Gemälde des künstlerischen Autodidakten und Stücke aus seiner kunterbunten Sammlung fügen sich zum Bild eines rastlos Tätigen, aber ebenso mit vollem Einsatz Genießenden. Seine Ansprachen und Festlichkeiten als Präsident der Akademie der Künste in dem Bau, den er doch selbst entworfen hatte, sind legendär. Sechs Jahre lang war er als Senatsbaudirektor oberster Baubeamter der Stadt, in dieser Zeit entwarf er u. a. Sozialwohnungs-Ungetüme v. a. in Kreuzberg, dem zum Totalabriss freigegebenen Bezirk. Die Bewohner freilich loben bis heute seine ausgefeilten Grundrisse, viel Platz auf wenig Raum. Überhaupt seine Liebe zum Detail, die Möbel eingeschlossen, vom Seniorenwohnheim im Wedding über die Bücherkarren der Hansa-Bibliothek [3/4] bis zu den massigen Sesseln im Museum. Dazu die Liebe zum Material, von der die Ausstellung insofern eine Ahnung gibt, als sie den Besucher anregt, selbst hinzuschauen, auf Backstein, roh geschalten Beton, auf Holz in allen Farbnuancen. Mancher Bau hat Anklänge an den Brutalismus, seine beiden Kirchenbauten zumal; St. Agnes [5] – nicht länger als Kirche genutzt – mit dem hohen Raumkubus und den Lichtleisten an der Decke ist ein wunderbarer Entwurf. In späten Jahren machte Düttmann Kommerzarchitektur, darunter das »Ku‘damm-Eck« als mehrgeschossige Shopping Mall, längst wieder abgerissen, weil kein Erfolg. Die meisten seiner Bauten aber sind vorhanden und prägen Berlin stärker, als es der Stadt bewusst ist.
~Bernhard Schulz
Werner Düttmann. Berlin. Bau. Werk. Eine Ausstellung im Brücke-Museum und an 27 weiteren Orten. Bis 29. August. Infos für den Besuch: https://www.bruecke-museum.de/de/besuch/24/info. www.wernerduettmann.de