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Die Karten werden neu gemischt

Diskurs
Die Karten werden neu gemischt

~Bernhard Schulz

Der Rücktritt Klaus Wowereits vom Amt des Regierenden Bürgermeisters von Berlin verändert die Ausgangslage für den geplanten Neubau der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) endgültig. Die Karten werden nun tatsächlich neu gemischt. Bislang herrschte nach der Ablehnung aller Bebauungsplan-Vorschläge für das Tempelhofer Feld, das Flugfeld des ehemaligen Flughafens, lähmendes Schweigen. Die Leitung der ZLB, strikt auf Wowereits Kurs verpflichtet, konnte sich zu keiner Handlung durchringen, nachdem die von ihr mitgetragene Planung durch den Volksentscheid über Tempelhof Makulatur geworden war.
Der Ausgang dieses Volksentscheids, eine schallende Ohrfeige für die selbstherrliche Senatspolitik, dürfte eine Rolle bei Wowereits Entschluss zum Amtsverzicht gespielt haben, auch wenn er namentlich allein die »schwere Niederlage« des BER-Debakels nannte. Denn der ZLB-Neubau in seinem Heimatbezirk Tempelhof, in dem er 13 Jahre lang Volksbildungsstadtrat und somit zuständig für die Büchereien war, galt als sein Herzensanliegen, das er, wie in seiner Spätzeit als »Regierender« üblich, »par ordre du Mufti« durchsetzte.
Jetzt ist eine Neuentscheidung nötig. Soll die ZLB als Erweiterungsbau der ein halbes Jahrhundert alten Amerika-Gedenkbibliothek im Bezirk Kreuzberg realisiert werden – wie vor dem Mauerfall 1989 geplant –, oder soll noch einmal ein gänzlich neuer Standort ins Visier genommen werden? Der Gedanke, die ZLB auf der trostlosen Fläche des einstigen »Marx-Engels-Forums« gegenüber dem Schloss-mit-Humboldtforum zu errichten, findet zahlreiche Befürworter. Ob damit allerdings der Rückzug des Landes Berlin aus dem Humboldt-Forum verbunden wäre, wo die Landesbibliothek ein 4 000 m² großes Schaufenster zu den außereuropäischen und ethnologischen Themen des Hauses bespielen soll, ist unklar. Immerhin hat das Land Berlin bereits 27 der vertraglich zugesagten 32 Mio. Euro Finanzmittel geleistet, die für die Errichtung der Bibliotheksfläche kalkuliert worden sind – und zudem das landeseigene Grundstück eingebracht, das die Stiftung Humboldt-Forum als Bauherr für den Bund bebaut.
Die »Wowereit-Gedenkbibliothek«, wie Gegner der Tempelhof-Pläne sie hämisch nannten, wird es definitiv nicht geben. Ein neuer Standort bedingt auch eine neue Architektur. Über die exorbitanten Kosten, die mit 270 Mio. Euro haushaltstechnisch bereits vorgemerkt sind, wird gleichfalls zu sprechen sein. Bis zum 11. Dezember, dem angekündigten Tag des Rücktritts, ist Wowereit eine »lame duck«; die Rücksicht seiner Parteifreunde, die sich nun ganz dem sozialdemokratischen Lieblingsspiel der Flügelbildung und Selbstzerfleischung widmen können, wird eine Entscheidung oder auch nur die Andeutung davon jedenfalls in diesem Jahr verhindern. Mal sehen, ob der ZLB-Neubau auf der Dringlichkeitsliste des neuen »Regiermeisters« auftaucht, wer immer dies auch sein wird.
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