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Bundesstiftung Baukulturakademie?

Bundesstiftung Baukulturakademie?
Bundesstiftung Baukulturakademie?

Bundesstiftung Baukulturakademie?
Die Bauakademie in Berlin von Karl Friedrich Schinkel, 1836 erbaut, im Zweiten Weltkrieg beschädigt und 1961-62 abgebrochen, Foto: Königlich Preußische Messbildanstalt, 1911
Der Wiedergänger des einstigen Berliner Schlosses ist fertig und als Humboldt Forum in Betrieb gegangen. Schräg gegenüber soll nun noch Schinkels Bauakademie, deren Ruine von der DDR weggesprengt wurde, wieder erscheinen, dieses Mal nicht »auferstanden aus Ruinen«, sondern aus dem Nichts. Den Aufbaubefürwortern geht es um das historische Stadtbild, um nichts anderes.

~Falk Jaeger

Es gibt aber auch jene, denen die Institution am Herzen liegt, Schinkels Vermächtnis, seine Idee von der Zukunft des Bauens, die zu Rekonstruktionsbestrebungen reziprok steht. Tapfer versucht deshalb die Bundesstiftung Bauakademie die Frage der Gestaltung ihres Neubaus offen zu halten. Auf der Website wird das Augenmerk auf Nebenschauplätze gelenkt, auf die vielen anderen Anforderungen an das Gebäude wie z. B. Energieeffizienz und Klimaneutralität, Ressourceneffizienz und Wirtschaftlichkeit. Pillepalle, weil unstrittig. Heftig umkämpft ist dagegen die Frage, ob der Bau als 1:1-Rekonstruktion, als Hybridlösung oder in moderner Gestalt errichtet werden soll.

Die Marschrichtung ist freilich vorgegeben, denn längst haben sich die Befürworter einer Faksimile-Bauakademie formiert und verfolgen den gleichen erfolgreichen Schlachtplan wie beim Wiederaufbau des Schlosses nebenan. Sie mobilisieren an der Fachdiskussion vorbei die breite Öffentlichkeit. Es geht nur um Nostalgie, aber argumentieren tun sie mit der epochalen und zukunftsweisenden Bedeutung des Schinkel’schen Baus. Gerne wird auf dessen Initialzündung für die Moderne verwiesen (die man aber eigentlich verabscheut).

Die PR-Maschinerie läuft wie geschmiert (was natürlich per se nichts Verwerfliches hat). Gerade haben sich der Förderverein Bauakademie e. V., die Gesellschaft Historisches Berlin e. V. und der Stadtbild Deutschland e. V. zusammengetan und bei Forsa eine bundesweite Umfrage in Auftrag gegeben, aus der hervorging, dass sich die Mehrheit der Befragten eine originalgetreu rekonstruierte Fassade wünscht – ohne dass ihnen freilich ein Alternativentwurf vorgelegt worden wäre.

Das Votum hat natürlich Gewicht, und so wird, zeitgleich mit den Tagungen eines »Thinktanks Wettbewerb«, in dem Expertinnen und Experten aus den Bereichen Planung, Bauwesen und Politik Handlungsempfehlungen erarbeiten sollen, »eine ›Werkstatt‹-Reihe der bürgerschaftlich engagierten Öffentlichkeit die Gelegenheit geben, sich mit ihren Vorstellungen in den Entscheidungsprozess einzubringen«, wie die Stiftung verlauten lässt.

Die Hoffnung von Gründungsdirektor Guido Spars, sich noch Beinfreiheit offen zu halten, weil eine historische Hülle allzu lästige funktionale und planerische Vorgaben und Einschränkungen mit sich brächte, hat nun einen weiteren heftigen Dämpfer erfahren. Der Senat von Berlin, genauer Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel und Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, sind dabei, eine Gestaltungsverordnung auf den Weg zu bringen, die die Rekonstruktion der Fassaden zwingend vorschreibt. Kahlfeldt stellte die Verordnung »den verdutzten Mitgliedern des ›Thinktanks Wettbewerb‹ in einer Sitzung am 5. September vor«, wie der Tagesspiegel schrieb.

Der Bund, immerhin Geldgeber und Bauherr, fühlt sich durch das Vorpreschen brüskiert. Baustaatssekretär Sören Bartol hofft, »dass die Gestaltungsverordnung nicht das letzte Wort Berlins sei«, und will sich »intensiv um eine konstruktive Kommunikation mit dem Land Berlin« bemühen.

Kommt der Schinkelbau, wird er neben dem Schloss der zweite Prunkbau mit Kulissenfassade und dürftigem Gipskarton-Innerem sein, denn innen wird nicht rekonstruiert. Da »haben die Architekten ausreichend Raum, sich zu verausgaben«, sticheln die versammelten Berliner Bürgervereine, denen das Innere schnurz ist, weil sie sich nur um das historische Stadtbild mühen.

Dass die vor einigen Jahren veranschlagten 62 Mio. Euro ausreichen werden, ist angesichts der aktuellen Entwicklung im Bauwesen ohnehin jenseits realistischer Erwartungen. Man wird planen und dann noch mal scharf nachrechnen müssen. Und ob dann der Haushaltsausschuss die, sagen wir, doppelte Summe nachträglich genehmigen wird, ist fraglich. Die Diskussion um das Wie wird sich möglicherweise wenden in eine Diskussion um das Ob überhaupt.

Vielleicht erinnert man sich ja der Kritiker, die nach wie vor keine Notwendigkeit einer zweiten Bundesstiftung sehen und wegen der unscharfen inhaltlichen Abgrenzungen und konzeptionellen Überschneidungen die Vereinigung mit der schon etablierten Stiftung Baukultur vorschlagen. Doch die hat ihren Sitz in Potsdam – keine Option für die Berliner. Zur »Baukulturakademie« wird es wohl nicht kommen, so logisch und vernünftig das wäre. Oder doch? Die einstigen Protagonisten einer eigenständigen Bauakademie in rekonstruierter Hülle, Johannes Kahrs (Ex-MdB) und Monika Grütters (Ex-Kulturstaatsministerin), für die eine solche Entwicklung Gesichtsverlust bedeuten würde, sind längst nicht mehr im Amt.

Der Autor lebt und arbeitet als freier Architekturkritiker in Berlin

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