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Bleistiftdünn

Diskurs
Bleistiftdünn

Bleistiftdünn
Foto: 56 Leonard/Alexico
~Bernhard Schulz

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Die New Yorker Skyline hat sich verändert. Diesmal nicht durch einen Terroranschlag, gottlob nicht; die Doppeltürme des World Trade Centers sind längst ersetzt durch den höheren Nachfolger von SOM, der weitaus bildkräftiger in die Höhe ragt als das verschwundene Duo. Nein, viel weiter rechts – gesehen von der Autofahrt vom Kennedy-Flughafen aus –, also in Midtown, geht ein erratischer Strich in die Höhe. Es ist der Apartment-Turm von Rafael Viñoly mit der nüchternen Adresse 432 Park Avenue, der sich 425 m hoch reckt, mit 96 Stockwerken, offiziell jedenfalls, denn nicht immer sind die Angaben der geltungssüchtigen Hochhaus-Bauherren exakt, und nicht nur die ominöse 13. Etage fällt bei Zählungen gern unter den Tisch. Aus der Ferne ein Strich, ist der hell verkleidete Bau aus unmittelbarer Nähe kaum zu erfassen, steht er doch mehr in der 57. Straße als unmittelbar an der mehrfach breiteren Park Avenue. Vinolys Rekordbau – höher als One World Trade Center, wenn man dessen Antennenaufsatz unberücksichtigt lässt, hat die »New York Times« vorgerechnet – ist das Paradebeispiel des Bautyps »pencil tower«, Bleistiftturm. Architektonisch, nun ja, nicht eben einfallsreich, eine Art riesenhafter Vierkantpfeiler. Ganz anders, geradezu das Gegenteil, der Wohnturm des Schweizer Duos Herzog & de Meuron in der immer schon hippen Gegend Tribeca (»Triangle below Canal Street«), ebenfalls nur mit seiner Adresse bezeichnet als »56 Leonard«. 58 Stockwerke hoch fahren an allen Seiten so etwas wie Schubladen aus dem Gebäude heraus, das heißt, ein Gebäudekern ist gar nicht zu erkennen, sondern das Ganze mutet an wie ein unregelmäßig gestapelter Turm aus horizontalen Klötzchen. Irritierend die offenen Balkone oder Terrassen; fegt nicht über New York und oft genug durch seine Hochhausschluchten ein heftiger Wind, bei dem das Draußensitzen alles andere als gemütlich sein kann? Egal, wir können uns sowieso keines der 145 als »spatially innovative«, als »räumlich neuartig« vermarkteten Apartments leisten, nicht einmal eine Besenkammer, und so betrachten wir das 250 m hohe Gebäude mit Vergnügen an seiner ungewöhnlichen, spielerischen Form und seiner, wenn man so will, »Plötzlichkeit« in einer Gegend, die – anders als Midtown – gerade nicht durch ehrgeizige Hochhäuser gekennzeichnet ist. Viñoly heimst den (derzeitigen, bereits von baldiger Überbietung gefährdeten) Rekord ein, derlei lieben Vermarkter; die beiden Basler Weltbaumeister hingegen haben die Extravaganz der Form für sich. Eine Herausforderung für Ingenieure und Statiker waren beide Bauten, die (der Teufel steckt im Detail) erst allmählich fertig werden und sich in den New Yorker Alltag einfügen.
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