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Turmhaus

Haus in Brixlegg (CH)
Turmhaus

Eine traditionelle Bauweise wie den Holzblockbau so weiter zu entwickeln, dass zeitgenössische Wohnvorstellungen und ästhetische Vorlieben nicht zu kurz kommen – das kann an experimentelles Bauen grenzen. Das Zusammenspiel von Tradition und Experiment zeigt sich in diesem Turmhaus in vielfältigen Öffnungen.
Further to develop a traditional method of building such as wood block construction to embrace contemporary living standards and aesthetic preferences – that can border on experimental building. The interplay of tradition and experiment reveals itself in this tower house in its variety of openings.
Text: Maren Harnack
Fotos: Günther Richard Wett
Brixlegg ist ein Ort wie viele im dicht besiedelten Inntal. Nicht mehr richtig ländlich, aber auch keine Stadt. Die Autobahn liegt in Hörweite, die Eisenbahn bringt die Pendler nach Innsbruck, Wörgl oder Rosenheim, im Tal liegt der schmucke alte Dorfkern, und an den Hängen drängen sich die Einfamilienhäuser im Alpenstil. Geduckte Dächer, Holzverschalung, Schnitzbalkone – soweit also nichts Besonderes. Ein Haus fällt aber schon von weitem auf: ein hoher, schmaler Kasten aus Holz, der als Blockbau konstruktiv in der lokalen Bautradition steht, auch ohne die vorgeblich gemütlichkeitssteigernde Applikation von Holzornamenten.
Die Ecken sind mit dem so genannten »Tiroler Schloss« verbunden, das sich gut für die Vorfertigung eignet, die Decken sind als zug- und druckfeste Scheiben ausgebildet. Zusammen mit den Außenwänden bilden sie eine in sich steife Holzkiste, die auf einem Sockel aus Beton steht. Mittels Stahlzugstangen, die an fünf Stellen über die gesamte Höhe des Hauses in den Wänden verlaufen, ist diese mit dem Sockel verspannt.
Der Architekt des Hauses ist auch der Bauherr. Für ihn war der Bau ein Experiment, in dem er versucht hat, die Blockbauweise zeitgemäß umzusetzen und mit moderner Bautechnik zu verbinden. Dafür nimmt er einige Unannehmlichkeiten in Kauf, die sich aber bei einem Blockbau nicht vermeiden lassen. So gibt es beispielsweise Verbindungen, die nicht winddicht sind, und durch die Kapillarwirkung der Äste entstehen bei Regen Feuchtigkeitsflecken auf den Wänden, und die Spannschlösser der Verankerung müssen regelmäßig mit erheblichem Aufwand nachgezogen werden. Doch gerade die Reinheit der Konstruktion, die diese Nachteile bedingt, macht auch die Qualität des Hauses aus.
Neben dem Holz, dessen bauphysikalische und raumklimatische Eigenschaften für die Wahl dieses Baustoffs ausschlaggebend waren, ist der Entwurf stark vom Licht geprägt. Schon die Grundform des viergeschossigen Turms beruht nur zum Teil darauf, dass so die Gründung auf dem Fels weniger aufwändig ist als für ein Haus mit großer Grundfläche. Weil das Grundstück im Winter permanent im Schlagschatten der gegenüberliegenden Bergkette liegt, baute der Architekt vor allem in die Höhe, damit die oberen Räume auch im Winter besonnt werden.
Der Grundriss ist insgesamt offen, jedes Geschoss ist aber durch den Installationskern in zwei Zonen gegliedert. Im Süden gibt es geschäftigere Bereiche, die durch ein großes geschossübergreifendes, schräg gestelltes Fenster geprägt sind.
Auf der Nordseite liegen die Schlafräume, in denen die Öffnungen gezielte Ausblicke bieten. Weil man im Elternschlafraum nicht auf die Morgensonne verzichten wollte und gleichzeitig Wert auf die Geborgenheit geschlossener Wände legte, gibt es hier in der Ostfassade kein Fenster, sondern eine große Tür, die bei schönem Wetter geöffnet wird.
Bei einem Blockbau brauchen die Anschlüsse von Fenstern und Türen besondere Sorgfalt. Weil das Holz arbeitet und vor allem schwindet, müssen erhebliche Bewegungen ausgeglichen werden, um Spannungen im Glas zu vermeiden. Daher sind die Türen und Fenster bei diesem Haus selbsttragende Elemente, die entweder oben aufgehängt und gegen Windsog gesichert sind oder aber frei stehen und beweglich gehalten werden, damit sie nicht kippen.
Alle seitlichen Anschlüsse müssen so konstruiert sein, dass sich das Holz und die Fenster gegeneinander gefahrlos bewegen können. In gleicher Weise müssen alle Installationen von den Holzbauteilen unabhängig sein. Sie stecken in einem Betonkern, an dem die Holzkonstruktion, die sich bereits um insgesamt 15 cm gesetzt hat, entlangrutschen kann.
Das Haus in Brixlegg zeigt, dass sich Tradition und Moderne beim Blockbau nicht ausschließen. Trotz der hohen Wohnqualität wird diese Bauweise aber immer ein Sonderfall bleiben. Bleibt zu hoffen, dass der Architekt trotzdem die Gelegenheit bekommt, die Erkenntnisse, die er beim Bau und beim Bewohnen seines eigenen Hauses gewonnen hat, in die Praxis umzusetzen. M. H.
Bauherr und Architekt: Antonius Lanzinger, Brixlegg Tragwerksplaner: Merz Kaufmann Partner, Dornbirn Massivbau: Arno Laimer, Innsbruck Auszeichnungen: Holzbaupreis Tirol 2003 und BTV-Bauherrenpreis 2003
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