In unserem db-Wettbewerb für Architekturkritik forderten wir Studenten dazu auf, einmal Redakteur zu sein und sich während des Master- oder Aufbaustudiums kritisch mit der gebauten Umwelt auseinanderzusetzen. Ein selbst ausgewähltes Projekt sollte besichtigt werden, und der daraus resultierende fundierte Text sollte neben einer Projektbeschreibung und -analyse auch die zu begründende persönliche Meinung des Autors beinhalten, namentlich zu städtebaulicher Situation, Gestaltung, Tragwerk, Energiekonzept und Wirtschaftlichkeit.
So kamen insgesamt 46 Arbeiten zusammen, die an zehn Hochschulen wahlweise individuell oder im Rahmen eines Seminars betreut worden waren.
Die db-Redaktion unterzog alle Einreichungen einer eingehenden Sichtung, woraus sich eine Gruppe von 19 Arbeiten ergab, deren Qualität auffallend aus dem breiten Feld herausragte und somit für eine zweite Runde qualifizierte.
Dabei ermöglichten es die mit eingereichten Projektdokumentationen, jeweils anhand von Bildern und Plänen die Inhalte des Texts nachzuvollziehen.
Die Juroren – Hubertus Adam (Architekturkritiker, Zürich), Klaus Meyer (freier Journalist, München), Ulrike Kunkel (Chefredakteurin db) und Achim Geissinger (Redakteur db) – befassten sich unabhängig voneinander mit den 19 ausgewählten Arbeiten, um am 17. Dezember 2019 bei der abschließenden Jurysitzung ihre Eindrücke zusammenzutragen.
Ebenso überraschend wie erfreulich ergab sich ein klares Favoritenfeld, dessen einzelne Beiträge nicht nur beispielhaft die Anforderungen der Ausschreibung erfüllten, sondern auch von auffallend tiefer Durchdringung der Bauaufgaben zeugten und der Fähigkeit, dies klar in gut lesbare und verständliche Sprache zu fassen.
Nach der Gewichtung einzelner Aspekte wie z. B. Vollständigkeit, Analysetiefe und Meinungsstärke einigte sich die Jury auf die Vergabe zweier 1. und eines 3. Preises.
Eine einzelne Arbeit hatte die Endrunde erreicht, obwohl sie den Ausschreibungsanforderungen nicht entsprach. Sie besticht bei der kritischen Betrachtung eines prämiierten Flughafenterminals durch so viel Charme und unverblümte Frische, dass sich die Jury dazu veranlasst sah – ähnlich wie bei einem Ankauf bei Architekturwettbewerben – eine Anerkennung auszusprechen.
Die Jury betont das hohe Niveau der jurierten Arbeiten. Die große Bereitschaft und Fähigkeit zur gedanklichen Auseinandersetzung auf Textebene wurden als positive Überraschung gewertet. Erfreulicherweise wurde auch der Versuchung widerstanden, sich an Signature Architecture oder an Werken sogenannter Stararchitekten zu versuchen. Die Auswahl spiegelt vielmehr den Anspruch der db wider, die Qualitäten der gebauten Umwelt herauszuarbeiten, die jenseits schnelllebiger Moden den Alltag vieler Menschen prägen und überzeitliche Gültigkeit besitzen.
Die lesenswerten ausgezeichneten Texte samt zum Verständnis hilfreicher Bilder:
- Ein 1. Preis (1400 Euro):
Lisa Korschewski (HTWK Leipzig) – »Über sich hinausgewachsen«, Aufstockung eines Industriebaus in Leipzig-Schleußig
(Knoche Architekten, Leipzig) - Ein 1. Preis (1400 Euro):
Catherine Sark (ETH Zürich) – »Der Hipster unter den Konzerthäusern«, Tonhalle Maag in Zürich
(Spillmann Echsle Architekten, Zürich) - 3. Preis (700 Euro):
Maike Groschek (Hochschule Bochum) – »Ein See, ein Steg, ein Haus«, Naturparkhaus in Mardorf am Steinhuder Meer
(btp architekten BDA, Hannover) - Anerkennung:
Stefan Tuchen (TU Braunschweig) – »Der weltbeste Flughafen baut aus«, Terminal 4 am Flughafen Changi in Singapur
(SAA Architects, Singapur; Benoy, Singapur; AECOM, Los Angeles; Beca, Singapur/Auckland)
Die teilnehmenden Hochschulen und die jeweiligen Betreuer waren:
- RWTH Aachen, Dipl.-Ing. Gisela Schmitt
- TU Berlin, Prof. Dr.-Ing.habil. Jörg Jörg H. Gleiter
- Hochschule Bochum/University of Applied Sciences, AMM Architektur Media Management, Prof. Jan R. Krause
- TU Braunschweig, Dr. Martin Peschken
- TU Darmstadt, Stefanie Brüneberg
- KIT Karlsruhe, Prof. Riklef Rambow
- Hochschule Konstanz, Ulf Meyer
- HTWK Leipzig, Prof. Anette Menting
- HTW Saar, Saarbrücken, Prof. Ulrich Pantle
- ETH Zürich, Dr. Sylvia Claus
Die db-Redaktion dankt ausdrücklich den Sponsoren
Wilkhahn, Canon und Saint-Gobain Weber
für ihre freundliche Unterstützung, ohne die der Preis nicht hätte ausgeschrieben werden können.
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