Innenarchitektur: Ruby GmbH (Matthew Balon, Michael Patrick Struck)
Architekten: PAB Architekten (Hamburg), Ackermann Architekten (München)
Kritik: Klaus Meyer
Wer im Ruby Lotti absteigt, dem liegt Hamburg buchstäblich zu Füßen. Die Lage könnte kaum besser sein: In unmittelbarer Nachbarschaft finden sich beliebte Gaststätten, aber auch die Einkaufsmeile rund um den Jungfernstieg und die Elbphilharmonie sind bequem per pedes zu erreichen. Seinen Betrieb nahm das Hotel im Herbst 2018 auf. Zuvor hatte das 1993-95 von gmp errichtete Bürogebäude, das sich an den Bleichenfleet anschmiegt und deshalb »Fleetbogen« hieß, als Bürohaus für das Deutsch Japanische Zentrum gedient. Seine Bruttogrundfläche von 10 215 m², verteilt auf sieben Geschosse, bietet Raum für 290 Hotelzimmer – damit ist Ruby Lotti das bislang größte Haus der Ruby-Gruppe.
Gründer und Kopf des Unternehmens ist der Münchener Michael Struck, der 1973 als Kind deutscher Eltern in den USA zur Welt kam, Betriebswirtschaft studierte und in leitenden Funktionen für diverse Hotelgruppen tätig war, bevor er 2013 die Ruby Hotels & Resorts ins Leben rief. Gleich mit dem ersten Hotel, 2014 in Wien eröffnet, bewies Struck einen guten Riecher bei der Wahl des Standorts: Das Ruby Sofie liegt im Seitenflügel der renovierten Sofiensäle, jenes Ende des 19. Jahrhunderts im secessionistischen Stil überformten Veranstaltungszentrums, in dem vor dem verheerenden Brand im Jahre 2001 Popstars von Johann Strauss bis Falco aufgetreten waren. Es folgten mit Ruby Marie im ehemaligen Kaufhaus Stafa und Ruby Lissi in einem denkmalgeschützten Klostergebäude zwei weitere Hotels in Wien. 2017 eröffnete das Ruby Lilly in München, wo auch die Verwaltungszentrale des Unternehmens ansässig ist; 2018 kamen das Ruby Coco nahe der Düsseldorfer Kö und das Hamburger Ruby Lotti hinzu.
In München und Hamburg bietet Ruby zudem Räumlichkeiten fürs Coworking an, die nicht nur von Hotelgästen, sondern auch von Freelancern oder Projektteams vor Ort angemietet werden können. Zehn weitere Hotelprojekte u. a. in Köln, Frankfurt, London, Zürich und Helsinki sind im Bau oder in Bauvorbereitung. Bei der Expansion stehen dem Unternehmen kapitalstarke Partner zur Seite; die österreichische Soravia Gruppe, ein Private-Equity Fonds, der Unternehmer Michael Hehn, ein deutsches Family Office sowie Michael Struck halten gemeinsam die Firmenanteile.
Modular in den Bestand
Statt neue Hotels zu bauen, setzt die Ruby-Gruppe auch weiterhin auf die Umnutzung bestehender Gebäude, wobei die innerstädtische Lage inzwischen zum bestimmenden Kriterium für die Auswahl der Immobilien geworden ist. Man fokussiert sich nicht mehr ausschließlich auf architekturhistorisch interessante Objekte wie in den Anfangsjahren in Wien, sondern investiert auch in mittelprächtige Bürogebäude, sofern sie nur in der Nähe großstädtischer Hotspots liegen. »Mein Team und ich haben ein modulares Architekturinstrumentarium entwickelt, mit dem wir fast unabhängig von den Grundgegebenheiten eines Gebäudes zu einer sehr flächeneffizienten Nutzung kommen«, erläutert Michael Struck. »Beispielsweise haben wir mehr als 100 verschiedene Zimmergeometrien entwickelt – schlank und lang genauso wie kurz und breit, dreieckig oder L-förmig. Damit können wir die maximale Zahl von Zimmern in den meist feststehenden Grundflächenformen unserer Gebäude unterbringen.« Dank dieser Flächeneffizienz könne man »fast doppelt so viel Umsatz pro Quadratmeter erlösen wie ein konventionelles Hotel«. Zur flächeneffizienten Raumorganisation gehört die Unterbringung der Badfunktionen im Zimmer selbst: Weil man Waschplatz, Duschkabine und WC-Box in den Schlafraum integriert, müssen raumgreifende Nasszellen bei der Grundrissplanung nicht berücksichtigt werden.
Ruby GmbH
Michael Patrick Struck
Studium an der Universität St. Gallen, London School of Economics und University of California, Berkeley, BWL-Diplom und MBA. Mitarbeit bei der Boston Consulting Group; als Geschäftsführer in der Schörghuber Unternehmensgruppe u. a. verantwortlich für Hotelentwicklung. Gründung verschiedener Hotelgruppen, zuletzt von Ruby Hotels.
Matthew Balon
In Chicago geboren. Studium u. a. an der Kunstakademie München, 2007 Diplom. Mitarbeit bei Ochs Schmidhuber Architekten, Projekte im Hochsicherheitsbereich des Münchner Flughafens und Gestaltung für internationale Hotelketten. Seit 2017 Leitung des Design-Teams bei Ruby Hotels.