1 Monat GRATIS testen, danach für nur 6,90€/Monat!
Startseite » Wissen » Energie »

CasaClima

Energieeffizientes Bauen in Italien
CasaClima

Wie in vielen anderen Bereichen in Italien ist auch beim energieeffizienten Bauen die Kluft zwischen Nord und Süd groß. Die Alpenregion, speziell Südtirol, übernimmt dabei eine Vorreiterrolle, weswegen sich v. a. ein Blick in die autonome Provinz lohnt. Schon früh hat sich dort das sogenannte KlimaHaus etabliert.

{ Text: Monika Knoll

Italien ist für vieles berühmt – nur nicht für beispielgebendes Umweltbewusstsein. Erst recht nicht im Bausektor, der – wie könnte es auch anders sein – große Unterschiede zwischen Norden und Süden aufweist, bereits kultur- und klimabedingt. Zudem fehlt es manchmal schon an der soliden Basis, man denke nur an die Bauskandale mit ihren »Einsparungen« zugunsten der Stabilität.
Grundsätzlich gilt in Italien eine allgemeine Gebäude-Energieeffizienz-Richtlinie von 2002, eine EU-Richtlinie (2002/91/CE), an die die staatliche Gesetzgebung angepasst werden muss. Zur Umsetzung wurden diverse Dekrete erlassen, 2005 das »Decreto Legislativo n. 192«, 2006 das »Decreto Legislativo n. 311« und zuletzt im April 2009 das »Decreto Pres. Repubb- lica n. 59«. Doch blieb es den einzelnen Regionen überlassen, konkrete Gesetze dafür zu schaffen. Die Folge: eine gesamtstaatlich gesehen sehr undurchsichtige Situation. Regional unterschiedliche Normen, die sich noch dazu ständig ändern, machen es schwer, auf dem aktuellsten Stand zu sein bzw. zu bleiben. Regional verschieden sind auch die Zertifizierungssysteme zum Nachweis des tatsächlichen Energieverbrauchs eines Gebäudes.
Südtirol hat in Italien eine Vorreiterrolle beim energieeffizienten Bauen übernommen. Traditionell orientiert sich die autonome Provinz in etlichen Bereichen an den deutschsprachigen Nachbarländern. Die zeitgenössische Architektur ist zwar eigenständig, teilweise aber indirekt beeinflusst: Mehrere Generationen von Architekten haben an österreichischen Universitäten studiert. Kein Wunder, dass dort auch schon früh der Blick auf die Experimente mit Passivhäusern in Vorarlberg fiel.
1992 begann in Südtirol die erste Erarbeitung eines Energiepasses bzw. Wärmeausweises für Gebäude und die Entwicklung einer Strategie zur Verbesserung der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Wohnhäusern. Der »Vater« des Projektes, der Direktor des Amtes für Luft und Lärm, Norbert Lantschner, taufte damals das zukünftige Südtiroler Niedrigenergiehaus KlimaHaus. 2002 wurde es offiziell präsentiert. Inzwischen gibt es drei Kategorien: das KlimaHaus Gold mit einem Heizenergiebedarf unter 10 kWh/m²a (sogenanntes Ein-Liter-Haus), das KlimaHaus A mit maximal 30 kWh/m²a (Drei-Liter-Haus) und das KlimaHaus B, das weniger als 50 kWh/m²a (Fünf-Liter-Haus) verbrauchen darf. Das Zertifikat KlimaHausplus wird an Wohngebäude vergeben, die sich nicht nur durch geringen Energieverbrauch (Heizwärmebedarf unter 50 kWh/m²a), sondern auch durch eine ökologische Bauweise (Verwendung umwelt- und gesundheitsverträglicher Baustoffe) auszeichnen, für die Wärmeerzeugung erneuer- bare Energien nutzen und mindestens eine ökologische Maßnahme wie PV, Kollektoren, Regenwassernutzung oder Gründach umsetzen.
Bereits 2002 übernahm Bozen die Kriterien des KlimaHaus-Konzepts in die Bauordnung. Damit wurde erstmals in Italien der Energieausweis verbindlich vorgeschrieben – ebenso wie das Einhalten eines Mindestwärme-schutz-Standards, der wesentlich restriktiver ist als jener der damaligen staatlichen Wärmeschutzverordnung von 1991. Kurze Zeit später folgten weitere Gemeinden. Im Dezember 2004 kamen schließlich aufgrund einer neuen Durchführungsverordnung die KlimaHaus-Bestimmungen in ganz Südtirol zur Anwendung. Jeder Neubau muss seither mindestens mit dem inzwischen schon veralteten KlimaHaus C-Standard (weniger als 70 kWh/m²a) errichtet werden.
Inzwischen hat sich das KlimaHaus-Konzept zum Erfolgsmodell entwickelt. Bis Ende 2009 wurden 2 059 Neubauten zertifiziert, knapp 300 davon außerhalb der Provinz. Ableger der KlimaHaus Agentur sind Zertifizierungs- stellen in Udine und Florenz, wobei Udine die Kriterien bereits als verpflichtend vorschreibt, während man sie in der Toskana noch freiwillig anwendet. Anfragen zur Übernahme des Systems gibt es auch schon aus Slowenien und Spanien. Inzwischen machte man noch einen weiteren Schritt und stellte zuletzt das Label »KlimaHotel« vor, ein neues Gütesiegel für nachhaltige Hotels und touristische Einrichtungen.
Die Südtiroler Zertifizierung verläuft in drei Phasen, die Kontrolle beginnt bereits beim Projekt, begleitet die Bauphase und endet in einer abschließenden Prüfung. Dieses Modell ist strenger als die in anderen italienischen Regionen übliche Praxis. Dort stellen v. a. Freiberufler die Energieausweise für den fertigen Bau aus; Kontrollen und Stichproben gibt es wenige.
Derzeit beschäftigt sich der »Green Building Council Italia«, eine gemeinnützige Organisation, unterstützt von der »Società Consortile Distretto Tecnologico Trentino«, mit der Einführung des LEED-Gütesiegels. Im April soll LEED-Italia lanciert werden. Auf Grund der hohen Kosten dürfte es aber wohl mehr für Großimmobilien und öffentliche Gebäude interessant sein.
Es gibt aber nicht nur Neubauten – die Sanierung des großen, energietechnisch bedenklichen Altbestands zählt auch in Italien zu den wichtigen Themen. Bauherren werden daher großzügig von offizieller Seite unterstützt. In Südtirol kann man grundsätzlich zwischen Landesförderung und staatlichen Förderungen unterscheiden. Das Amt für Energieeinsparung der Provinz Südtirol erstattet für energetische Sanierungen bis zu 30 % der amtlich anerkannten Kosten. Außerdem gibt es einen sogenannten Kubaturbonus: Wer ein bestehendes Wohnhaus mindestens auf KlimaHaus-Standard C saniert, kann einen Kubaturbonus von 200 m3 nutzen. Der Hausbesitzer darf seine Wohnfläche also durch Anbau oder Aufstockung um rund 60 m2 vergrößern. Der Staat gewährt bei energetischer Sanierung einen steuer- lichen Abzug von 55 % der Kosten. Staatliche Förderung und Landesförderung sind allerdings nicht für ein und dieselbe Maßnahme beanspruchbar. Beide vorteilhaft zu kombinieren, ist daher eine Wissenschaft für sich. •
Weitere Informationen: www.klimahausagentur.it
Aktuelles Heft
Titelbild db deutsche bauzeitung 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
MeistgelesenNeueste Artikel

Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de