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privates Engagement mit Licht- und Schattenseiten

Stiftungswesen in Dänemark
privates Engagement mit Licht- und Schattenseiten

Private Stiftungen setzen sich in Dänemark für gute Architektur ein und greifen dafür tief in die Tasche. Allein die zwei größten Einrichtungen haben zusammen mehr als zehn Milliarden Euro Kapital im Rücken. Bei aller Freude über diese Sponsoren, geht — nicht nur in der Baubranche — einigen der Einfluss der Stiftungen doch zu weit.

Text: Clemens Bomsdorf

Die neue Kopenhagener Oper von Henning Larsen und das Studentenwohnheim Tietgenkollegiet von Lundgaard & Tranberg (s. S. 28 ff.) sowie C. F. Møllers Hospiz Djursland (s. S. 36 ff.) bei Århus sind drei der bekanntesten Bauten, die in Dänemark in den vergangenen fünf Jahren eröffnet worden sind. Alle drei, obwohl mehr oder weniger öffentliche Bauten, wären ohne private Geldgeber nicht denkbar gewesen. A.P. Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fond til almene Formaal, Nordea Fonden und Realdania – drei der bedeutendsten Stiftungen Dänemarks (Fonds genannt) haben die Projekte finanziert und so außergewöhnliche Architektur ermöglicht. »Dänemark dürfte, was die Beteiligung von Stiftungen an Bauprojekten angeht, einmalig sein. Ziel der Stiftungen ist nicht, die Architekten oder die Baubranche zu stützen, sondern der Allgemeinheit gute Architektur zu geben«, sagt Rikke Krogh, Vorsitzende der Standesorganisation Akademische Architektenvereinigung und Architektin im Büro Schmidt Hammer Lassen. Ohne diese besonderen Geldgeber sähe öffentliches Bauen in Dänemark anders aus. »Es gibt in Dänemark sicher viele Projekte, die ohne die Unterstützung von Fonds nicht oder nicht so realisiert worden wären. Das gilt für das Musikhaus in Århus ebenso wie für die Oper von Kopenhagen«, so Krogh. In Dänemark sind zahlreiche Bauten mit millionenschwerer Unterstützung von Stiftungen gebaut worden. Neben den eingangs genannten gehören dazu unter anderem noch der Umbau des Kunstmuseums Arken vor den Toren Kopenhagens und das GeoCenter auf der Insel Møn. Weitere gesponsorte Projekte sind in Planung, darunter das nationale Aquarium »Der Blaue Planet« des Büros 3XN sowie das Musikhaus in Aalborg von CoopHimmelb(l)au. Selbst im Ausland wird mit Unterstützung von dänischen Stiftungen gebaut. Im Herbst 2008 eröffnete in Schleswig das Gymnasium der dänischen Minderheit, Bauherr war der A.P. Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fond.
Solides finanzielles fundament
In Dänemark gibt es nach einer Schätzung der Zeitung Berlingske Tidende zwischen 12 000 und 14 000 Stiftungen, die zusammen über ein Vermögen von mehr als 50 Mrd. Euro verfügen. Auch wenn diese Institutionen diverse gemeinnützige Projekte fördern, nimmt die Architektur eine besondere Rolle ein. Die zweitgrößte Stiftung, Realdania, nämlich unterstützt ausschließlich Architekturprojekte; dazu gehören neben Bauten auch Ausstellungen sowie Konferenzen zum Thema. Allein Realdania verfügte zuletzt (Ende 2007) über ein Kapital von rund 4 Mrd. Euro. Allerdings dürfte sich diese Summe im Zuge der Finanzkrise drastisch verringert haben. Dennoch wird Realdania wohl auch im kommenden Jahr ein wichtiger Architekturförderer bleiben. Die Stiftung entstand im Jahr 2000 durch den Verkauf der Hypothekenbank Realkredit Danmark. Damals ließen Bestimmungen nicht zu, dass der Verkaufserlös verteilt wird, weshalb die Stiftung gegründet wurde. Realdania fördert neben Projekten wie dem nationalen Aquarium und dem Hospiz Djursland auch gemeinsam mit dem Staat das dänische Architekturzentrum DAC.
Andere Stiftungen sind zumeist aus steuerlichen Gründen oder um Firmenimperien zu erhalten ins Leben gerufen worden. Großindustrielle überführten Anteile an Unternehmen in Stiftungen, um zu sichern, dass die Kontrolle weiterhin durch einen kleinen Kreis ausgeübt werden kann, im Gegenzug verzichten sie auf einen Teil der Dividendeneinnahmen, die dann an die Stiftung fließen. Berühmtestes Beispiel ist der A.P. Møller og Hustru Chastine Mc-Kinney Møllers Fond til almene Formaal, meist nur A.P. Møller Fonds genannt. Mit einem Kapital von rund 8 Mrd. Euro ist dieser der größte in Dänemark. Anders als bei Realdania wird das Geld aber nicht nur für Architektur ausgegeben, sondern auch für Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur.
Privates Engagement – Pro und Contra
Der A.P. Møller Fonds, dem Anteile an der Reederei Mærsk gehören, hat den Bau der Kopenhagener Oper finanziert. Das Bauwerk hat nach der Eröffnung Anfang 2005 auch deshalb international für viel Aufsehen gesorgt, weil der Architekt Henning Larsen sich beklagt hatte, dass der Bauherr – der Reeder Mærsk Mc-Kinney Møller – sich zu sehr eingemischt habe. Die Oper wäre gestalterisch überzeugender, hätte der Sponsor nicht die Pläne des Architekten durchkreuzt und die Glasfront mit Lamellen versehen lassen. Auch an Realdania gibt es zum Teil massive Kritik. Der Fonds sei zwar sehr nützlich, habe aber zu viel Macht. Weil nur wenige Personen entscheiden, wie das viele Geld ausgegeben wird, ist die Gefahr groß, dass deren Anliegen ganz klar durchgesetzt werden. Bauherren, Politiker und Architekten brauchen Realdania aber und halten sich mit offiziell geäußerter Kritik daher zurück, doch was der Partner eines großen Büros hinter vorgehaltener Hand sagt, denken viele: »Realdania ist ein riesiger Fonds mit vielen guten Projekten, aber die Entscheidung über Projekte ist in Dänemark zu sehr gebündelt. Der Direktor von Realdania sitzt im Grunde genommen in jedem Wettbewerbskomitee. Es wäre wichtig, den Einfluss einzudämmen. In Dänemark gilt das Prinzip, dass oft nicht das Ministerium über Gelder entscheidet, sondern ein Ausschuss. Entsprechend sollte es auch bei Realdania sein.« Dennoch gilt: Dänemark kann sich glücklich schätzen, diese Stiftung zu haben, ohne sie wäre die Architektur des Landes auf jeden Fall um einiges ärmer. •
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