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Bescheidenheit und positive Bilanz

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Bescheidenheit und positive Bilanz

Auf der diesjährigen imm war Bescheidenheit angesagt. Sowohl unter den Ausstellern und deren gezeigten Entwürfen als auch unter der neuen Messeleitung. Doch am Ende zogen viele Hersteller bereits nach den ersten beiden Tagen eine positive Bilanz. Ein Messerundgang mit der db.

Text: Ulrike Kunkel

Wie immer, so eröffnete auch in diesem Jahr die imm in Köln den Reigen der alljährlichen Möbelschauen und wie immer (in den letzten Jahren) waren weniger Aussteller gekommen als im Jahr zuvor – rund 1 050, während es 2009 noch 1 500 waren – und wieder fehlten einige der großen Namen. Doch vieles war auch ganz anders: Nicht nur die Möbelentwürfe sind zurückhaltender geworden, die neuen Leiter der imm sind es ebenfalls. Das zeigt sich schon im Wortlaut der Ankündigung, aus der »weltweit führenden Möbelmesse« ist schlicht und beschreibend die »internationale Einrichtungsmesse« geworden – zweifelsohne ehrlicher. Mit dem neuen Konzept der Halle 3.2 »Pure Village« betritt man zudem Neuland. Hier präsentierten sich nicht nur Möbelhersteller, sondern auch Firmen aus den Bereichen Leuchten, Armaturen, Sanitär und Gebäudeautomation: Die Möbel-Messe öffnete sich in Richtung Wohn-Messe. Relativ kurzfristig und flexibel hatten die Veranstalter damit auf den Ausstellerschwund reagiert, standardisierte Ausstellungskuben angeboten und das Themenfeld erweitert. Die Idee ist sicherlich nicht schlecht, das Konzept aber noch etwas mager. Um erfolgreich zu sein, bedarf es etwas mehr als nur der Präsentation einer Leuchte – die nicht einmal unbedingt neu war – oder einiger Wasserhähne in einem Kubus.
Doch auch das Verhalten der Messe den Firmen gegenüber ist umgänglicher und verbindlicher geworden, plötzlich konnte auf Ausstellerwünsche eingegangen werden. – Vielleicht sogleich mit Erfolg? Jedenfalls kehrte der ClassiCon-Chef Oliver Holy auf die Messe zurück und wollte das als klares Statement für Köln und die Messe verstanden wissen. Der Münchner Hersteller präsentierte weitere Entwürfe des 1927 in Rio de Janeiro geborenen Sergio Rodrigues, der seine Leidenschaft zu Holz in seinen oft üppigen und recht rustikal anmutenden Sofas aber auch in vergleichsweise schlichten Entwürfen, wie der Holzbank »Mucki« von 1958, zum Ausdruck bringt. ClassiCon zeigte außerdem den eigenwilligen Sessel »Munich Lounge Chair«, den ersten Möbelentwurf der Architekten Sauerbruch Hutton, den sie für das Museum Brandhorst in München entworfen haben. Einen niedrigen Sessel mit ledergepolsterter Sitz- und Rückenschale auf vierbeinigem Holzgestell, der formal gut zu den Möbelentwürfen von Rodrigues passt.
Reeditionen
Holz und Leder gehörten auch bei anderen Herstellern zu den favorisierten Materialien. So legte Tecta Walter Gropius‘ Sofa »F 51-3« wieder auf. Gropius hatte die kubische Sofagruppe 1920 für sein Direktorenzimmer am Bauhaus Weimar entworfen. Bei der Reedition wurde der Sitzkomfort jetzt allerdings deutlich verbessert.
Gedanklich wieder in die 50er Jahre gelangen wir mit Herbert Hirches Schalensessel, den der Stuttgarter Hersteller Richard Lampert präsentierte. Auf dem Dachboden von Hirches Wohnhaus in Stuttgart, das heute von dessen Tochter bewohnt und gehütet wird, hatte Lampert diesen wirklichen Schatz entdeckt. 1957 für die Interbau in Berlin entworfen, ist der Entwurf bisher nicht in Produktion gegangen. Der rundum gepolsterte Sessel auf einem Gestell aus Rundstahl, wird nun in grünem Velours (das dem Originalstoff sehr nahe kommt), Naturleder (das mit der Zeit wunderbar lebendig wird) und in schwarzem Leder (das den Entwurf in die heutige Zeit versetzt) angeboten. Richard Lampert würdigt den Architekten und Designer, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, gleich noch mit einem zweiten Entwurf: Mit seinem aus schmalen Stahlrohrprofilen und Glas gefertigten Barwagen von 1956.
Zum Thema Reeditionen, wenn auch aus den 70er Jahren, wurde man diesmal auch bei Schönbuch fündig. Der Hersteller zeigte einen Garderobenständer des dänischen Architekten und Designers Verner Panton aus dessen Serie »Pantonova« von 1971. Der aus verschweißtem, pulverbeschich-
teten 6 mm dickem Stahldraht gefertigte Kleiderständer ist 152 cm hoch, hat einen Durchmesser von 60 cm und wird in Weiß, leuchtendem Rot, Gelb und hellem Blau angeboten.
Ein Wanderer zwischen den Jahrzehnten ist »Ruché« (Rüsche) der französischen Designerin Inga Sempé für ligne roset. Ihr Sofa sieht aus, als hätte man eine Steppdecke akkurat über eine Holzbank gelegt. Die kunstvolle Absteppung ist das Ergebnis zahlreicher Versuche im Nähatelier von ligne roset in Briord. In den Farben Blassblau, helle Pistazie und Senfgelb läutet die dicke Decke über dem Massivholzgestell aus Buche bereits den Frühling ein, die Kombination mit roter Decke und schwarzem Gestell verströmt hingegen Retro-Flair.
Reise in den Orient
Ein bodennahes Polstermöbelprogramm stellten Jehs und Laub bei COR vor. »Jalis« ist eine Hommage der Stuttgarter Designer an ihre Orientreise, die aneinander gereihten Kissen können auf niedrigen Kufen oder flachen Podesten liegen oder aber direkt in die Architektur integriert werden. Eine Besonderheit sind auch die Bezugsstoffe der Webmanufaktur Rohi, die arabisch inspirierten Muster sind nicht aufgestickt, sondern eingewebt und verändern dadurch, je nach Lichteinfall und Blickwinkel, ihre Wirkung.
Das Thema Orient nimmt auch der Karlsruher Teppich-Hersteller kymo auf. Die Edition THE MASHUP von Eva Langhaus und Thomas Follner transformiert den traditionellen Orientteppich in die heutige Zeit. Dafür werden die Teppiche erst einer Demontage unterzogen, bevor sie in aufwendiger Handarbeit bearbeitet bzw. eher »strapaziert« werden. Wieder neu zusammengesetzt entsteht ein Patchwork aus abgewetzten Orientteppich-Teilen, mit Zickzacknähten kunstvoll zusammengestückelt und im Ganzen neu eingefärbt. Sechs unterschiedliche Grund-Kolorierungen und fünf Größen werden derzeit angeboten, die Produktion von Sondergrößen und -kolorierungen ist ebenfalls möglich.
Grosser Auftritt
Ein Holztisch wie eine Ziehharmonika. Der Entwurf der jungen bayrischen Designer Tobias Jung und Denis Dostmann für den Schweizer Hersteller Team by Wellis gehörte sicher zu den ungewöhnlichsten Stücken, die man auf der Messe entdecken konnte. »Diverso« sieht auf den ersten Blick wie ein durchfurnierter Tisch mit geschlossener Oberfläche aus. Zieht man allerdings an den Rändern, taucht innerhalb des Tischblattes eine scherenschnittähnliche Struktur auf, die es dem Tisch ermöglicht, in die Breite zu wachsen. Das Tischblatt gibt es in Ahorn oder Sapeli, das Fußgestell in Ahorn, Sapeli, glanzverchromt oder Schwarz. Drei Längen werden angeboten: 210, 240 oder 270 cm; in der Breite wächst »Diverso« von 94 auf 124 cm.
Der Messeauftritt von Walter Knoll war wie gewohnt großzügig, stilvoll und gediegen. Gleich 14 neue Produkte und Programmerweiterungen präsentierte der Herrenberger Hersteller. Darunter »Cuoio« vom Designteam Eoos. Ein filigraner Stuhl aus Stahlrohr mit eingehängter Sitzfläche aus Leder. Die Einschnitte in Sitz und Rücken verleihen ihm sein typisches Aussehen, der flexible Rücken und die Taillierung sorgen für Sitzkomfort. Den Cuoio-Chair gibt es mit und ohne Armlehnen, in Schwarz oder Brauntönen. Mit dem Mediensideboard weist Walter Knoll dem klassischen Sideboard neue Funktionen zu: Per Knopfdruck fährt, fast geräuschlos, der Bildschirm heraus; die Lautsprecher können wahlweise in den Korpus integriert werden. Verschiedene Varianten in unterschiedlichen Größen und Höhen, mit und ohne Rollen, mit furnierter oder schleiflack-lackierter Oberfläche machen das Mediensideboard im Privathaus wie im Konferenzbereich gleichermaßen einsetzbar. – Und das Schönste (von Walter Knoll) zum Schluss: In der »Black Series« präsentierte der Hersteller einige seiner Klassiker in neuem Gewand. Die Sessel Turtle, Vostra, 369 und MYchair ganz in Schwarz – das lässt jedes Architektenherz höher schlagen. •
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